Was sind Aktienkennzahlen?

Aktienkennzahlen sollen den Wert eines Unternehmens als Basis für eine systematische Aktienauswahl bestimmen.

Die Vergangenheit hat gezeigt: Werden die wesentlichen Aktienkennzahlen wie solide Gewinne, gesunde Buchwerte und andere Unternehmenskennzahlen außer Acht gelassen, werden enorme Beträge von Aktionärsgeldern regelrecht verbrannt. Kurseinbrüche von über 60 % machen deutlich: Aktienkurse kommen immer wieder auf den fundamentalen Wert der einzelnen Unternehmen zurück.

Mit den folgenden sechs Aktienkennzahlen werden die chancenreichsten Aktien aus dem Markt gefiltert:

  • AktienkennzahlenKurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
  • Price-Earning to Growth-Ratio (PEG)
  • Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)
  • Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)
  • Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV)
  • Dividendenrendite

Mit diesen Aktienkennzahlen erhält man – in Kombination mit Bilanzkennziffern – ein wichtiges Instrument für die Aktienauswahl.

Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist die gängigste Bewertungskennzahl für Aktien. Im angelsächsischen Raum wird es auch Price-Earning-Ratio (PER) genannt. Das KGV zeigt an, mit welchem Vielfachen des Jahresgewinns ein Unternehmen an der Börse bewertet wird.

Berechnung

KGV = Aktienkurs / Gewinn pro Aktie

Ein niedriges KGV muss nicht zwingend ein Kaufargument sein. Unterschiedliche Gründe können dafür verantwortlich sein, dass die Aktie günstig bewertet ist, aber trotzdem nur wenig Kurspotenzial bietet:

  1. Das Unternehmen hat eine geringe Umsatz- und Gewinndynamik.
  2. Das Unternehmen verfügt über geringe Ressourcen (z. B. eine Minengesellschaft mit fast erschöpften Erzvorkommen).
  3. Laufende Klagen belasten die zukünftigen Gewinnaussichten (z. B. in der Tabakindustrie).
  4. Mischkonzerne werden fast immer mit einem Abschlag gehandelt.
  5. Unternehmen aus Branchen mit geringen Wachstumsaussichten werden niedrig bewertet (in der Autoindustrie gibt es z. B. zahlreiche Unternehmen mit einem einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis).

Falls man also eine Aktie mit einem niedrigen KGV entdeckt, sollte man in einem ersten Schritt überprüfen, wie hoch die direkten Konkurrenten bewertet werden. Anschließend stellt sich die Frage, welche Wachstums- und Gewinnaussichten die Branche und das ausgesuchte Unternehmen haben. Abschließend sollte man sich über mögliche Risiken informieren.

Fallen alle Punkte positiv aus, ist das niedrige KGV ein wichtiges, aber nicht einzig entscheidendes Kaufargument.

Beispiel:

Die Berechnung des KGV ist vergleichsweise einfach: Liegt beispielsweise der fiktive Aktienkurs bei 100 Euro und der Gewinn pro Aktie bei 12 Euro, ergibt sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 8,5, denn: 100 / 12 = 8,5.

 Auswahl des Bezugsjahres

Ein möglicher Schwachpunkt ist die schwierige Auswahl des Bezugsjahres. Für die Berechnung des KGV braucht man den Gewinn je Aktie. Für das laufende Geschäftsjahr liegen die ersten Zahlen bereits vor. Dafür ist das Datenmaterial fast schon wieder veraltet, da an der Börse zukünftige Gewinne bewertet werden.

Der Gewinn je Aktie für das Folgejahr ist für die Kursentwicklung an der Börse wichtiger, kann aktuell allerdings nur eine grobe Schätzung sein. Ein zurzeit scheinbar niedriges KGV kann relativiert werden, wenn das Unternehmen im weiteren Jahresverlauf die Gewinnschätzung verfehlt. Man sollte daher jede KGV-Schätzung kritisch hinterfragen. Es stellt sich immer die Frage, wie plausibel die Gewinnschätzung ist und wann sie zuletzt überarbeitet wurde.

Trotz dieser möglichen Schwächen ist das KGV ein wichtiges Hilfsinstrument, um günstige und überbewertete Aktien unterscheiden zu können.

