Was sind Wirtschaftskartelle?

Wirtschaftskartelle sind Vereinbarungen, die darauf zielen, den Wettbewerb einzuschränken, zu verhindern oder zu verfälschen. Um den Wettbewerb untereinander zu beschränken, koordinieren die Unternehmen ihr Verhalten auf dem Markt. Durch Vertrag oder einen Beschluss von Unternehmen entstehen Wirtschaftskartelle, die ihr Betätigungsfeld auf dem gleichen relevanten Markt haben.

Das Ziel der Vereinbarung ist die Beschränkung des Wettbewerbs durch Verzicht auf den autonomen Gebrauch jener Aktionsparameter (Preis, Rabatte, Konditionen, und anderes mehr), deren gemeinsame Handhabung durch den Kartellvertrag geregelt ist.

Die rechtliche und organisatorische Selbständigkeit der Kartellmitglieder bleibt dabei erhalten. Diese geben aber freiwillig wirtschaftliche Handlungsfreiheit auf, um eine im Ergebnis ungewisse Koordinierung ihrer Aktivitäten über den Markt durch eine kontrollierbare und kalkulierbare vertragliche Verhaltensabstimmung  ersetzen.

Welche anderen Formen der Wettbewerbsbeschränkung gibt es?

Neben den Wirtschaftskartellen, die auch als horizontale Absprachen bezeichnet werden, gibt es andere Formen der Wettbewerbsbeschränkung. Vertikale Absprachen zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen, beispielsweise Ausschließlichkeits- oder Koppelungsvereinbarungen, bewirken, dass Märkte für dritte Unternehmen verschlossen werden.

Auch losgelöst von der Absprache kann der einseitige Machtmissbrauch eines marktbeherrschenden Unternehmens zum Problem werden, wenn das Unternehmen seine Stellung zur weiteren Wettbewerbsbeschränkung nutzt, beispielsweise zur Diskriminierung oder Verdrängung Dritter.

Der Zusammenschluss von Unternehmen (Fusion) ist streng genommen die intensivste Form der wettbewerbsbeschränkenden Absprache, wird aber im Wettbewerbsrecht als besonderes Phänomen betrachtet, weil die Vertragspartner dabei ihre Identität als eigenständige wirtschaftliche Planungszentren aufgeben.

Dazu kommt es nicht bei den strategischen Allianzen. Sie unterscheiden sich von den klassischen Kartellen dadurch, dass die Verhaltenskoordinierung befristet ist und nur einen begrenzten Bereich betrifft, wie beispielsweise die Entwicklung eines neuen Produkts.

Unter welchen Voraussetzungen bilden sich Wirtschaftskartelle?

Die Möglichkeit der Kartellbildung wird umso günstiger sein,

  • je geringer die Zahl der Anbieter,
  • je ähnlicher ihre Kostenverläufe,
  • je homogener ihr Produktionsprogramm,
  • je höher die Markteintrittsbarrieren,
  • je elastischer das Angebot, etwa durch die Möglichkeit des Rückgriffs auf ungenutzte Kapazitäten.

Je geringer die Markteintrittsbarrieren eines kartellierten Marktes sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das hohe Kartellpreisniveau Außenseiter anlockt, die diese ermäßigen und dadurch das Zerbrechen des Kartells auslösen.

Welche Maßnahmen des äußeren Kartellzwanges gibt es?

Mahnahmen, die der Abwehr dieser Bedrohung dienen, werden als solche des äußeren Kartellzwanges bezeichnet:

  • Mit den Lieferanten von Rohstoffen und anderen Vorleistungen werden Verträge abgeschlossen, die sie verpflichten, nur Mitglieder des Kartells zu beliefern. Derartige Exklusivverträge werden auch auf den nachgelagerten Produktionsstufen beabsichtigt.
  • Treuerabatte und andere Vergünstigungen sollen garantieren, dass die Lieferanten und Abnehmer des Kartells die von ihnen eingegangenen Abmachungen einhalten.
  • Sollten Außenseiter beliefert oder ihnen Produkte abgenommen werden, sind Sanktionen geplant. Ungehorsame Lieferanten werden von den Mitgliedern des Kartells ausgeschlossen. Händler, die Waren von Außenseitern vertreiben, werden nicht mehr beliefert.

Welche Maßnahmen des inneren Kartellzwanges gibt es?

