Was ist Produkthaftung?

Die Produkthaftung ist im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geregelt und enthält gesetzliche Vorgaben, wer und wann für Schäden bzw. Folgeschäden an Personen oder Sachen haftet.

Bei der Produkthaftung handelt es sich um eine Gefährdungshaftung. Das bedeutet, auf die Widerrechtlichkeit der Handlung oder ein Verschulden des Schädigers kommt es nicht an. Ganz im Gegenteil: Der Endabnehmer soll vor bestimmten Gefahren geschützt werden, die von einem fehlerhaften Produkt ausgehen – auch wenn der Hersteller keine Schuld trägt.

Welche Haftungsvoraussetzungen müssen bei der Produkthaftung erfüllt sein?

Eine Haftung nach dem ProdHaftG setzt voraus, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Schutzgutverletzung
  • Vorliegen eines Produktes
  • Inverkehrbringen
  • Vorliegen eines Fehlers

Schutzgutverletzung

Gemäß § 1 ProdHaftG liegt eine Verletzung vor, wenn eine Person durch den Fehler eines Produktes getötet, gesundheitlich verletzt oder eine Sache beschädigt wird.

Vorliegen eines Produktes

In § 2 ProdHaftG wird festgelegt, dass ein Produkt eine bewegliche Sache, ein Teil einer anderen beweglichen Sache oder eine unbewegliche Sache sowie Elektrizität ist.

Inverkehrbringen

Das Inverkehrbringen bezeichnet das erstmalige Ermöglichen des Zugangs des Produkts auf dem Markt. War das Produkt jedoch nie für eine Verwendung außerhalb des Herstellerkreises gedacht, kommt es also ohne den Willen des Herstellenden an die Öffentlichkeit, muss dieser auch nicht haften.

Vorliegen eines Fehlers

Eine Haftung nach dem ProdHaftG setzt voraus, dass eine bewegliche Sache (Produkt) bereits beim Inverkehrbringen fehlerhaft war (§ 3 ProdHaftG).

Bei der Bewertung des erforderlichen Maßes an Sicherheit müssen besonders die Darbietung des Produkts, der zu erwartende Gebrauch und der Zeitpunkt des Inverkehrbringens beachtet werden.

Wer kann haftbar gemacht werden?

Heutzutage werden Produkte nicht mehr nur von einem Hersteller bzw. Produzenten gefertigt, sondern aus Teilprodukten unterschiedlicher Hersteller zusammengesetzt. Aus diesem Grund definiert § 4 ProdHaftG, wer als Hersteller zu Schadensersatz verpflichtet werden kann:

  • Hersteller des Endprodukts
  • Hersteller des Teilprodukts
  • Quasi-Hersteller
  • Importeur
  • Händler
  • Lieferant

Gibt es mehrere Ersatzpflichtige, die alle für denselben Schaden schadensersatzpflichtig sind, haften sie als Gesamtschuldner.

Wen trifft bei der Produkthaftung die Beweislast?

Grundsätzlich haftet der Hersteller nur, wenn seine Produkte nicht die Sicherheit bieten, die ein verständiger, objektiver Verbraucher erwarten kann (§ 3 ProdHaftG). Dabei zählt nicht die subjektive Erwartung einer Einzelperson, sondern die Meinung der Allgemeinheit.

Die Beweislast liegt beim Verbraucher bzw. Geschädigten, für den aber eine Beweislasterleichterung gilt. Für den Verbraucher bedeutet das, dass er nur beweisen muss, dass der Fehler zum Zeitpunkt des Schadens bestand, aber nicht, dass der Fehler schon beim Inverkehrbringen vorhanden war.

Es liegt also auch eine Beweislastumkehr vor, da der Hersteller nun beweisen muss, dass das Produkt beim Inverkehrbringen frei von Konstruktions-, Fabrikations- und Instruktionsfehlern war.

Für welche Schäden wird in welcher Höhe gehaftet?

Je nach Schwere und Art des erlittenen Schadens unterscheidet sich der Haftungsumfang. Liegt ein Sachschaden vor, hat der Verbraucher nur einen Anspruch auf Ersatz anderer durch das Produkt entstandener Sachschäden.

Eine Höchstgrenze für Sachschäden gibt es nicht, allerdings muss der Geschädigte eine Selbstbeteiligung in Höhe von 500 Euro leisten.

