Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (kurz: GoB) sind Regeln für Buchführung und Bilanzierung im Rahmen des Jahresabschlusses, an die sich jeder Kaufmann zu halten hat. In der Praxis dienen die GoB in erster Linie dazu die externen Stakeholdereines Unternehmens vor falschen Daten und Informationen und dementsprechend möglichen Verlusten zu schützen. Obendrein helfen die GoB dabei die gesetzlichen Regelungen aus dem HGB für den einzelnen Sachverhalt zu ergänzen oder zu konkretisieren. Die GoB sollen auch dazu genutzt werden mögliche Gesetzeslücken zu füllen und komplett neue Bilanzierungsprobleme zu lösen.
Die Entstehung der GoB lässt sich größtenteils auf Erfahrungen aus der Praxis, bestimmte Rechtssprechungen und zahlreiche Empfehlungen von Wirtschaftsverbänden zurückführen. Obwohl die GoB nicht zentral in einem Paragraphen des Gesetzbuches niedergeschrieben sind, sind sie verstreut im HGB verankert. Laut § 238 Abs. 1 HGB sind alle Kaufmänner verpflichtet sich an die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu halten. Die GoB gelten unabhängig von der Rechtsform, der Größe und der Branche eines Unternehmens.
Neben den im HGB verankerten GoB gibt es auch zahlreiche nicht gesetzlich geregelte bzw. ungeschriebene Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, die für Kaufleute ebenso verpflichtend sind.
Grundsatz der Ansatz - und Bewertungsstetigkeit (§§ 246 Abs. 3, 252 Abs. 1 (6) HGB)
Grundsatz der Pagatorik (§ 252 Abs. 1 (5) HGB)
Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 (4) HGB)
Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit (§ 239 Abs. 2 HGB)
Grundsatz der Erheblichkeit (§ 265 Abs. 7 (1) HGB)
Stichtagsprinzip (§ 252 Abs. 1 (3) & (4) HGB)
Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 (4) HGB)
Grundsatz der Nachprüfbarkeit (§ 239 Abs. 3 HGB)
Grundsatz der zeitgerechten Aufstellung des Jahresabschlusses (§ 243 Abs. 3 HGB)
Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 (4) HGB)
Beispiele zur Anwendung der GoB
Obwohl die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auf die wir uns in den Beispielen beziehen im HGB verankert sind (und dementsprechend einfach nachgelesen werden können), ist wie wir finden häufig nicht eindeutig wie diese in der Praxis tatsächlich angewendet werden. Deshalb haben wir für euch noch ein paar Fälle zusammengestellt, anhand derer die Anwendung hoffentlich deutlich wird.
Beispiel 1:
Jochen ist für die Buchführung der Autowerkstatt GmbH zuständig. Stichtag der Firma ist der 31.12.2017. Am 4.1.2018 geht ein Wagenheber der Firma bei einem Arbeitsunfall kaputt. Jochen hat die Bilanz zum 31.12.2017 noch nicht aufgestellt. Da der Wagenheber nun kaputt ist, möchte Jochen diesen nun auch nicht mehr in die Bilanz aufnehmen.
Wie ist in dieser Situation gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu verfahren?
Gemäß dem Stichtagsprinzip (§ 252 Abs. 1 (3) & (4) HGB) und dem Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 (4) HGB) muss der Wagenheber mit vollem Wert in der Bilanz zum 31.12.2017 aufgenommen werden, da der Unfall sich erst im neuen Jahr ereignet hat.
In § 252 Abs. 1 (4) HGB heißt es: „Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind.“
Es handelt sich hierbei um ein wertbeeinflussendes Ereignis. Dementsprechend ist das Ansetzen in der Bilanz verboten.
Beispiel 2:
Nun stellen wir uns vor, dass der Wagenheber der Autowerkstatt GmbH aus Beispiel 1 bereits am 28.12.2017 durch einen Unfall kaputt geht.
Wie ist hier gemäß den GoB zu verfahren?
Gemäß dem Grundsatz der Vollständigkeit (§§ 239 Abs. 2, 246 Abs. 1 HGB) und dem Stichtagsprinzip (§ 252 Abs. 1 (3) & (4) HGB) muss der Wagenheber außerplanmäßig abgeschrieben, da er der Jochens Firma am Abschlussstichtag nicht mehr zur Verfügung steht.
In § 246 Abs. 1 HGB heißt es: „Der Jahresabschluss hat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.“
Es handelt sich hierbei um ein wertaufhellendes Ereignis. Dementsprechend ist das Ansetzen in der Bilanz verpflichtend.
Beispiel 3:
Jochen bezahlt eine Rechnung für Rohstoffe, die die Autowerkstatt GmbH im Dezember 2017 erhalten und verwertet hat, erst am 12.01.2018. Dementsprechend möchte er die Rohstoffe nicht im Jahr 2017, sondern erst 2018 als Aufwendungen erfassen.
Ist dies gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung möglich?
Nein. Gemäß dem Grundsatz der Vollständigkeit (§§ 239 Abs. 2, 246 Abs. 1 HGB) und dem Grundsatz der Pagatorik (§ 252 Abs. 1 (5) HGB) müssen die Rohstoffe als Aufwendungen im Jahr 2017 erfasst werden. Die Rohstoffe gehören zu Leistungen, die 2017 erbracht wurden. Dementsprechend müssen sie auch 2017 erfasst werden, unabhängig davon, dass sie erst am 12.01.2018 bezahlt wurden.
In § 252 Abs. 1 (5) HGB heißt es: „Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen.„
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