Price-Earning to Growth-Ratio (PEG)

Das traditionelle KGV lässt sich durch eine Erweiterung noch weiter verfeinern. Die Kennzahl Price-Earning to Growth-Ratio (PEG) setzt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in Relation zum erwarteten Gewinnwachstum.

Als Faustformel gilt: Das PEG ist günstig, wenn das KGV maximal so hoch ist wie das erwartete Gewinnwachstum. Wächst der Gewinn je Aktie zum Beispiel um 10 %, sollte das KGV auch nicht über 10 liegen. Kann das Unternehmen den Gewinn dagegen um 30% steigern, wäre auch ein hohes KGV von 30 vertretbar.

Berechnung

PEG = Kurs-Gewinn-Verhältnis / Gewinnwachstum 

Sind KGV und Gewinnwachstum identisch, liegt das PEG bei 1. Als günstig gilt eine Aktie, wenn der Wert bei 1 oder tiefer liegt (Gewinnwachstum ist größer als KGV).

Beispiel:

Ein Unternehmen hat auf Basis des aktuellen Aktienkurses  ein KGV für das aktuelle Geschäftsjahr in Höhe von 25. Das erwartete Gewinnwachstum vom letzten Geschäftsjahr zu dem aktuellen Geschäftsjahr liegt bei 8 %. Es ergibt sich ein PEG von 25 / 8 = 3,125.

Berechnungszeitraum

Eine mögliche Schwachstelle ist wiederum der Berechnungszeitraum. Kurz vor der Finanzkrise im Jahr 2008 wurden oft mehrjährige Wachstumsperioden betrachtet. So gingen damals die Wachstumsaussichten für das laufende und zwei weitere Jahre in die PEG-Berechnung mit ein. Es hat sich aber gezeigt, dass es angesichts der unberechenbaren Konjunkturentwicklung fast unmöglich ist, zuverlässige Schätzungen für die nächsten zwei oder drei Jahre abzugeben.

Das PEG ist eine sinnvolle Ergänzung zum traditionellen KGV und zeigt an, dass reine Aktie mit einem KGV von 30 nicht zu teuer sein muss, wenn das Gewinnwachstum stimmt. Umgekehrt kann ein KGV von 10 teuer sein, wenn das Gewinnwachstum nur bei zwei oder drei Prozent liegt.

Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)

KGV und PEG sind Kennzahlen, die vom Gewinn des Unternehmens abhängen. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) kann man unabhängig vom Gewinn ermitteln. Das ist speziell bei jungen Wachstumsunternehmen wichtig, die noch keine Gewinne erwirtschaften. Das KUV kann man auf zwei Arten berechnen. Als Faustformel gilt: Bei etablierten Unternehmen, die sich nicht mehr in der Wachstumsphase befinden, gilt ein KUV von unter 1 als günstig.

Berechnung

Bei dem Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) wird die Marktkapitalisierung eines Unternehmens durch den Jahresumsatz des Unternehmens dividiert. Die KUV-Formel lautet daher:

KUV = aktuelle Marktkapitalisierung / Jahresumsatz

Diese Formel kann noch einmal zerlegt werden, um die Marktkapitalisierung zu berechnen. Diese ergibt sich, indem man den Kurs der Aktie mit der Anzahl der Aktien auf dem Markt multipliziert. Die Marktkapitalisierung wird auch als Börsenwert bezeichnet.

KUV = (Kurs der Aktie x Anzahl der Aktien) / Umsatz des Unternehmens

Beispiel:

Ein Unternehmen macht einen Umsatz von 70 Millionen Euro im Jahr. Die Marktkapitalisierung oder der Börsenwert beträgt 20 Millionen Euro. Werden diese Werte in die erstgenannte Formel eingesetzt, so erhält man: KUV = Marktkapitalisierung / Jahresumsatz = 20 Mio. Euro / 70 Mio. Euro = 0,28.

Beispiel:

Ist der Aktienkurs einer Aktie bekannt und zudem die Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien sowie der Jahresumsatz des Unternehmens, wird mit der zweiten KUV-Formel gerechnet. Bei einem Kurs von 25 Euro, einer Aktienanzahl von einer Million und einem Unternehmensumsatz von 30 Millionen Euro, ergibt sich: KUV = (Kurs der Aktie x Anzahl der Aktien) / Umsatz des Unternehmens = (25 Euro x 1 Mio.) / 30 Mio. Euro = 0,83.

Grundsätzlich gilt: Je niedriger das KUV, desto preiswerter ist eine Aktie.