Kartelle werden auch dadurch bedroht, dass die getroffenen Abmachungen von den Mitgliedern selbst unbeachtet bleiben und damit ökonomisch wirkungslos werden. Vorkehrungen, die darauf abzielen, von derartigen Verstößen abzuhalten, begründen den sogenannten inneren Kartellzwang.

Sie sind zumeist im Kartellvertrag enthalten und bestehen vor allem in Sanktionen, die bei Vertragsbruch wirksam werden. Ist der Kartellvertrag rechtlich zulässig, können Verstöße gegen seine Bestimmungen mithilfe ordentlicher Gerichte geahndet, also etwa verhängte Konventionalstrafen eingeklagt werden.

Welche Einteilungskriterien für Wirtschaftskartelle gibt es?

Je nach Art der Aktionsparameter werden als Formen des Kartells u. a. Preis-, Mengen-, Konditionen- und Produktionskartelle unterschieden.

Auch ist vielfach der Versuch unternommen worden, nach dem Grad der bewirkten Wettbewerbsbeschränkung Kartelle niederer Ordnung (Beispiele: Konditionen-, Normen- oder Typenkartelle) von wettbewerbspolitisch mehr bedenklichen Kartellen höherer Ordnung (z. B. Preiskartell, Syndikat) abzugrenzen.

Bezeichnungen wie Strukturkrisen-, Import- und Exportkartell knüpfen am Ziel der Kartellvereinbarung an.

Beispiel:

Zwischen Tchibo, Melitta und Dallmayr kam es von 2000 bis 2009 beim sogenannten „Kaffeekartell“ zu illegalen Preisabsprachen. Insofern lag hier ein Preiskartell vor. Das Bundeskartellamt legte hier insgesamt ein Bußgeld in Höhe von 159,5 Millionen Euro fest.

Was sind private Erscheinungsformen der Wirtschaftskartelle?

Klassische Wirtschaftskartelle haben den Zweck, monopolähnliche Verhältnisse herzustellen. Das Kartell will sich wie der Monopolist in die Lage versetzen, durch Reduktion der Angebotsmengen und Preisfestsetzung allein nach Maßgabe der Preisempfindlichkeit der Nachfrage und ohne Rücksicht auf Wettbewerber eine den Kartellmitgliedern anteilig zugute kommende Monopolrente zu erwirtschaften.

Zu den klassischen Instrumenten des Kartells gehört daher die Festlegung von Preisen, Rabatten und Kalkulationsgrundlagen (Preiskartelle), die Bestimmung der Gesamtangebotsmenge und ihre Aufteilung unter den Kartellmitgliedern (Quotenkartelle) und die Aufteilung von Märkten, vor allem nach geografischen Gesichtspunkten, um auf den Teilmärkten Gebietsmonopole zu schaffen (Marktaufteilungskartelle).

Ein zweiter wichtiger Gegenstand von Kartellverträgen stellt neben der Koordinierung des Marktverhaltens die Vergemeinschaftung von Unternehmensfunktionen dar. In der Vergangenheit stand dabei die Gründung gemeinsamer Beschaffungs- oder Vertriebseinrichtungen (sogenannte Syndikate) im Vordergrund, die am besten Einkaufs- oder Verkaufspreiskartelle durchsetzen lassen. In neuerer Zeit zeigen sich ähnliche Vergemeinschaftungstendenzen bei anderen kostenintensiven Unternehmensfunktionen, insbesondere in der Datenverarbeitung und bei der Forschung und Entwicklung.

Die Verhaltenskoordinierung muss nicht die Form eines einklagbaren zivilrechtlichen Vertrages annehmen. Verbreitet sind auch sogenannte „gentlemen’s agreements“ („Frühstückskartelle“), die – ohne zivilrechtliche Bindungswirkung – die Beteiligten doch in moralischer und gesellschaftlicher Hinsicht verpflichten.

Für  Kartellierungszwecke genügt beispielsweise auch die Gründung eines Verbandes, der Verhaltensempfehlungen für die angeschlossenen Unternehmen  erlassen soll, oder die Einrichtung einer Preismeldestelle, die von den angeschlossenen Unternehmen laufend über die Bedingungen neuer Vertragsabschlüsse informiert wird und diese Informationen an alle angeschlossenen Unternehmen weiterleitet.

