Wie wird der Begriff Handelsfunktionen gesamtwirtschaftlich interpretiert?
In einer arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung laufen Produktions-, Verbrauchs- und Verwertungsprozesse von Waren aus naturbedingten technologischen, sozialen und ökonomischen Gründen nach unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten ab. Ebenso vielgestaltig ist der Ablauf von Geldprozessen, sei es als Entgelt für erworbene Waren bzw. Rechte oder in Anspruch genommene Dienstleistungen, sei es der Einzug von Steuern oder Gebühren, letztere etwa für die Abfallverwertung.
Bei der Abwicklung dieser Real- und Nominalgüterprozesse fallen Daten an, die als Informationen zur Steuerung des gesamtwirtschaftlichen Distributionsprozesses dienen. Zwischen Produktion-Verbrauch-Verwertung bestehen räumliche, zeitliche, quantitative und qualitative Spannungen , die sich auf alle drei Elemente der Distributionswirtschaft beziehen: Die Handelsobjekte (Waren, Dienstleistungen, Rechte sowie Abfall), die Entgeltobjekte (Zahlungsmittel) sowie Zahlungsansprüche und -verbindlichkeiten, Steuern, Gebühren) sowie die Daten/Informationen.
Der Ausgleich dieser Spannungen ist Aufgabe der gesamtwirtschaftlichen Distribution. Umschrieben wird sie mit der sog. Urfunktion der Distributionswirtschaft, der in jeder Wirtschaft zu erfüllenden Ausrichtungs- oder Umgruppierungsfunktion. Der Spannungsausgleich wird bewirkt, indem einerseits das oft nach produktionstechnischen Gesichtspunkten konzipierte Produktangebot bedarfs- und verwertungsgerechter und andererseits die nach Situationen, Personen bzw. Institutionen höchst differenzierte Nachfrage produktions-, distributions- und ebenso verwertungsgerechter ausgerichtet wird.
Handelsfunktionen in gesamtwirtschaftlicher Interpretation, hier als Distributionsfunktionen bezeichnet, werden in einer arbeitsteiligen Wirtschaft ganz oder teilweise von allen Beteiligten übernommen: den Erzeugern bzw. Produzenten, den Verwendern bzw. Verbrauchern, den Verwertern – das sind alle Unternehmen der Abfallwirtschaft einschließlich staatlicher, kommunaler Stellen – sowie schließlich sämtliche Organisationen der Absatzwirtschaft, z. B. Groß- und Einzelhandelsbetrieben, Im- und Exporteuren, Lagerhaltern, Spediteuren, Reedern etc..
Sie alle betreiben in einer arbeitsteiligen Wirtschaft Handel im funktionellen Sinn. Wer welche Funktionen und mit welcher Intensität übernimmt, ist aus marktwirtschaftlich ökonomischer Sicht Ergebnis eines gesamtwirtschaftlichen Ökonomisierungsprozesses, d. h. derjenige wird langfristig einzelne Aufgaben übernehmen, der die höchste Ausrichtungsleistung zu den geringstmöglichen Kosten zu erbringen vermag. Die dadurch bewirkte Ökonomisierung der Distribution ist eine zentrale Voraussetzung für die optimale Versorgung einer Volkswirtschaft mit Gütern. Außerdem sichert ein leistungsfähiges Distributionssystem die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Vom Prinzip gesamtwirtschaftlicher Ökonomisierung abweichende Funktionsaufteilungen können dann auftreten, wenn z. B. marktmächtige Glieder der Distributionskette kostenintensive Funktionen auf schwächere Marktpartner abwälzen oder aufgrund ordnungspolitischer Vorstellungen die Wahrnehmung einzelner Funktionen bestimmten oft staatlichen Organen zugewiesen wird bzw. vorbehalten bleibt.
Dass diese Ausrichtungsfunktion über den rein physischen Warentransport weit hinausgeht, illustrieren die Just-in-Time-Lieferungen oder die Übertragung von Teil-Funktionen aus dem Prozess der Abfallverwertung an den Konsumenten aber auch den Produzenten beispielsweise von Verpackungen sowie die Einführung von electronic cash.