Was ist Modularisierung?

Bei der Modularisierung geht es darum, ein Gesamtsystem (z. B. Kraftfahrzeug) in Untersysteme zu gliedern, die als ganzheitliche Leistungsumfänge angesehen und damit als eigenständige Entwicklungs- oder Fertigungseinheiten betrachtet werden können.

Dies spielt bei dem Konzept des Simultaneous Engineering eine besondere Rolle. Das Ziel des Simultaneous Engineering ist es, die Entwicklung der einzelnen Module zu parallelisieren und möglicherweise auch die gesamte Entwicklungsverantwortung für ein Modul auf externe Entwicklungsdienstleister oder Lieferanten zu übertragen.

Während bei einem Baukastensystem eher eine synthetische Sichtweise vorherrscht, da die Frage nach den Möglichkeiten zur Kombination von Bauteilen zu einem Gesamtsystem im Vordergrund steht, spricht man in analytischer Sicht oft von Modularisierung.

Wie funktioniert Modularisierung bei der Beschaffung?

Bei der modularen Beschaffung (englisch: modular sourcing) geht es darum, komplette Funktionsbaugruppen (Module) von einem Modullieferanten zu beschaffen, der die Gesamtverantwortung für die Entwicklung und Fertigung des Moduls bis hin zum Einbau in das Endprodukt sowie für die Auswahl und das Management der Unterlieferanten und natürlich für die Funktionsfähigkeit des gelieferten Moduls übernimmt.

Dies ist gegenüber der Beschaffung von Einzelteilen und deren Montage durch den Endprodukthersteller deutlich günstiger, da die Zahl der Lieferantenbeziehungen und der Prüfaufwand im Rahmen des Qualitätsmanagements abnehmen.

Gibt es Kostenvorteile durch Modularisierung?

Zusätzliche Kostenvorteile können mit der Beschaffung von Standardmodulen erzielt werden, wenn die Module so gebildet werden, dass sie in großen Stückzahlen von leistungsfähigen Lieferanten geliefert werden können.

Hierbei wird deutlich, dass die Abgrenzung einer Moduleinheit sich keineswegs von selbst ergibt, sondern neben der funktionalen Abgrenzung eine Vielzahl weiterer Aspekte Berücksichtigung finden müssen: die technischen Möglichkeiten potenzieller Lieferanten, die von einem Modul voraussichtlich benötigten Stückzahlen, die Zahl benötigter Varianten, Transport- und Lagerkosten in der Beschaffung, Möglichkeiten der Funktionsprüfung.

Modularisierung DefinitionInsbesondere die Zahl möglicher Varianten kann von herausragender Bedeutung sein. Diese kann durch eine geschickte Hierarchisierung der Baugruppen begrenzt werden, indem eine kundenbezogene Differenzierung erst auf einer möglichst hohen Hierarchiestufe erfolgt und diese Varianten weitestgehend aus Standardbaugruppen und -teilen montiert werden.

Beispiel:

In der Automobilindustrie werden bei den Konzepten des Modular Sourcing und des Modular Assembly den Lieferanten neuerdings nicht nur die Entwicklung und Fertigung kompletter Module übertragen, sondern auch der Einbau in der Endmontage des Automobilherstellers.

Dieses sogenannte Modular-Konsortium-Verfahren wurde 1996 erstmals von VW im Werk Resende in Brasilien eingeführt, wo jährlich ca. 30.000 Busse und LKWs nach diesem Konzept gefertigt werden. Aufgaben, die hierbei noch beim Automobilhersteller verbleiben, umfassen die Architektur des Gesamtproduktes und des Fertigungsprozesses sowie Schnittstellendefinition und die Lenkung des Gesamtprozesses.

Funktioniert Modularisierung als Prozess der Endmontage?

Die Modularisierung richtet sich nicht nur auf das Endprodukt, sondern auch auf den Prozess der Endmontage: Fertig vormontierte Module werden von LIeferantenteams in eigener Verantwortung verbaut.

