Ein Eigentumsvorbehalt wird im Allgemeinen dann vereinbart, wenn der Käufer nicht den vollständigen Kaufpreis sofort bezahlen kann. Ihm wird der Kaufgegenstand übergeben, ohne dabei gleichzeitig auch Eigentümer zu werden. Der Käufer wird lediglich Besitzer der Sache, während der Verkäufer Eigentümer des Gegenstandes bleibt.
Derartige Bedingungen können vor Erfolgseintritt (vollständige Zahlung des Kaufpreises) inhaltlich verändert werden, wenn beide Vertragsparteien zustimmen. Der Verkäufer kann die vereinbarten Bedingungen nichteinseitig und zulasten des Käufers abändern.
Welche Formen des Eigentumsvorbehaltes gibt es?
Zwischen den Parteien können insgesamt fünf verschiedene Eigentumsvorbehaltsformen bzw. Arten des Eigentumsvorbehalts vereinbart werden können:
Einfacher Eigentumsvorbehalt
Erweiterter Eigentumsvorbehalt
Nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt
Weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt
Verlängerter Eigentumsvorbehalt
Einfacher Eigentumsvorbehalt
Die Rechtsgrundlage für den einfachen Eigentumsvorbehalt ist § 449 Abs. 1 BGB. Die dingliche Eigentumsverschiebung wird unter die aufschiebende Bedingung dervollständigen Kaufpreiszahlung nach § 158 Abs. 1 BGB gestellt. Die Einigung im Verfügungsgeschäft nach § 929 BGB ist nicht auf die sofortige Eigentumsverschaffung gerichtet, sondern erst auf eine zukünftig bedingte.
Derartige Vereinbarungen werden besonders bei Stundungsabreden wie Ratenzahlungen getroffen. Der Verkäufer hat dadurch nicht das Risiko, sein Eigentum an der Kaufsache zu verlieren, ohne den Kaufpreis bekommen zu haben. Das Eigentumsrecht des Verkäufers erlischt erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung und geht auf den Käufer über.
Allerdings erhöht sich das Risiko für den Käufer, weil der Eigentümer (der Verkäufer) die Verfügungsgewalt über die Sache innehat, und es möglich wäre, dass der Verkäufer diese an einen Dritten weiterveräußern könnte. Gegen eine solche Verfügung könnte der Erstkäufer dingliche Ansprüche lediglich als Fremdbesitzer geltend machen, auch wenn er bereits den Kaufpreis teilweise beglichen hätte.
Das Anwartschaftsrecht hat sich entwickelt, um die Risikoverteilung nicht so einseitig werden zu lassen. Dieses ist gesetzlich nicht geregelt, aber allgemein anerkannt. Als wesentliches Minus zum Eigentum wird ein Anwartschaftsrecht betrachtet und sichert den künftigen Erwerb des Eigentums.
Mit Bedingungseintritt geht das Anwartschaftsrecht automatisch in das Eigentum über. Bis zu diesem Zeitpunkt ist es mit dem Gegenstand fest verbunden und geht auch nicht durch andere Verfügungen seitens des Verkäufers verloren.
Auch bei Zwischenverfügungen und zwischenzeitlicherVerschaffung des Eigentums an einen Dritten geht das Eigentum mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises auf den Erstkäufer über, vgl. § 161 Abs. 1 Satz 1 BGB. Gegebenenfalls sich ergebende Schadensansprüche könnten nach § 160 Abs. 1 BGB durchgesetzt werden.
Der Anwartschaftsrechtsinhaber kann zusätzlich Ansprüche aus dem Eigentumsrecht geltend machen und hat damit eine wesentlich stärkere Rechtsposition inne. Ebenfalls gilt das Anwartschaftsrecht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB.
Beispiel:
Die Huber GmbH liefert am 15. Februar Waren an den Kunden Meier und Müller OHG. Trotz Mahnungen gleicht der Kunde die Rechnung nicht aus. Die Huber GmbH kann die Waren allerdings zurückholen, wenn die Waren unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden.
Erweiterter Eigentumsvorbehalt
Bei einem erweiterten Eigentumsvorbehalt wird festgelegt, dass der Bedingungseintritt nicht nur mit Zahlung des Kaufpreises eintritt, sondern noch weitere Forderungen zu begleichen sind. Gegenüber Konsumenten läuft eine derartige Abrede Gefahr, gegen § 307 BGB zu verstoßen und wird deshalb hauptsächlich zwischen Geschäftsleuten vereinbart.
