Was sind die Voraussetzungen für ein Mittelstandskartell?
§ 2 Abs. 1 GWB regelt für kleinere und mittlere Unternehmen, dass die Wettbewerbsbeeinträchtigung, die normalerweise nach § 1 GWB verboten ist, unter bestimmten Bedingungen freigestellt und damit erlaubt werden kann. Diese Voraussetzungen sind:
- eine bessere Warenerzeugung oder Produktverteilung zu erreichen oder den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt positiv zu beeinflussen,
- wobei die Auferlegung von Wettbewerbsbeschränkungen nicht für die Erreichung dieser Ziele entbehrlich sein darf;
- eine angemessene Beteiligung der Konsumenten an dem entstehenden Gewinn;
- keine Wettbewerbsausschaltung für einen wesentlichen Teil der Produkte.
In § 3 GWB hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, dass die Zusammenarbeit mittelständischer Unternehmen diese Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GWB erfüllt, wenn:
- es sich dabei um Vereinbarungen zwischen miteinander konkurrierenden Unternehmen oder Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen handelt,
- die Rationalisierung ökonomischer Vorgänge durch Zusammenarbeit von Betrieben zum Gegenstand haben;
- wenn dadurch der Wettbewerb auf dem Markt unwesentlich beeinträchtigt wird und
- wenn die Vereinbarung oder der Beschluss dazu dienen, die Fähigkeit für den Wettbewerb kleinerer oder mittlerer Unternehmen zu steigern.
Es existiert keine gesetzliche Definition für das Tatbestandsmerkmal kleinere und mittlere Unternehmen. Es ist nach der behördlichen und gerichtlichen Praxis relativ im Vergleich zu den Wettbewerbern auf dem sachlichen und räumlichen Markt zu bemessen.
Unter der Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge versteht man alle Maßnahmen, durch die bei den beteiligten kleinen und mittleren Unternehmen die Relation des betrieblichen Aufwands für wirtschaftliche Vorgänge zum Ertrag, gerechnet in Produktionseinheiten, verbessert wird.
§ 3 GWB wird dann angewendet, wenn der Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Bei einer Gesamtwürdigung sind vornehmlich die Marktstellung, besonders die Marktanteile der an der Zusammenarbeit beteiligten Unternehmen, die Art der zwischenbetrieblichen Kooperation, insbesondere der Umfang der mit ihr verbundenen Wettbewerbsbeschränkung sowie mögliche auf dem Markt schon bestehende Zusammenarbeiten zu berücksichtigen.
Das Bundeskartellamt geht nach seiner bestehenden Verwaltungspraxis davon aus, dass die kritische Grenze für eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Allgemeinen bei einem gemeinsamen Marktanteil von 10 bis 15 % der beteiligten Unternehmen liegt.
Ein derartiger Marktanteil gilt für Absprachen über wesentliche Wettbewerbsbestandteile wie etwa die Festsetzung von Verkaufspreisen, Rabatten oder sonstigen Preisgrößen. Betrifft die Zusammenarbeit dagegen Absprachen über qualitativ weniger bedeutsame Größen, kann der Marktanteil der Beteiligten auch oberhalb eines Schwellenwertes von 15 % liegen.
Zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen ist die zwischenbetriebliche Kooperation dann geeignet, wenn eine Produktionsausweitung oder Qualitätserhöhung, Sortimentsverbreiterung, Verkürzung der Lieferwege oder -fristen, bessere Gestaltung der Einkaufs- oder Vertriebsorganisation oder eine gemeinsame Werbemaßnahme angestrebt wird.