Was ist die Wertanalyse?

Nach der Definition des Deutschen Instituts für Normung ist die Wertanalyse ein System zum Lösen komplexer Systeme, die nicht oder nicht vollständig algorithmierbar sind. Sie beinhaltet das Zusammenwirken der Systemelemente Methode, Verhaltensweisen, Management bei deren gleichzeitiger Beeinflussung mit dem Ziel einer Optimierung der Ergebnisse.

Die Wertanalyse ist die systematische Analyse der Teilfunktionen eines Untersuchungsobjektes (Produkt, Material, Prozess) mit dem Ziel, die Notwendigkeit der einzelnen Funktionen und ihre jeweiligen Nutzerbeiträge festzustellen. Im Anschluss daran kann über die sinnvolle Kombination von Teilfunktionen entschieden werden.

Wertanalyse BeispielDie Wertanalyse untersucht die Produktfunktionen aus der Kundenperspektive. Ein Produkt ist demnach dadurch gekennzeichnet, dass es bestimmte Funktionen erfüllt, die der Kunde als natürlich ansieht. Sie hat zwei grundlegende Aufgaben zu erfüllen: Auffinden von Bereichen, die einer Rationalisierung bedürfen, und Vorbereitung von Entscheidungen zur Rationalisierung durch das Erarbeiten von Entscheidungsunterlagen und -alternativen.

Beispiel:

Mobiltelefone verfügen über eine Reihe von Funktionen, die über das reine Telefonieren hinausgehen, z. B. die Übermittlung von SMS oder eine integrierte Kamera. Die Wertanalyse stellt nun die Frage, welchen Nutzen ein Kunde den verschiedenen Funktionen des Telefons beimisst und wie viel er bereit ist, dafür mehr zu bezahlen.

Was sind Erfolgsfaktoren der Wertanalyse?

Der Erfolg der Wertanalyse hängt zwingend von den direkt oder indirekt am Prozess Beteiligten ab, die in einem extra für die Analyse zusammengesetzten interdisziplinären Team die folgenden zur Durchführung erforderlichen Grundschritte beherrschen müssen: Vorbereitende Maßnahmen, Charakterisierung des Ist-Zustandes, Überprüfung des Ist-Zustandes, Aufzeigen von potenziellen Verbesserungen, Prüfung und Bewertung der Problemlösungen.

Die Teamarbeit ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der Wertanalyse. Insbesondere bei der früher vorherrschenden funktionalen Arbeitsteilung war die Kommunikation zwischen Fachleuten unterschiedlicher Unternehmensfunktion unzureichend entwickelt. In dieser Situation bietet ein Wertanalyse-Projekt eine Gelegenheit zur Abstimmung der unterschiedlichen Problemsichten und zur Bündelung der im Team vorhandenen Erfahrungen und Kompetenzen.

Was sind die Ziele der Wertanalyse?

Eine Wertanalyse kann unterschiedliche Ziele verfolgen:

  • Abbau von Funktionen, die der Kunde nicht als so nützlich ansieht, dass er ihre Kosten über den Preis bezahlen will;
  • Kostenreduzierung bei Fortführung der angebotenen Funktionalität;
  • Funktionelle Aufwertung des Produkts bei Konstanz der Kosten oder gleichzeitiger Kostensenkung;
  • Funktionelle Aufwertung, bei der der bezahlte Kundennutzen stärker steigt als die hierfür zusätzlich entstehenden Kosten.

Diese Funktionsanalyse dient nicht allein dem besseren Verständnis des Produktes und der Kundenanforderungen, sondern auch der Abstraktion von einem konkret vorliegenden Produktkonzept. Dadurch wird die kreative Entwicklung neuer Lösungsideen ermöglicht. Dafür werden heuristische Techniken zur Förderung der Kreativität eingesetzt, wie z. B. das Brainstorming.

Was sind Merkmale der Wertanalyse?

Das Verfahren der Wertanalyse weist folgende Merkmale auf:

  • funktionsorientierte Betrachtungsweise mit dem Ziel der Kosteneinsparung: Dabei wird zwischen Haupt-, Hilfs- und irrelevanten Aufgaben differenziert;
  • organisierte Teamarbeit;
  • Anwendung von Kreativtechniken zur Ideenfindung;
  • systematisches Vorgehen nach einem Arbeitsplan.

Wie erfolgt der Ablauf der Wertanalyse?

Der Ablauf einer Wertanalyse umfasst sechs verschiedene Grundschritte:

Grundschritt 1: Vorbereitende Maßnahmen

  • Auswahl des Untersuchungsobjektes (gegebenenfalls mittels ABC-Analyse);
  • Bildung einer Arbeitsgruppe;
  • Planung des zeitlichen Ablaufs der Untersuchung.

