Was ist Werkstattfertigung?

Die Werkstattfertigung als Fertigungsverfahren fördert die Aneignung verrichtungsbezogenen Spezialwissens und entsprechende Lern- und Erfahrungsprozesse. Die Verrichtungsspezialisten erreichen unter diesen Bedingungen eine höhere Produktivität als dies bei einer objektbezogenen Spezialisierung der Fall sein könnte.

Betriebsmittel gleicher Verrichtungsart werden immer dann zusammengefasst, wenn die herzustellenden Produkte sehr unterschiedlich sind und jeweils nur eine geringe Anzahl eines Produkts gefertigt wird. Obwohl die Produkte unterschiedlich sind, werden sie mit immer gleichen Fertigungsartprozessen hergestellt (Drehen, Bohren, Schleifen).

Was sind Vorteile der Werkstattfertigung?

Die Werkstattfertigung zeichnet sich dabei durch ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der Fertigungsmöglichkeit sehr unterschiedlicher Produkte in unterschiedlichen Mengen aus. Sie ist sowohl für die Einzelfertigung als auch für die Mehrfachfertigung (Kleinserienfertigung) geeignet:

  • Die eingesetzten Maschinen sind universell einsetzbar. Das notwendige Investitionsvolumen und die sich ergebenden Fixkosten sind deshalb im Vergleich zu anderen Organisationsformen der Fertigung begrenzt.
  • Durch die breite Einsatzmöglichkeit des Maschinenparks ist ein hoher Nutzungsgrad zudem leichter zu erreichen als bei anderen Organisationsformen.
  • Durch das Vorhandensein mehrerer Maschinen gleicher oder doch zumindest ähnlicher Technologie ist unter Umständen eine parallele Fertigung und damit eine Verkürzung der Durchlaufzeit sowie im Störungsfall ein Ausweichen auf eine funktionsgleiche Maschine möglich.
  • Die Werkstattfertigung ist damit insgesamt relativ wenig störanfällig. Auftragsspitzen können durch Verlängerung der Betriebszeit nur der benötigten Maschinen bzw. durch parallele Bearbeitung eines Auftrags auf mehreren Maschinen bewältigt werden.
  • Eine strukturelle Veränderung des Produktionsprogramms kann durch das Einbringen neuer Fertigungsmaschinen in die Werkstatt berücksichtigt werden.

Diese positiven Eigenschaften machen die Werkstattfertigung z. B. für mittelständische Spezialmaschinenbauer besonders interessant.

Was sind Nachteile der Werkstattfertigung?

Ein wesentlicher Nachteil der Werkstattfertigung ist, dass eine sehr große Zahl von Transportvorgängen zu bewältigen ist. Da jeder Fertigungsauftrag die Werkstätten in unterschiedlicher, individueller Abfolge durchläuft, ist der Transport eines jeden Auftrags über alle Bearbeitungsgänge hinweg individuell zu planen und durchzuführen.

Je größer die Zahl der in der Fertigung befindlichen Aufträge wird, desto umfangreicher und komplexer wird diese Aufgabe, da die einzelnen Aufträge in ihrem individuellen Fertigungsdurchlauf um die begrenzten Bearbeitungs- und Transportkapazitäten konkurrieren.

Die Abstimmung der von den Aufträgen benötigten Fertigungskapazitäten mit den in den Werkstätten verfügbaren Kapazitäten unter Berücksichtigung der geplanten Fertigstellungstermine ist eine besonders komplexe und schwierige Aufgabe, insbesondere wenn zusätzlich kurzfristige Termin- und Mengenänderungen zu berücksichtigen sind.

Werkstattfertigung Vorteile und NachteileDa alle Aufträge um die begrenzten Kapazitäten in der Werkstatt konkurrieren, muss die Fertigungsablaufplanung als umfassende Gesamtplanung unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller Aufträge erfolgen. Der Versuch einer zentralen genauen Planung, bei der jeder Auftrag für jede zu durchlaufende Bearbeitungsstation zeitgenau eingeplant wird, scheitert in der Praxis häufig an den vielfältigen Zufälligkeiten und Störungen, die der praktische Tagesablauf mit sich bringt.

Eine Alternative hierzu ist eine nur grobe zentrale Rahmenplanung, die durch eine dezentrale kurzfristige Steuerung vor Ort (Fertigungsleitstand) konkretisiert wird. Mit einem Fertigungsleitstand wird der Ausführungsebene in der Werkstatt ein dispositiver Spielraum geöffnet, der bei einer zentralen genauen Planung nicht gegeben ist.

Beispiel:

Statt einer genauen Vorgabe, wann welcher Auftrag auf welcher Maschine zu bearbeiten ist, wird der dezentralen Werkstattfeinsteuerung wöchentlich ein abzuarbeitendes Auftragspensum vorgegeben. Über die exakte Maschinenbelegung und die Auftragsreihenfolge wird dann anhand von Prioritäten in der Werkstatt selbst entschieden.

Eine solche prozessnahe Steuerung hat gegenüber einer zentralen genauen Planung insbesondere den Vorteil, dass auf Störungen im Fertigungsablauf unmittelbar auf der Ausführungsebene reagiert werden kann und damit Kompetenz und Verantwortung für die Feinsteuerung gemeinsam in der Werkstatt liegen.

Das Wichtigste zur Werkstattfertigung in Kürze

Bei der Werkstattfertigung werden die Betriebsmittel nach dem Verrichtungsprinzip angeordnet. Dadurch wird die Produktivität der Verrichtungsspezialisten erhöht. Die Vorteile der Werkstattfertigung sind vor allem der hohe Nutzungsgrad der Maschinen sowie die Flexibilität ihres Einsatzes.

Von Nachteil ist der hohe Planungsaufwand für den Durchlauf der einzelnen Aufträge durch die Fertigung. Da eine zentrale genaue Planung nicht möglich ist, übernimmt die Werkstatt selbst die dezentrale Steuerung auf Grundlage einer groben zentralen Rahmenplanung.

Aufgaben

  1. Was versteht man unter Werkstattfertigung?
  2. Welche besonderen Problemstellungen sind mit der Werkstattfertigung verbunden?
  1. Bei der Werkstattfertigung werden die Betriebsmittel nach dem Verrichtungsprinzip, d. h. technologiebezogen,  zu organisatorischen Einheiten zusammengefasst. Die Bearbeitungsobjekte durchlaufen die Werkstätten nach Maßgabe der Arbeitsplanung.
  2. Hierdurch entstehen spezifische logistische Aufgaben und Probleme: der innerbetriebliche Transport, die Losgrößenplanung, die Planung der Bearbeitungsreihenfolge an einer Maschine. Insbesondere bei einer großen Zahl an Aufträgen wird diese Aufgabe sehr komplex und die Durchlaufzeiten eines Auftrags durch die Fertigung werden sehr lang. Die Durchlaufzeit und die davon abhängigen Start- und Endtermine für einen Auftrag lassen sich dementsprechend nur schlecht planen.

Literaturhinweise

  1. Steinbuch, Pitter (1999): Fertigungswirtschaft, Ludwigshafen 1999.