Was ist Informationsmanagement?

Das Informationsmanagement hat die Aufgabe, die Unternehmensstrukturen, die Informationstechnik sowie die Kommunikations-, Daten- und Anwendungsarchitektur länderübergreifend abzustimmen, um eine effiziente Aufgabenerfüllung zu gewährleisten.

Der Träger dieser Umgestaltung ist das Top-Management der Muttergesellschaft. Die Umgestaltung ist ein starker Eingriff in die Selbständigkeit der Tochtergesellschaften.

Was sind Problembereiche des Informationsmanagement?

Ein Unternehmen trifft bei seinen Auslandsaktivitäten auf vielfältige Probleme, die länderspezifische Beachtung finden müssen. Diese Probleme muss das Informationsmanagement durch Kommunikationstechnologien lösen.

Jedes multinationale Unternehmen muss dabei die folgenden Faktoren beachten (vgl. Schwarzer, Informations-Management, 1994, S. 125):

Unterschiede zwischen Ländern

  • soziopolitische Faktoren
  • Sprache und Schrift
  • örtliche Behinderungen und Beschränkungen
  • wirtschaftliche Situation des Landes
  • nationale Infrastruktur (Transport/Kommunikation)
  • kulturelle Unterschiede

Nationale Bedingungen der Informationstechnologie

  • Verfügbarkeit von Fachkräften und Spezialisten
  • Preis und Qualität der Telekommunikationsversorgung
  • nationale Strategie der Regierungen in Bezug auf die Informationstechnologie
  • Größe des lokalen Marktes
  • Kontrollen und Beschränkungen des Datenexports
  • allgemeines Entwicklungsniveau der Informationsverarbeitung

Gesamtunternehmensspezifische Faktoren

  • Tätigkeitsfeld des Unternehmens
  • Größe des Unternehmens
  • geografische Streuung

Tochtergesellschaftsspezifische Faktoren

  • Informationsabhängigkeit der Tochtergesellschaft
  • Größe der Tochtergesellschaft
  • Bedeutung der Tochtergesellschaft
  • technologische Reife der Tochtergesellschaft

Damit die internationale Kommunikationsstrategie einen wirklichen Wettbewerbsvorteil schaffen kann, muss sie an die Ressourcen und Bedingungen im eigenen Unternehmen und an die internationalen und länderspezifischen Bedingungen angepasst werden.

InformationsmanagementMeist ist eine länderspezifische Anpassung der Kommunikationsstrategie notwendig, da gravierende Unterschiede zwischen den Ländern oft eine völlig standardisierte, globale Strategie verhindern. Möglich ist auch, die Informationsstrategie in Teilstrategien zu zerlegen und manche Teilstrategien zu standardisieren, andere anzupassen.

Wie viel Anpassung notwendig und wie viel Standardisierung möglich ist, hängt auch davon ab, ob ein international tätiges Unternehmen ethno-, poly-, geo- oder regiozentrisch ausgerichtet ist.

Ethnozentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur

In einer ethnozentrisch orientierten Kommunikations- und Koordinationsstruktur bestehen jeweils nur bilaterale (zweiseitige) Verbindungen zwischen der Muttergesellschaft und den ausländischen Niederlassungen oder Tochterunternehmen.

Das Mutterunternehmen spielt die dominierende Rolle. Durch diese oft einseitige Koordination durch das Mutterunternehmen wird zwar die interne Kommunikation beschleunigt, es kommt jedoch oft zur Vernachlässigung lokaler Bedingungen.

Polyzentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur

Auch bei der polyzentrisch orientierten Kommunikations- und Koordinationsstruktur erfolgt die Koordination und Kommunikation weitgehend bilateral. Wichtige Kompetenzen und Aktivitäten in diesem Bereich werden aber auf die Tochtergesellschaften verlagert.

Die einzelnen Tochtergesellschaften können so besser auf die jeweiligen lokalen Bedingungen eingehen. Die Abstimmung mit Mutter- und Schwestergesellschaften ist jedoch erschwert. Eine standardisierte Informationsstrategie ist kaum möglich.

Geozentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur

Besonders in größeren multinationalen Unternehmen wird die geozentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur verwirklicht. Die Verbindungen der einzelnen Gesellschaften sind multilateral. Kommunikation und Koordination finden also nicht nur zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften, sondern auch zwischen den einzelnen Tochtergesellschaften statt.

  • Vorteile: Das Unternehmen kann weltweite Synergieeffekte wahrnehmen und die einzelnen Gesellschaften können direkt miteinander kommunizieren (Wissenstransfer).
  • Nachteil: Bevor Entscheidungen gefällt werden können, müssen zahlreiche Kommunikations- und Koordinationsvorgänge erfolgen.

Regiozentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur

Die regiozentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur ist sehr komplex. Sie eignet sich vor allem für große, multinationale Unternehmen.

Hier erfolgen Kommunikation und Koordination zunächst zwischen der Muttergesellschaft und regionalen Head Quarters (Hauptquartieren). Die Head Quarters koordinieren die regionalen Aktivitäten der jeweiligen Tochtergesellschaften.

Diese strikte Aufgabenverteilung kann aufgeweicht werden, indem bestimmte direkte Kommunikationsbeziehungen zwischen den einzelner Head Quarters, zwischen einzelnen Tochtergesellschaften und/oder zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften zugelassen werden.

Die regiozentrisch orientierte Kommunikations- und Koordinationsstruktur ermöglicht eine optimale Anpassung an regionale Bedingungen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass durch die komplexen Strukturen Entscheidungen verzögert werden.

Wie entstehen Wettbewerbsvorteile durch Informationsmanagement?

Durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien kann ein internationales Unternehmen erhebliche Wettbewerbsvorteile erzielen:

  • Besonders für Klein- und Mittelbetriebe, die ohnehin schon Distributionsnachteile wegen fehlender internationaler Distributionsstruktur und Finanznachteile wegen der fehlenden Finanzkraft haben, kann die Einführung moderner Kommunikationstechnologien zur Optimierung der Produktdistribution führen. Betrachtet man z. B. das Internet als neuen Markt, macht die Informationstechnologie jedes Unternehmen ortsungebunden. Auch ein kleineres Unternehmen muss nicht mehr in jedem Ländermarkt physisch anwesend sein, um seine Leistungen anbieten zu können.
  • Aber die Vorteile der neuen Informationstechnologien liegen nicht nur in der Optimierung der Distribution. Auch die internen Prozesse können durch moderne Informationstechnologien schneller und besser abgearbeitet sowie die Managemententscheidungen und der Kundendienst beschleunigt werden. Mithilfe der Wertkettenanalyse sollte ein Unternehmen alle Teilprozesse (Teilaktivitäten) und vor allem die Schnittstellen zwischen den Teilprozessen daraufhin untersuchen, ob sie durch moderne Informationstechnologien optimiert werden können, sodass ein Wettbewerbsvorteil entsteht.

Nach der Ausprägung seiner Internationalisierungsstrategie (global einheitliches oder multinationales Vorgehen mit länderspezifischer Anpassung) und nach der Ausprägung seiner Wettbewerbsstrategie (kosten- oder nutzerorientiert) kann ein international tätiges Unternehmen durch den Einsatz moderner Informationstechnologien unterschiedliche Wettbewerbsvorteile erzielen.

Multinationale Internationalisierungsstrategie

Ein multinational ausgerichtetes Unternehmen passt seine internationalen Aktivitäten zum Teil länderspezifisch an:

  • Wenn es als wettbewerbsstrategische Leitlinie die Kostenführerschaft anstrebt, kann es seine Tochtergesellschaften mithilfe der Informationstechnologie schnell mit Spezialkenntnissen im Bereich der Technologieplanung versorgen. Es kann auch das Berichtswesen verbessern und dadurch effektiver kontrollieren.
  • Multinationale Unternehmen, die sich im Sinne der Differenzierungsstrategie durch einen erhöhten Nutzen für den Kunden profitieren, können mittels der Informationstechnologie schneller lokale Bedürfnisse erkennen und berücksichtigen sowie den Markteintritt in entlegene Märkte wagen.

Globale Internationalisierungsstrategie

Unternehmen mit globaler Internationalisierungsstrategie bearbeiten die globalen Märkte auf einheitliche Weise:

  • Kostenvorteile können sie z. B. erlangen, wenn sie ihre Produktion zu Standorten mit geringen Lohnkosten und hohem Qualifikationsniveau verlagern und so Economies of Scale erzielen. Das geht aber nur, wenn sie diese ausländischen Produktionsgesellschaften mittels moderner und kostengünstiger Informationstechnologien steuern und kontrollieren können.
  • Differenzierungsvorteile können globale Unternehmen erzielen, indem sie mittels der Kommunikationstechnologie den Kundenservice beschleunigen (z. B. durch zentrale Support-Zentren und Hotlines). Moderne Informationstechnologien helfen ihnen auch dabei, mit wenigen vernetzten Mitarbeitern entlegene Märkte zu bearbeiten und zu durchdringen.