Grundschritt 2: Ermittlung des Ist-Zustandes

  • Beschreibung des Wertanalyse-Objektes;
  • Feststellung der Aufgaben und Ermittlung der funktionsbedingten Eigenschaften;
  • Kostenermittlung.

Grundschritt 3: Kritik des Ist-Zustandes

  • Kritik der Funktionserfüllung;
  • Kritik der Kosten.

Grundschritt 4: Ermittlung von Alternativen

  • systematische Suche nach allen vorstellbaren Alternativen.

Grundschritt 5: Prüfen und Bewerten der Alternativen

  • technische Prüfung;
  • wirtschaftliche Prüfung.

Grundschritt 6: Auswahl und Verwirklichung einer Lösung

  • Entscheidung;
  • Verwirklichung.

In einem Wertanalyseteam sollen alle Bereiche, die von einem Untersuchungsobjekt tangiert werden, Berücksichtigung finden. Dadurch werden Ressortegoismen vermieden, kreative Potenziale freigesetzt und die Voraussetzung für die Akzeptanz und Verwirklichung von Problemlösungen geschaffen. Um das technische Spezialwissen von Zulieferbetrieben zu nutzen, können zudem auch Lieferanten in den Wertanalyseprozess eingebunden werden.

Was sind Einsatzgebiete der Wertanalyse?

Bei der Anwendung der Wertanalyse an einem bestehenden Objekt spricht man von Wertverbesserung (Value Analysis); bei der Anwendung im Rahmen des Ideenfindungsprozesses nennt man sie Werterneuerung (Value Innovation). Wenn die Wertanalyse in der Entstehungsphase eines Objektes bzw. Produktes eingesetzt wird, nennt sie sich Wertgestaltung (Value Engineering, Innovationsmanagement) und bei der Verwirklichung von Lösungsvorschlägen, deren Denkstrukturen wertanalytischen Ursprungs sind, handelt es sich um eine Wertrealisierung (Value Controlling).

Während sich das ursprüngliche Einsatzgebiet der Wertanalyse auf materielle Objekte beschränkte, wird sie mittlerweile ebenso zur Optimierung von Geschäftsprozessen, zur Gestaltung von Dienstleistungen und Verwaltungsabläufen oder allgemein zur Senkung der Gemeinkosten in Unternehmen eingesetzt.

Die somit anwendungsneutrale Wertanalyse dient zur Lösung sowohl strategischer als auch operativer Probleme, wobei bei strategischen Problemstellungen (Produktentwicklung, Produktpolitik) eine besondere Organisation des Wertanalyseprozesses erforderlich wird.

Das Wichtigste zur Wertanalyse in Kürze

Die Wertanalyse ist ein Instrument der produktbezogenen Kosten- und Nutzenoptimierung. Ausgehend von einer Analyse der Funktionen, die ein Produkt dem Kunden bereitstellt, werden diese Funktionen aus der Sicht des Kunden bewertet und dann die Kosten für ihre Herstellung bestimmt.

Das Ziel ist es, den Entwurf so abzuändern, dass überflüssige oder gering bewertete Funktionen eliminiert und gewünschte Funktionalitäten kostengünstiger realisiert werden. Ein zentrales Element dieser Methodik ist eine kreative Phase, in der das multifunktional zusammengesetzte Wertanalyse-Team nach möglichst vielen technischen Möglichkeiten sucht, die geforderten Funktionen darzustellen. In einem weiteren Schritt werden die gefundenen Alternativen bewertet und die beste ausgewählt.

Aufgaben

  1. Welche Bedeutung hat die Funktion in der Wertanalyse?

Die Funktionsbetrachtung abstrahiert von dem zu verbessernden Ausgangsentwurf und macht damit den Geist frei für kreative alternative Lösungen. Weiterhin ist die Funktion die Betrachtungsebene der Kosten-Nutzen-Analyse. Die Bewertung einer Funktionalität durch den Kunden (= Zahlungsbereitschaft) wird den für die Realisierung dieser Funktionalität entstehenden Aufwendungen positionsweise gegenübergestellt. Vom Kunden unzureichend honorierte Funktionen können so erkannt und eliminiert oder kostengünstiger realisiert werden.

Literaturhinweise

  1. Korte, Rolf-Jürgen (1977): Verfahren der Wertanalyse, betriebswirtschaftliche Grundlagen zum Ablauf wertanalytischer Entscheidungsprozesse, Berlin 1977.