Um zu verstehen was man als optimale Bestellmenge bezeichnet und wieso die Kenntnis über diese von enormer Bedeutung ist, müssen wir zunächst die Annahmen des Modells erklären.
In unserem Modell betrachten wir ein Unternehmen, das ein bestimmtes Produkt bezieht, dieses lagern und anschließend verwerten möchte. Diese Annahme lässt sich auf nahezu jedes Unternehmen anwenden — bis hier hin ist unser Modell also noch sehr realitätsnah. Nun müssen wir jedoch ein paar Einschränkungen vornehmen. Erstens setzen wir voraus, dass das Unternehmen das bezogene Produkt über den betrachteten Zeitablauf stets konstant verbraucht. So müsste ein Unternehmen beispielsweise jeden Monat exakt 4.000 Stück eines Produktes verbrauchen. Dies ist realitätsfern, da es aus diversen Gründen zu unregelmäßigen Verbräuchen kommen kann (Beispielsweise sinkt die Absatzmenge, da ein Konkurrent das Unternehmen vom Markt verdrängt).
Zweitens setzen wir voraus, dass es möglich ist, jedes Mal die gleiche Menge des Produktes zu beziehen. Probleme des Lieferanten oder ähnliches werden in unserem Modell also auch ausgeschlossen.
Aus dem Modell ergeben sich also zwei Größen, von denen unsere Bestellmenge abhängt — die Bezugskosten und die Lagerkosten. Das große Problem hierbei ist, dass die beiden Größen sich konträr verhalten.
Je größer die von dem Unternehmen bestellte Menge, desto größer sind die Lagerkosten. Obendrein ist bei größeren Bestellungen auch mehr unseres Kapitals in der Bestellung gebunden. Auch dies sind Kosten, die wir als kalkulatorischen Zinssatz erfassen. Beides zusammen bezeichnen wir später als Lagerhaltungskostensatz. Die Bezugskosten sinken bei hohen Bestellmengen jedoch verhältnismäßig aufgrund von Mengenrabatten.
Je kleiner die von dem Unternehmen bestellte Menge, desto kleiner sind die Lagerkosten. Außerdem haben wir einen geringeren kalkulatorischen Zinssatz, da nur ein kleinerer Teil unseres Kapitals in der Bestellung gebunden ist. Im Gegenzug jedoch steigen die Bezugskosten, da wir bei gleichem Bedarf nun offensichtlich öfter bestellen müssen. Dementsprechend steigen die Kosten für die Logistik und wir können nicht mehr so gut von Mengenrabatten profitieren.
Aus diesem Konflikt resultiert die Notwendigkeit eine optimale Bestellmenge zu bestimmen. Als optimale Bestellmenge bezeichnet man also den Punkt bei dem die Lagerkosten und Bezugskosten (also die Gesamtkosten) minimal sind. Da eine Kostenminimierung im Sinne jedes Unternehmens ist, ist die Bestimmung der optimalen Bestellmenge in jedem wirtschaftlichen Unternehmen zweckmäßig und sollte regelmäßig durchgeführt werden.
Wie lässt sich die optimale Bestellmenge grafisch ermitteln?
Kennt man die Funktionen der Lagerkosten und der Bezugskosten, so lässt sich die optimale Bestellmenge grafisch bestimmen, indem man beide Funktionen in ein Koordinatensystem einzeichnet und den Schnittpunkt bestimmt. Auf der x-Achse ist die Bestellmenge abgetragen und auf der y-Achse die jeweiligen Kosten. Eine grafische Lösung sähe dann folgendermaßen aus:
Wir können sehen, dass die optimale Bestellmenge beim Tiefpunkt der Gesamtkostenkurve beziehungsweise beim Schnittpunkt der Lagerkostengerade und der Bezugskostengerade vorliegt.
Wie lässt sich die optimale Bestellmenge berechnen?
Um die optimale Bestellmenge rechnerisch zu ermitteln, müssen wir ebenfalls die Bezugskosten und Lagerkosten kennen. Daraus bilden wir anschließend die Gesamtkosten. Im letzten Schritt ermitteln wir das Minimum der Gesamtkosten und erhalten so schließlich die optimale Bestellmenge.
Bezugskosten:
Lagerkosten:
Gesamtkosten:
Gesamtmenge
Die Gesamtmenge gibt an, wie viel des Produkts das Unternehmen in der betrachteten Zeitspanne insgesamt benötigt (z. B. 20.000 Stück).
