Was ist eine Kaufentscheidung?

Kaufentscheidung nennen wir die Auswahl einer von mehreren Arten der Verwendung finanzieller Mittel. Im Marketing bezeichnen wir als Kauf den freiwilligen Austausch von Geld gegen Sachgüter, Dienstleistungen, Rechte und Vermögenswerte durch Personen, Personengruppen und Organisationen.

Extensive KaufentscheidungDiese Definition umfasst also beispielsweise den Abschluss von Miet- und Versicherungsverträgen, die Buchung von Reisen und den Erwerb von Aktien. Ausgeschlossen sind Leistungen, die wir unentgeltlich erhalten (z. B. Geschenke) oder unfreiwillig gegen Entgelt in Anspruch nimmt (z. B. Ausstellung eines Personalausweises gegen eine Gebühr).

Im üblichen allgemeinen Sprachgebrauch wird mit dem Begriff Kauf meist der Erwerb von Eigentumsrechten assoziiert. Im Rahmen der Konsumentenforschung wird aber nicht zwischen Entscheidungen, die zu Eigentumsübertragung führen, und solchen, die dieses nicht tun, unterschieden.

Welche Schritte umfasst eine Kaufentscheidung?

Bei der Betrachtung von Kaufentscheidungen lassen sich mehrere grundlegende Aspekte unterscheiden, die man gleichzeitig als aufeinander folgende Schritte einer Kaufentscheidung ansehen kann:

  • Welcher Teil der zur Verfügung stehenden Mittel soll zum jeweiligen Zeitpunkt für Käufe ausgegeben (konsumiert) werden, welcher Teil soll zurückgehalten (gespart) werden? (Budgetentscheidung)
  • Für welche Art von Leistungen (z. B. Lebensmittel oder Bekleidung; Computer oder PKW) sollen die verfügbaren finanziellen Mittel verwendet werden? (Produktwahl)
  • Welche der innerhalb einer ausgewählten Art von Leistungen angebotenen Marken soll gekauft werden? (Markenwahlentscheidung)
  • Welche Menge der ausgewählten Marke soll beschafft werden? (Mengenwahl, Packungsgrößenwahl)
  • Zu welchem Zeitpunkt soll der Kauf erfolgen?
  • In welcher Einkaufsstätte soll der Kauf erfolgen?

Im Marketingbereich und in der Kaufentscheidungsprozessforschung konzentriert sich das Interesse bisher auf den dritten und sechsten Aspekt. Das liegt einerseits daran, dass Markenwahlentscheidungen für das Marketing die größte Relevanz haben, da Marketingaktivitäten eher auf die Konkurrenz zwischen ähnlichen Marken bezogen sind als auf grundlegendere Konsumentscheidungen.

Andererseits sind Produktgruppenentscheidungen wesentlich komplexer und damit auch schwieriger zu beobachten, als die Markenwahl innerhalb einer Produktgruppe.

Welche Grundtypen von Kaufentscheidungen gibt es?

Um trotz der Komplexität und Vielfalt in der Realität auftretender Kaufentscheidungen diese wenigstens annähernd beschreiben und verstehen zu können, nimmt man teilweise recht grobe Vereinfachungen vor und konzentriert die Betrachtung auf die wesentlichsten Aspekte der interessierenden Verhaltensweisen. Zu diesen Vereinfachungen gehört die Identifizierung gewisser Grundtypen von Kaufentscheidungen:

  • Die am längsten etablierte und heute noch gängigste Typologie der Kaufentscheidungen von Konsumenten geht auf Katona, der die Unterscheidung von extensiven (echten) und habitualisierten Kaufentscheidungen eingeführt hat, Howard/Sheth, die als dritten Typ die limitierten Entscheidungen hinzugefügt haben, und Kroeber-Riel und Weinsberg, die die Typologie um die Impulskäufe erweitert haben, zurück.
  • Extensive Kaufentscheidungen können durch umfassende, zum großen Teil bewusst ablaufende Problemlösungsprozesse gekennzeichnet werden. Sie treten vor allem auf, wenn Konsumenten für sie neuartige Produkte kaufen. In diesen Situationen liegen wenig Informationen und Erfahrungen hinsichtlich des betreffenden Produkts vor. Selbst Entscheidungskriterien müssen oftmals neu entwickelt werden. Deshalb wird eine vergleichsweise umfangreiche Informationsbeschaffung, die auch mit externer Informationssuche verbunden ist, und detaillierte Informationsverarbeitung unter Verwendung von Kaufentscheidungsheuristiken notwendig.
  • Habitualisierte Kaufentscheidungen sind typisch beim Erwerb von Gütern des täglichen Bedarfs. Das Ausmaß der damit verbundenen Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung ist sehr gering. Häufig beschränkt sich der Konsument darauf, die gleiche Marke immer wieder zu kaufen (Markentreue).
  • Limitierte Kaufentscheidungen sind hinsichtlich des damit verbundenen Ausmaßes kognitiver Steuerung zwischen extensiven und habitualisierten Kaufentscheidungen anzusiedeln. Sie finden vor allem im Zusammenhang mit Käufen statt, bei denen schon Erfahrungen aus früheren ähnlichen Käufen vorliegen, aus denen wiederum bewährte Entscheidungskriterien resultieren. In der Kaufsituation muss unter Verwendung dieser Kriterien nur noch eine Auswahl unter den verfügbaren Alternativen getroffen werden.
  • Bei impulsiven Kaufentscheidungen ist das Ausmaß kognitiver Steuerung sehr gering und der Einfluss von Emotionen, die durch eine Reizsituation hervorgerufen werden, stark. Impulskäufe sind ungeplant und laufen sehr schnell ab.

Wie unterscheidet sich organisationales Beschaffungsverhalten im Gegensatz zum Käuferverhalten privater Haushalte?

Einen besonderen Charakter haben Kaufentscheidungen im Rahmen organisationalen Beschaffungsverhaltens. Derartige Kaufentscheidungen unterscheiden sich von denen von Konsumenten typischerweise durch folgende Gesichtspunkte:

  • Abgeleiteter Bedarf: Die Nachfrage im jeweiligen Markt resultiert aus der Nachtrage in konsumnäheren Märkten.
  • Feste Geschäftsbeziehungen: In organisationalen Märkten findet man häufig längerfristig gewachsene und dauerhafte Geschäftsbeziehungen an Stelle von einzelnen Kaufentscheidungen (Beziehungsmanagement).
  • Direkte Marktkontakte: Wegen der oftmals geringen Zahl von Nachfragern und der großen Bedeutung einzelner Geschäftsbeziehungen für Anbieterunternehmen spielen direkte Marktkontakte z. B. über persönlichen Verkauf) bei organisationaler Beschaffung eine größere Rolle als bei Kaufentscheidungen von Konsumenten.
  • Fundierte und formalisierte Kaufentscheidungen: Ein großer Teil organisationaler Kaufentscheidungen wird unter Beteiligung einschlägig spezialisierter Fachleute durchgeführt. Häufig existieren auch festgelegte Regeln (Entscheidungskriterien, Beteiligte etc.) für den Ablauf dieser Prozesse.
  • Mehr-Personen-Entscheidungen: Bei organisationaler Beschaffung spielen Mehr-Personen-Entscheidungen (Gremien-Entscheidungen) eine weitaus größere Rolle als bei Konsumenten.
  • Lang dauernde Kaufentscheidungsprozesse: Vor allem wegen der Beteiligung mehrerer Personen und der vielfachen Interaktionen (Verhandlungen)  zwischen Anbietern und Nachfragern dauern organisationale Kaufentscheidungen meist länger als die von Konsumenten.