Kam es zu einer Körperverletzung, erstreckt sich die Ersatzpflicht über alle Heilungskosten und Nebenkosten der Heilung sowie über den entstandenen Vermögensschaden und zukünftige Rentenansprüche.

Darüber hinaus muss der Hersteller bei einer Tötung auch die Beerdigungskosten sowie die Versorgung aller Unterhaltsberechtigten übernehmen. Die Haftungshöchstgrenze für Personenschäden liegt bei 85 Millionen Euro. Die Höhe des Schmerzensgeldes für schädigende Ereignisse nach dem 31. Juli 2002 richtet sich nach freiem Ermessen. Die Verjährungsfrist nach dem ProdHaftG beträgt drei Jahre.

Wie können Unternehmen Produkthaftungsrisiken minimieren?

Um die aus der Produkthaftung entstehenden Risiken zu vermeiden, können Unternehmen drei Arten von Maßnahmen ergreifen:

  1. Risikoanalyse
  2. Vorsorge zur Schadensvermeidung
  3. Vorsorge im Schadensfall

Risikoanalyse

Den Ausgangspunkt bildet die Erfassung des Status-Quo in der Form einer qualitativen und quantitativen Risikoanalyse. Das Ziel ist die Prognose möglicher Schäden und die Abschätzung des Potenzials aller Risiken aus der Produkthaftung.

Vorsorge zur Schadensvermeidung

Um den Eintritt eines Schadensfalls im Voraus zu vermeiden, sind Maßnahmen verstärkter Qualitätskontrolle bei Zulieferung und eigener Fabrikation und der zusätzliche Einbau von Produktsicherheit in die Konstruktion des Produkts sinnvoll. Hierzu gehören auch Maßnahmen einer Sicherheitskommunikation etwa in Form von Beratung, Gebrauchsanleitungen und Warnungen. Schließlich zählen hierzu auch die Planung und Durchführung von Rückrufaktionen.

Vorsorge im Schadensfall

Um sich im Schadensfall abzusichern, sind die Bildung von Produkthaftungsrückstellungen in Handels- und Steuerbilanz sowie der Kauf von Versicherungsschutz sinnvoll.

Das Wichtigste zur Produkthaftung in Kürze

Unter Produkthaftung versteht man die Haftung des Herstellers für Personen- und Sachschäden, die aus der Benutzung eines fehlerhaften Produkts resultieren.

Die Ansprüche entstehen unabhängig davon, ob zwischen Hersteller und Endkunde ein Vertrag geschlossen wurde. Geregelt sind sie im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG). Die Regeln des ProdHaftG treten neben die Haftung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Beispiele

Beispiel 1:

Produkthaftung BeispielDer Schreiner Bernd baut bei seiner Kundin Marita im Garten einen Holztisch zusammen. Als er mit dem Hammer auf einen Nagel schlagen möchte, fällt der Hammerkopf vom Holzstiel ab und fliegt durch die Scheibe von Maritas Gartenhaus.

Greift hier die Produkthaftung?

Der Hammerkopf selbst ist nicht Gegenstand der Produkthaftung, sondern der Gewährleistung, da er das fehlerhafte Produkt selbst betrifft.

Das zerstörte Fenster fällt jedoch unter die Produkthaftung, da es durch den fehlerhaften Hammer zerstört wurde. Es besteht insofern ein Anspruch auf Schadenersatz, auf der Grundlage des Produkthaftungsgesetzes.

Aufgaben

  1. Nenne die Haftungsvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen.
  2. Zähle auf, wer haftbar gemacht werden kann.
  3. Nenne die Schäden, für die gehaftet wird.
  1. Schutzgutverletzung, Vorliegen eines Produktes, Inverkehrbringen, Vorliegen eines Fehlers
  2. Hersteller des Endprodukts, Hersteller des Teilprodukts, Quasi-Hersteller, Importeur, Händler, Lieferant
  3. Personen- und Sachschäden

Literaturhinweise

  1. Eisenberg, Claudius/Gildeggen, Rainer/Reuter, Andreas/Willburger, Andreas (2014): Produkthaftung: Kompaktwissen für Betriebswirte, Ingenieure und Juristen, 2. Aufl., München 2014.

Übungsfragen

#1. Was versteht man unter Produkthaftung?

#2. Welche Art von Schäden sind durch Produkthaftung abgedeckt?

#3. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Hersteller für einen Schaden haftet, der durch ein von ihm hergestelltes Produkt verursacht wurde?

Fertig