Beispiel:

  • Zwei junge Unternehmen entwickeln neue Suchsysteme für das Internet. Sie stehen in direktem Wettbewerb und bearbeiten den gleichen Markt. Da die Unternehmen noch rote Zahlen schreiben, fällt das Kurs-Gewinn-Verhältnis als Vergleichskriterium aus. Besitzt jetzt ein Unternehmen ein KUV von 4 und das andere eins von 6, ist das erste günstiger bewertet.
  • Die Chip-Industrie unterliegt beispielsweise starken Gewinnschwankungen. In einem Jahr verdient ein Chiphersteller einen Milliardenbetrag, im nächsten Jahr fallen Verluste an. Damit das Unternehmen auch im Verlustjahr mit Konkurrenten verglichen werden kann, ist das KUV ein Hilfsmittel.
  • Man möchte Chemie-Aktie kaufen, doch die zwei interessantesten Unternehmen haben ein identisches KGV. In diesem Fall bieten sich weitere Vergleichskriterien an. Besitzt das eine Unternehmen ein KUV von 0,8 und das andere eins von 1,2, ist das Erstere preisgünstiger.

Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) zeigt an, wie das Eigenkapital eines Unternehmens an der Börse bewertet wird (Buchwert und Eigenkapital sind in etwa deckungsgleich).

Berechnung

KBV = Marktkapitalisierung / Buchwert oder Aktienkurs / Buchwert je Aktie

Besonders interessant sind Unternehmen, die ein KBV von unter 1 aufweisen. Bei diesen Unternehmen ist der Substanzwert höher als der Börsenwert. Es muss sich aber nicht zwangsläufig um ein Schnäppchen handeln. Schreibt ein Unternehmen zum Beispiel Verluste und vernichtet Eigenkapital, ist ein Abschlag gerechtfertigt. Erzielt das Unternehmen dagegen Gewinne und hat auch ansonsten positive Aussichten, deutet ein KBV von unter 1 auf eine deutliche Unterbewertung hin.

Viele Finanzinvestoren schauen, wenn sie neue Übernahmekandidaten suchen, oft auf diese Kennzahl. Ein Beispiel war der Chemiewert Celanese, der durch sein niedriges KBV von 0,6 aufgefallen ist. Das Ergebnis: eine Übernahme durch einen amerikanischen Finanzinvestor.

Beispiel:

Nehmen wir an, ein Unternehmen verfügt über ein Vermögen von 20 Mio. Euro und Schulden von 10 Mio. Euro. Der Buchwert bzw. Eigenkapitalwert beträgt dementsprechend 10 Mio. Euro. Bei 1 Mio. Aktien beträgt der Wert je Aktie 10 Euro. Liegt der Aktienkurs bei 20 Euro, so liegt das KBV bei 2, (da 20 / 10 = 2); liegt er jedoch nur bei 5 Euro, ergibt sich ein KBV von 0,5 (da 5 / 10 = 0,5).

Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV)

Die Aktienkennzahl Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) hat sich international als Kriterium für die Bewertung einer Aktie durchgesetzt. Dabei ist das KGV in Fachkreisen nicht unumstritten, denn der Jahresüberschuss, also die Grundlage der Berechnung, kann von den Unternehmen in die gewünschte Richtung gesteuert werden.

Legale Bilanzierungstricks können vom Management genutzt werden, um den Jahresüberschuss zu beeinflussen. Speziell die Rückstellungen und Abschreibungen werden sehr gern zur Feinjustierung genutzt, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Das KGV ist daher immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen.

Ein objektiveres Bild der Finanzkraft eines Unternehmens bietet der Cashflow. Das ist der Nettozugang an liquiden flüssigen Mitteln während einer festgelegten Periode, also z. B. in einem Geschäftsjahr.

Der Cashflow wird berechnet, indem zu dem um außerordentliche Faktoren bereinigten Jahresüberschuss die Abschreibungen auf das Anlagevermögen sowie Veränderungen der langfristigen Rückstellungen addiert werden. Darauf aufbauend ergibt sich die Aktienkennzahl Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV).

Berechnung

Das KCV wird wie folgt berechnet:

KCV = Aktienkurs / Cashflow pro Aktie

Wie beim KGV gilt: Je niedriger das KCV, desto günstiger ist die Aktie bewertet (wobei stets mehrere Kennzahlen miteinander verglichen werden sollten). Besonders hellhörig sollte man werden, wenn KGV und KCV weit auseinanderliegen oder sich in einer Periode unterschiedlich entwickelt haben.