Beispiel:
Viktor verkauft und liefert an Klaus unter Eigentumsvorbehalt eine Schaufensterpuppe für sein Bekleidungsgeschäft. Die Woche zuvor wurden ihm schon andere Schaufensterdekorationsartikel geliefert.
Deshalb vereinbaren Viktor und Klaus, dass das Eigentum an der Schaufensterpuppe erst mit Begleichung jeglicher Forderungen, also des Kaufpreises der Schaufensterdekorationsartikel und des Kaufpreises der Schaufensterpuppe, übergehen soll.
Nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt
Ein nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt tritt auf, wenn der Käufer ein Eigentumsrecht an einem Kaufgegenstand nur unter der Bedingung des Eigentumsvorbehalts des Lieferanten erwirbt.
Wenn der Käufer jedoch den Eigentumsvorbehalt seines Lieferanten nicht offenlegt und den Kaufgegenstand selbst unter einem Eigentumsvorbehalt (unter Berufung auf sein vermeintliches Eigentum) an einen Dritten verkauft, spricht man von einem nachgeschalteten Eigentumsvorbehalt.
Beispiel:
Das Unternehmen Alpha GmbH verkauft Maschinen unter Eigentumsvorbehalt an die Beta GmbH. Das bedeutet, dass die Alpha GmbH das Eigentum an den Maschinen behält, bis die Beta GmbH den vollen Kaufpreis bezahlt hat.
Die Beta GmbH verkauft diese Produkte nun an die Charlie GmbH. Anstatt den Eigentumsvorbehalt offenzulegen, verkauft die Beta GmbH die Produkte an die Charlie GmbH unter Eigentumsvorbehalt. Die Beta GmbH behauptet gegenüber der Charlie GmbH, dass sie der rechtmäßige Eigentümer der Maschinen ist, obwohl sie sie noch nicht vollständig bezahlt hat und das Eigentum noch bei der Alpha GmbH liegt.
In diesem Fall hat die Beta GmbH einen nachgeschalteten Eigentumsvorbehalt gegenüber der Charlie GmbH. Das bedeutet, dass die Beta GmbH das Eigentum an den Maschinen nicht hat, aber vorgibt, es zu haben, um die Produkte an die Charlie GmbH zu verkaufen. Wenn die Beta GmbH den vollen Kaufpreis an die Alpha GmbH bezahlt, wird der Eigentumsvorbehalt aufgehoben und das Eigentum an den Maschinen geht vollständig an die Beta GmbH über.
Weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt
In der Praxis kommt ein weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt eher selten vor, da der Käufer als Zwischenhändler seinem Abnehmer offen legen muss, dass er an dem Gegenstand nur ein Anwartschaftsrecht hat und das Eigentum erst mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises verschaffen kann. Der Eigentumsvorbehalt wird auf den Endabnehmer weitergeleitet.
Bevor der Endabnehmer den Kaufpreis jetzt an den Zwischenhändler bezahlt und dieser dann wiederum an den Erstverkäufer, wird häufig vereinbart, dass der Endabnehmer den Kaufpreis unmittelbar an den Erstverkäufer zahlt. Die Kaufpreisschuld des Zwischenhändlers wird damit nach § 267 BGB getilgt und die des Endabnehmers nach §§ 362, 185 Abs. 1 BGB.
Beispiel:
Manfred liefert an Hans als Zwischenhändler mehrere Säcke Beton. Da die Zahlung ratenweise erfolgt, wird ein Eigentumsvorbehalt festgelegt. Unter Offenlegung des Eigentumsvorbehalts veräußert Hans diese Säcke jetzt weiter an Uwe.
Unabhängig davon, ob Uwe jetzt unmittelbar oder ratenweise zahlt, erlangt er sein Eigentum erst, wenn sowohl die gegen ihn und gegen Hans bestehende Kaufpreisforderung beglichen ist. Ratsam wäre also, wenn Uwe den Kaufpreis unmittelbar an Manfred zahlt.
Verlängerter Eigentumsvorbehalt
Durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt wird der Fall geregelt, dass der Vorbehaltskäufer nicht Endverbraucher, sondern Zwischenhändler ist. Einem Zwischenhändler ist es im Allgemeinen nicht zuzumuten, die Ware zunächst vollständig abzubezahlen, bevor eine Weiterveräußerung infrage kommt. Trotzdem ist es für ihn wichtig, seinem Abnehmer Eigentum verschaffen zu können.
