Was ist der Zusammenhang zwischen Kernkompetenzen und Wettbewerbsvorteilen?
Diese interne Sicht der Dinge und die marktorientierte Sichtweise früherer Strategieansätze müssen sich in der Praxis nicht unbedingt widersprechen. Sie können sich auch ergänzen. Die Kernkompetenzen können unter dieser integrierenden Sichtweise als Katalysatoren (Beschleuniger) dienen, die es dem Unternehmen erlauben, unter vermindertem Zeit- und Kostenaufwand eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.
Die Kernkompetenzen nehmen dabei eine dynamische Rolle ein. Sie helfen dem Unternehmen, Vermögenswerte (Assets) aufzubauen. Diese Assets können ihrerseits die kosten- oder nutzenorientierten Wettbewerbsvorteile (Cost Drivers, Differentiation Drivers) stärken und das Unternehmen befähigen, die sich verändernden Marktbedürfnisse frühzeitig abzudecken bzw. in neue Marktsegmente zu expandieren.
Das Konzept der Kernkompetenzen hebt die strategische Lenkung für Kernkompetenzen und Kernprodukte von den SGEs auf die Ebene des Gesamtunternehmens (Unternehmensstrategie, Corporate Strategy). Das Gesamtunternehmen muss als eine Hierarchie von Kernkompetenzen, Kernprodukten und marktorientierten Geschäftseinheiten betrachtet werden.
Die Kernkompetenzen sind gleichsam die „Wurzeln des Systems“. Sie führen zu Kernprodukten, die ihrerseits in die strategischen Geschäftseinheiten münden. Diese wiederum stellen Endprodukte her und bringen sie an die Abnehmer.
Beispiel:
Vor einigen Jahren war Honda noch ein Unternehmen, das Motoren für Kleinmotorräder und Rasenmäher baute. Heute ist Honda in einer Vielzahl von Geschäften äußerst erfolgreich. Die Kernkompetenz beruht zum einen in der Entwicklung und Fertigung von Motoren, durch die das Unternehmen Wettbewerbsvorteile in den Bereichen Automobile, Motorräder, Rasenmäher und Generatoren erarbeiten konnte.
In der Folge sind die Motoren von Honda längst zu einem Kernprodukt geworden. Während andere Autohersteller Motoren teilweise fremdfertigen ließen, war dies bei Honda aus dem erwähnten Grund undenkbar. Im Gegenteil trachtet Honda danach, in dieser Kernkompetenz weltweit eine starke Stellung zu haben (eben auch durch Fertigung im Kundenauftrag).
Aber allein durch überlegene Motoren hätte Honda nie die heute besetzte Stellung erarbeiten können. Dafür bedurfte es vielmehr weiterer Kernfähigkeiten, nämlich der Überlegenheit im Management der Vertragshändler, die Honda – ausgehend von der Motorradbranche – in andere Bereiche übertragen (multipliziert) hat.
Außerdem sind Hondas außergewöhnliche Fähigkeiten bei der Produktrealisierung ein zentraler Erfolgsfaktor, der Honda befähigt, in sehr kurzen Zyklen neue Modelle zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.
Das Konzept der Kernkompetenz beinhaltet das Verhalten des gesamten Unternehmens bzw. seiner Mitarbeiter. Kernkompetenzen aufzubauen, erfordert Kommunikation zwischen den einzelnen SGEs und deren Einbindung in das Gesamtunternehmen: Management und Mitarbeiter sind verpflichtet, über die organisatorischen Grenzen hinaus zu denken und mitzuarbeiten.