Beispiel:

Angenommen, die Gewinn- und Verlustrechnung eines Unternehmens hat nur 2 Posten (und es fallen auch keine Steuern an): Umsatzerlöse 125 Mio. Euro und Abschreibungen auf Anlagevermögen 125 Mio. Euro; der Gewinn ist dann 100 Mio. Euro. Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit des Unternehmens – das eingenommene Geld – wäre dann 125 Mio. Euro, da die Abschreibungen nicht zahlungswirksam, sondern nur eine Buchung sind. Ist die Anzahl der Aktien 5 Mio. Euro, beträgt der Cashflow je Aktie 25 Euro (125 Mio. Euro / 5 Mio. Aktien). Der Börsenkurs der Aktie am 31. Dezember eines Jahres sei 100 Euro. Teilt man den Kurs von 100 Euro durch den Cashflow je Aktie von 25 Euro, beträgt das Kurs-Cashflow-Verhältnis 4.

Dividendenrendite

In Deutschland gewinnt die Dividendenrendite speziell im Frühjahr an Bedeutung, denn in den Monaten April und Mai finden die meisten Hauptversammlungen statt. Einen Tag nach der Hauptversammlung wird dann in der Regel die festgelegte Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet.

Die Dividende wird von vielen Anlegern unterschätzt. Langfristige Studien haben gezeigt, dass mit Aktien Durchschnittsrenditen von 8 bis 10 Prozent erreicht werden können. Kursgewinne sind aber nur ein Bestandteil. Fast die Hälfte des Zuwachses hängt von den Dividenden ab. Zahlt ein Unternehmen regelmäßig Dividenden in Höhe von 4 bis 5 Prozent aus, hat man rund 50 Prozent des Potenzials schon erreicht.

Berechnung

Die Dividendenrendite wird wie folgt berechnet:

Dividendenrendite = Dividende / Aktienkurs

Bei DAX-Werten liegen die Dividendenrenditen normalerweise ungefähr bei 2 bis 3 Prozent.

Bei der Berechnung dieser Kennzahl gibt es ein Problem, das nicht befriedigend gelöst werden kann. Berücksichtigt man die zuletzt gezahlte Dividende oder die erwartete Dividende?

Die erste Methode hat den Vorteil , dass die Zahlen dann gesichert sind. Der Nachteil liegt auf der Hand. Aus der alten Dividende lässt sich nicht unbedingt auf die zukünftige schließen. Wählt man die erwartete Dividendenausschüttung, muss man immer mit der Ungewissheit leben, ob die Ausschüttungsquote tatsächlich erreicht wird.

Aufgaben

Einem Finanzanalysten wird die Analyse der Aktiengesellschaft ABC anvertraut. Hier einige Zahlen aus dem Jahresbericht:

  • Aktienkapital: 100.000.000 Euro
  • Anzahl der Aktien: 10.000 Stück
  • Reserven: 50.000.000 Euro
  • Börsenkurs der Aktie: 30 Euro
  • Dividende pro Aktie: 1 Euro
  1. Wie hoch ist der Nennwert einer Aktie?
  2. Wie hoch ist der Buchwert einer Aktie?
  3. Wie hoch ist die Börsenkapitalisierung der Gesellschaft?
  4. Worin besteht der Unterschied zwischen dem Buchwert und dem Börsenwert einer Aktie?
  1. Aktienkapital / Anzahl der Aktien = Nennwert: 100.000.000 Euro / 10.000.000 Aktien = 10 Euro
  2. (Aktienkapital + Reserven) / Anzahl ausgegebener Aktien = Buchwert einer Aktie: (100.000.000 Euro + 50.000.000 Euro) / 10.000.000 Aktien  = 15 Euro
  3. Anzahl ausgegebener Aktien * Börsenkurs = Marktkapitalisierung: 10.000.000 Aktien * 30 Euro = 300.000.000 Euro
  4. Der Buchwert entspricht dem Wert, den die Aktionäre erhalten würden, wenn die Gesellschaft liquidiert würde. Der Börsenwert liegt normalerweise über dem Buchwert, da die Aktionäre über die Fähigkeit des Unternehmens, in der Zukunft Gewinne zu erwirtschaften, spekulieren.