Das Wichtigste zum Informationsmanagement in Kürze

Eine völlig standardisierte Informationsstrategie ist auch in globalen Unternehmen selten zu verwirklichen. Meist müssen die Informationstechnik (z. B. die Hardware) sowie die Kommunikations-, Daten- und Anwendungsarchitektur teilweise an länderspezifische Gegebenheiten angepasst werden.

Der Grad der Anpassung hängt ab von

  • sprachlichen, soziopolitischen, wirtschaftlichen und kulturellen Eigenheiten der bearbeiteten Auslandsmärkte,
  • den jeweiligen nationalen Bedingungen der Informationstechnologie,
  • den gesamtunternehmensspezifischen Faktoren (z. B. geografischer Streuung)
  • den tochtergesellschaftsspezifischen Faktoren (z. B. Größe, Bedeutung).

Je nach unternehmenspolitischer Ausrichtung findet man eine der folgenden Kommunikations- und Koordinationsstrukturen:

  • ethnozentrische Kommunikations- und Koordinationsstruktur,
  • polyzentrische Kommunikations- und Koordinationsstruktur,
  • geozentrische Kommunikations- und Koordinationsstruktur,
  • regiozentrische Kommunikations- und Koordinationsstruktur.

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien können internationalen Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem sie z. B.

  • das Marketing, besonders die Produktdistribution, erleichtern und
  • eine Optimierung interner Prozesse ermöglichen.

Welche Wettbewerbsvorteile ein internationales Unternehmen durch moderne Kommunikationstechnologien realisieren kann, hängt auch von der Internationalisierungsstrategie und der Wettbewerbsstrategie ab.

Moderne Informationstechnologien erlauben

  • kostenzentrierten multinational ausgerichteten Unternehmen eine bessere interne Information und Kontrolle,
  • nutzenzentrierten multinational ausgerichteten Unternehmen die Erfüllung spezieller nationaler Bedürfnisse und den Markteintritt in entlegene Märkte,
  • kostenzentrierten global ausgericheten Unternehmen Kostenvorteile durch Economies of Scale und geringe Kommunikationskosten,
  • nutzenzentrierten global ausgerichteten Unternehmen eine bessere Marktbearbeitung und -durchdringung.

Aufgaben

  1. Bei welchen Kommunikations- und Koordinationsstrukturen gibt es bilaterale, bei welchen multilaterale Verbindungen zwischen den Einzelgesellschaften n eines internationalen Unternehmens?
  2. Worin unterscheiden sich die multinationale und die globale Internationalisierungsstrategie sowie die Wettbewerbsstrategien Kostenführerschaft und Differenzierung?
  3. Inwiefern hat die Entscheidung für jeweils eine dieser übergeordneten Strategien Auswirkungen auf die Ziele und Maßnahmen der untergeordneten Informationsstrategie?
  1. Bilaterale Verbindungen zwischen den Einzelgesellschaften eines internationalen Unternehmens findet man bei ethno- und polyzentrischer Kommunikations- und Koordinationsstruktur, multilaterale Verbindungen bei der geozentrischen und zum Teil bei der regiozentrischen Kommunikationsstruktur.
  2. Unternehmen mit einer multinationalen Internationalisierungsstrategie bearbeiten ihre verschiedenen internationalen Märkte soweit möglich mit weltweit einheitlichen (standardisierten) Maßnahmen. Die Wettbewerbsstrategie Kostenführerschaft zielt vor allem auf Kostenreduktion und niedrigpreisige Angebote; Anbieter, die die Differenzierungsstrategie anwenden, wollen dagegen vor allem qualitativ hochstehende, einzigartige Produkte anbieten, die dem Kunden einen zusätzlichen Nutzen verschaffen.
  3. Beide übergeordneten Strategien (Wettbewerbs- und Internationalisierungsstrategie) sind Leitlinie für die untergeordnete Informationsstrategie: Wählt ein internationales Unternehmen z. B. als Wettbewerbsstrategie die Kostenführerschaft, muss auch die Informationsstrategie Maßnahmen enthalten, die die Information und Kommunikation vor allem kostengünstig gestalten. Wählt ein internationales Unternehmen als Internationalisierungsstrategie die multinationale Strategie, wird es auch seine Kommunikations- und Informationsstrategie stärker an länderspezifische Bedürfnisse anpassen als bei der Realisierung einer globalen Strategie.

Literaturhinweise

  1. Perlitz, M. (1997): Internationales Management, 3. Auflage, Stuttgart/Jena 1997.
  2. Schwarzer, B. (1994): Prozessorientiertes Informationsmanagement in multinationalen Unternehmen: eine empirische Untersuchung in der Pharmaindustrie, Wiesbaden 1994.