Bestellmenge
Die Bestellmenge gibt an, wie viel des Produkts das Unternehmen mit einem Auftrag bestellt (z. B. 1.000 Stück).
Bezugskosten
Die Bezugskosten, sind die Kosten, die sich pro Auftrag ergeben. Um die Gesamtmenge zu decken, muss beispielsweise in der betrachteten Zeitspanne 20 Mal bestellt werden. Die Kosten, die sich pro Bestellung (also insgesamt 20 Mal anfallen) ergeben, sind die Bezugskosten pro Auftrag. Die gesamten Bezugskosten in der Zeitspanne wären die Bezugskosten pro Auftrag multipliziert mit 20.
Die Bezugskostenfunktion verläuft nicht linear, sondern nähert sich asymptotisch der x-Achse an. Dies liegt daran, dass die Bezugskosten bei steigender Bestellmenge fallen, allerdings niemals 0 oder gar negativ sein können.
Lagerkosten
Die Lagerkosten sind die Kosten, die pro gelagerter Einheit anfallen. Diese setzen sich zusammen aus dem Wert pro Stück (w) und dem Lagerhaltungskostensatz (i). Der Lagerhaltungskostensatz setzt sich zusammen aus den physischen Lagerkosten (ph) und den Kapitalbindungskosten (k).
Nachdem wir die Formel für die Gesamtkosten ermittelt haben, müssen wir diese noch ableiten, gleich 0 setzen und nach q umstellen. Haben wir dies richtig getan, erhalten wir die folgende Formel zur Bestimmung der optimalen Bestellmenge, die auch als Andler Formel bekannt ist:
In die Formel müssen wir nur noch die gegebenen Werte einsetzen, um die optimale Bestellmenge zu ermitteln. Wichtig ist bei der Anwendung der Formel, dass Prozentsätze als Dezimalzahlen eingesetzt werden (z. B. 5 % als 0,05). Die folgenden Beispiele veranschaulichen, wie die Formel genutzt wird.
Beispiele
Beispiel 1:
Die Schreiner GmbH benötigte im letzten Jahr 10.000 Holzbretter. Für die Bestellung und den Transport der Holzbretter entstehen der Schreiner GmbH pro Bestellvorgang Kosten in Höhe von 1.000 €. Der Lagerhaltungskostensatz beträgt insgesamt 10 %. Der Wert eines einzelnen Holzbretts beträgt 50 €.
Welche Bestellmenge ist für die Schreiner GmbH bei den gegebenen Daten optimal?
Um die optimale Bestellmenge zu ermitteln, setzen wir die gegebenen Werte in die Andler Formel ein.
Die optimale Bestellmenge für die Schreiner GmbH beträgt also 2.000 Holzbretter. Um die pro Jahr benötigte Menge an Brettern zu decken, muss das Unternehmen also fünf Bestellungen vornehmen.
Beispiel 2:
Die Reifen AG benötigte im letzten Jahr 20.000 Autoreifen. Für die Bestellung und den Transport der schweren und empfindlichen Reifen entstehen der Reifen AG pro Bestellvorgang Kosten in Höhe von 3.000 €. Die Lagerung der speziellen Reifen ist ziemlich aufwendig, da eine gewisse Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit gewährleistet werden müssen, um die Form der Reifen zu erhalten. Der Lagerhaltungskostensatz beträgt deswegen insgesamt 15 %. Der Wert eines einzelnen Autoreifens liegt bei 150 €.
Wie groß ist die optimale Bestellmenge der Reifen AG?
Auch in diesem Beispiel können wir die gegebenen Werte einfach in die Andler Formel einsetzen.
In diesem Fall beträgt die optimale Bestellmenge 2.309 Autoreifen. Um die insgesamt benötigte Menge abzudecken, müsste das Unternehmen neun Bestellungen vornehmen.
Übungsfragen
#1. Wann hat ein Unternehmen die optimale Bestellmenge erreicht?
#2. Welche Aussage ist falsch?
#3. Welcher Faktor beeinflusst die optimale Bestellmenge nicht?
#4. Wirkt sich die optimale Bestellmenge auf die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens aus?
#5. Aus wessen Sicht ist die Bestellmenge optimal?
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