Der Prozessteilschritt ist damit gleichfalls als eine isolierbare und standardisierbare modulare Einheit zu begreifen (modular assembly).

Beispiel:

In einigen Fällen überträgt die Automobilindustrie die Lackierung der Rohkarossen sogenannten Betreibergesellschaften, die diese Aufgabe eigenverantwortlich durchführen und pauschal für die einwandfrei lackierten Karossen entgolten werden.

An einer solchen Betreibergesellschaft sind der Lieferant der Lackieranlage, der Farbenlieferant sowie der Automobilhersteller beteiligt. Der Lackierprozess wird somit als isoliertes Prozessmodul behandelt und die Verantwortung hierfür in der Betreibergesellschaft dezentralisiert zusammengefasst.

Wie wird Modularisierung weiterentwickelt?

Eine Weiterentwicklung der Modularisierung ist die Plattformstrategie einiger Automobilhersteller, bei der zentrale Module (z. B. Chassis, Antriebsstränge, Achsen) über verschiedene Fahrzeugmarken in der Regel eines Automobilkonzerns hinweg vereinheitlicht werden.

Charakterisierend für eine Plattform ist insbesondere, dass nicht nur einzelne Module, sondern auch Kombinationen zentraler Module über eine Plattform hinweg vereinheitlicht werden. Da die genannten Module etwa 60 % der Kosten eines Fahrzeugs ausmachen, sind die Einsparpotenziale entsprechend groß.

Beispiel:

Im VW-Konzern basieren der Golf V, der Audi A3 sowie Modelle von Seat und Skoda auf einer identischen Plattform.

Kritisch ist aber anzumerken, dass die Identität einer Marke im Markt verloren gehen könnte, wenn sich Produkte nur noch in ihrem äußeren Design oder nachrangigen Ausstattungsmerkmalen unterscheiden.

Der Schritt zu einem sogenannten Badge Engineering, bei dem nahezu identische Produkten verschiedener Marken und Hersteller nur unterschiedliche Plaketten angeheftet werden, ist dann nicht mehr groß. Außer bei Straßenfahrzeugen ist diese Vorgehensweise vor allem bei Haushaltsgeräten anzutreffen.

Das Wichtigste zur Modularisierung in Kürze

Bei der Modularisierung wird ein Gesamtsystem in Untersysteme gegliedert, die als ganzheitliche Leistungsumfänge angesehen und als eigenständige Entwicklungs- oder Fertigungseinheiten betrachtet werden können.

Bei der modularen Beschaffung geht es um die Beschaffung kompletter Funktionsbaugruppen von einem Modullieferanten, der die Gesamtverantwortung für die Entwicklung und Fertigung des Moduls bis hin zum Einbau in das Endprodukt sowie für die Auswahl und das Management der Unterlieferanten und natürlich für die Funktionsfähigkeit des gelieferten Moduls übernimmt.

Bei der Plattformstrategie einiger Automobilhersteller werden zentrale Module oder deren Kombination über verschiedene Fahrzeugmarken hinweg vereinheitlicht.

Aufgaben

  1. Welche Zwecke verfolgt man in der Produktentwicklung durch Modularisierung?

Die Modularisierung zergliedert ein komplexes Gesamtprodukt in weniger komplexe Teileinheiten. Hierdurch wird eine unabhängige, dezentrale und parallele Entwicklung und Produktion dieser Module möglich. Zudem können wenige Modulvarianten zu einer sehr großen Zahl von Endproduktvarianten kombiniert werden, wodurch eine kostengünstige Serienproduktion von Standardmodulen mit einer großen Variantenvielfalt im Endproduktbereich vereinbar wird.

Literaturhinweise

  1. Piller, F. T./Woringer, D. (1999): Modularisierung in der Automobilindustrie – neue Formen und Prinzipien: Modular Sourcing, Plattformkonzept und Fertigungssegmentierung als Mittel des Komplexitätsmanagements, Shaker Verlag, Düren 1999.