Deshalb wird häufig neben dem einfachenEigentumsvorbehalt die Erlaubnis zur Weiterveräußerung nach § 185 Abs. 1 BGB seitens des Verkäufers erteilt und damit einhergehend die Abtretung zukünftiger Kaufpreisforderungen nach § 398 BGB. Die ursprüngliche Sicherheit geht wegen des Eigentumsverlustes durch die Weiterveräußerung verloren und wird aber mit der Abtretung der Kaufpreisforderung wieder erlangt.
Bei einem drohenden Eigentumsverlust durch Verarbeitung nach § 950 BGB wird eine Verarbeitungsklausel vereinbart, wonach der Verkäufer Eigentümer des neu hergestellten Gegenstandes wird.
Beispiel:
Manfred liefert an Hans als Zwischenhändler mehrere Säcke Beton. Da die Zahlung ratenweise erfolgt, wird ein Eigentumsvorbehalt einschließlich Weiterveräußerungsklausel und Verarbeitungsklausel geschlossen.
Hans verkauft diese Säcke nun weiter an Uwe, welcher unmittelbar bezahlt. Da Hans im Wege der Klauseln nach § 185 Abs. 1 BGB dazu berechtigt wurde über das Eigentum zu verfügen, konnte Uwe wirksam Eigentümer werden. Den Kaufpreis muss Hans unmittelbar an Manfred weiterleiten, da sich dieser die Kaufpreisforderung abtreten lässt.
Rückabwicklung des Eigentumsvorbehaltes
Nach § 449 Abs. 2 BGB besteht die Möglichkeit, sich vom Eigentumsvorbehalt nachträglich zu lösen. Dafür ist aber notwendig, dass der Verkäufervom Vertrag zurückgetreten ist. Somit muss neben einer Rücktrittserklärung nach § 349 BGB auch ein Rücktrittsgrund vorliegen.
Dieser kann zwischen den Parteien vertraglich vereinbart werden oder sich aus dem Gesetz ergeben. Nach dem Rücktritt erhält der Verkäufer gegenüber dem Käufer einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB und aus § 346 Abs. 1 BGB, der notfalls auch gerichtlich geltend gemacht werden kann. Zusätzlich hätte der Käufer bei Nichtherausgabe des Gegenstandes oder bei einer verzögerten Herausgabe einen Schadensersatzanspruch aus den §§ 280 ff. BGB.
Das Wichtigste zum Eigentumsvorbehalt in Kürze
Laut Definition bedeutet Eigentumsvorbehalt, dass der Verkäufer eines beweglichen Gegenstandes bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises Eigentümer bleibt. Dabei handelt es sich um eine entsprechende vertragliche Vereinbarung.
Der Eigentumsvorbehalt sichert den Verkäufer für die Möglichkeit ab, dass der Käufer seine Schulden nicht ausgleicht. In diesem Fall hat der Verkäufer ein vertragliches Rücktrittsrecht und sein Eigentum, also den verkauften Gegenstand, zurückverlangen.
Wenn der Käufer vorher die Kaufsache weiter veräußert, ohne sie vollständig zu bezahlen, besteht die Gefahr, dass der erste Verkäufer sein Eigentum verliert, weil der zweite Verkäufer gutgläubigEigentum daran erwirbt. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt bietet sich in diesem Fall zur Absicherung an.
Aufgaben
Welchen Anspruch kann ein Verkäufer gegenüber dem Käufer geltend machen, wenn zwischen den beiden Parteien ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde?
Wodurch unterscheidet sich der erweiterte Eigentumsvorbehalt vom einfachen Eigentumsvorbehalt?
Gemäß § 985 BGB kann der Verkäufer die Herausgabe des Gegenstandes verlangen.
Beim erweiterten Eigentumsvorbehalt kann der Verkäufer neben der Kaufpreiszahlung noch weitere Forderungen an den Käufer stellen.
Übungsfragen
#1. Welche Art des Eigentumsvorbehalts gibt es nicht?
#2. Wann tritt bei einem einfachen Eigentumsvorbehalt der Eigentumswechsel in Kraft?
#3. Was liegt vor, wenn der Käufer einer Ware diese weiterverkauft und die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts beim ersten Kauf nicht offenlegt?
#4. Bei welcher Art des Eigentumsvorbehalts kann der Verkäufer die Herausgabe eines Produkts verlangen, welches durch die Verarbeitung der verkauften Sache entstanden ist?
#5. Was darf der Verkäufer bei einem erweiterten Eigentumsvorbehalts nicht tun?
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