WirtschaftskartelleParalleles Verhalten von Unternehmen allein ist kein Zeichen der Verhaltensabstimmung: dass ein Unternehmen sich in seiner Produkt- und oder Preisgestaltung an einem Konkurrenten orientiert, kann dem wettbewerblichen Nachahmungsdrang entsprechen. Die Schwelle zur Verhaltensabstimmung wird überschritten, sobald sich Indizien für einen darauf gerichteten übereinstimmenden Willen der beteiligten Unternehmen feststellen lassen.

Was sind staatliche Erscheinungsformen der Wirtschaftskartelle?

Neben privaten finden sich in vielen Ländern auch staatlich geförderte oder vorgeschriebene Kartelle. Die Beteiligung des Staates soll der natürlichen Labilität von Kartellen entgegenwirken.

Kartellmitglieder geraten ständig in Versuchung, Abmachungen unter Verletzung der Kartellabsprachen zu treffen, um auf Kosten der mit kartellierten Konkurrenten zusätzliche Marktanteile zu erringen. Treten Unternehmen dem Kartell nicht bei oder verlassen es wieder bleiben private Möglichkeiten der Disziplinierung durch Vertragsstrafen und Schiedsgerichte wirkungslos.

Kartellvereinbarungen können für Außenseiter nur dann eine Bindungswirkung entfalten, wenn der Staat sie für allgemeinverbindlich erklärt. Wahlweise kann der Staat die eine Entscheidung treffenden Kartellgremien auch zu staatlichen Gremien erheben und ihren Entscheidungen damit normsetzende Qualität geben.

Das Wichtigste zu Wirtschaftskartellen in Kürze

Unter einem Kartell versteht man in der Wirtschaft Verträge zwischen Marktteilnehmern der gleichen Branche zur Vermeidung oder Beschränkung des freien Wettbewerbs. Um höhere Preise für ein Produkt zu erzielen, kommt es zur Bildung von Kartellen. Man spricht hier auch von Wettbewerbsabsprachen.

Wegen ihrer wettbewerbsverzerrenden Grundstruktur sind Kartelle in der freien und sozialen Marktwirtschaft nicht erlaubt. Kartellämter wachen über die Einhaltung des freien Wettbewerbs und verhängen teilweise empfindliche Geldstrafen gegenüber Unternehmen, die der Kartellbildung überführt wurden.

Unter Aufrechterhaltung ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit schließen sich zwei oder mehrere Wettbewerber einer Wirtschaftsbranche zusammen. Sie stehen nicht mehr in einer Wettbewerbsbeziehung zueinander. Marktteilnehmer handeln nur noch gemeinschaftlich und stimmen ihr Verhalten auf dem Markt ab. Dieses gemeinsame Handeln wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt. Eine Kartellbildung ist umso leichter, je weniger Teilnehmer in einem Marktsegment tätig sind.

Bei einem Preiskartell geht es um einheitliche Preisgestaltung oder Preisabsprachen, die den Unternehmensprofit maximieren sollen. Bei einem Produktionskartell sollen durch Absprachen Produktion und Absatz gesteuert werden, dass kein Überangebot an Waren entsteht. Bei einem Submissionskartell werden Ausschreibungen im Baubereich im Vorfeld so abgesprochen, dass der Gewinner bereits feststeht. Bei einem Gebietskartell wird jedem Kartellunternehmen ein abgegrenzter Absatzmarkt zur Verfügung gestellt. Bei einem Spezialisierungskartell spezialisiert sich jedes Mitglied auf ein oder mehrere Produkte.

Bei einem „Frühstückskartell“ handelt es sich um informelle Treffen, wo keine schriftlichen Verträge ausgehandelt werden. Alle Absprachen werden hier mündlich getroffen. Solche Kartelle sind äußerst schwer nachzuweisen.

Aufgaben

  1. Warum werden Kartelle gebildet?
  2. Was versteht man unter einem Submissionskartell?
  3. Was ist ein „Frühstückskartell“?
  1. Kartelle werden i. d. R. gebildet, um höhere Preise für ein Produkt zu erzielen. Man spricht auch von Wettbewerbsabsprachen.
  2. Ausschreibungen im Baubereich werden im Vorfeld so abgesprochen, dass der Gewinner feststeht.
  3. Hier handelt es sich um informelle Treffen, wo keine schriftlichen Verträge ausgehandelt werden. Alle Absprachen werden hier mündlich getroffen. Darum sind sie äußerst schwer nachzuweisen.

Literaturhinweise

  1.  Barnikel, Hans H. (1972): Theorie und Praxis der Kartelle (Wege der Forschung), Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1972.