Als Kreditsurrogate bezeichnet man in der Finanzwirtschaft alle möglichen Alternativen zur Finanzierung durch einen Kredit. Der Begriff ist aus zweierlei Gründen irreführend. Zunächst ist der Begriff „Surrogat“ ziemlich veraltet und bedeutet nichts anderes als Ersatz, was uns intuitiver erscheint. Zweitens meinen wir in unserer Erklärung mit Kredit nicht nur den typischen Bankkredit, sondern den Begriff Kredit im weiteren Sinne.
Als Kredit verstehen wir in dieser Erläuterung jegliche Finanzierungsformen, die eine Zahlungsreihe aufweisen, welche mit einer Einzahlung beginnt, auf die eine oder mehrere Auszahlungen folgen. Diese Form der Finanzierung wird meist genutzt, um einen gewissen Vermögensgegenstand gewinnbringend verwenden zu können. Unter diese Definition fällt wie gesagt sowohl der typische Bankkredit, als auch andere kreditähnliche Finanzierungsinstrumente wie beispielsweise die Anleihe.
In diesem Sinne sind Kreditsurrogate alle alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, die nicht zu dieser Definition passen. Wir betrachten in diesem Beitrag die zwei wesentlichen Kreditsurrogate — das Factoring und das Leasing.
Was ist Factoring?
Der Begriff Factoring bedeutet nichts anderes als Verkauf von Forderungen. Dabei gibt es bei dieser Finanzierungsalternative gar keine Zahlungsreihe. Beim Factoring werden Forderungen gegen liquide Mittel getauscht — aus bilanzieller Sicht handelt es sich also um einen Aktivtausch.
Der Gedanke hinter dem Factoring ist, dass Forderungen für den Wertschöpfungsprozess des Unternehmens irrelevant sind. Forderungen verbriefen quasi einen Anspruch auf Geld in der Zukunft. Dies ist mit Blick auf die Zeitpräferenz schlecht, da es für das Unternehmen stets besser wäre das Geld sofort zu erhalten. Deswegen möchte das Unternehmen die Forderungen verkaufen, um dafür liquide Mittel zu erhalten und diese anderweitig zu verwenden.
Diesen Zusammenhang kennt natürlich auch die Factoring-Gesellschaft, weshalb sie sich ihre Dienstleistung bezahlen lässt. Das Unternehmen bekommt also nicht den vollen Betrag der Forderung ausgezahlt, sondern muss Abgaben an die Factoring-Gesellschaft leisten.
Die so freigesetzten liquiden Mittel werden von den Unternehmen meist für Reinvestitionen in das Anlage- oder Umlaufvermögen oder Begleichung von Verbindlichkeiten (z. B. Lieferantenkredite, Bankkredite etc.) genutzt.
Man unterscheidet verschiedene Formen des Factoring. Die erste Unterscheidung findet im Hinblick auf das Risiko des Forderungsausfalls statt. Das Problem an Forderungen ist, dass immer ein Ausfallrisiko besteht, falls das Unternehmen gegenüber dem die Forderung besteht in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Beim echten Factoring übernimmt die Factoring-Gesellschaft das Ausfallrisiko der Forderung komplett. Dieses Risiko lässt sie sich natürlich entsprechend bezahlen. Im Gegensatz dazu steht das unechte Factoring. Hierbei bleibt das Ausfallrisiko der Forderung bei dem Unternehmen, welches die Forderung verkauft hat.
Die zweite Unterscheidet findet im Hinblick auf die Transparenz des Forderungsverkauf statt. Hiermit ist gemeint ob das Unternehmen, gegenüber dem die Forderung besteht, erfährt an wen es die Forderung zahlen muss — also an die Factoring-Gesellschaft oder das ursprüngliche Unternehmen. Ist dies transparent, spricht man von offenem Factoring. Ist dies nicht bekannt, spricht man von stillem Factoring. Dies ist wichtig, weil ein Forderungsverkauf typischerweise mit einem Reputationsverlust einhergeht, obwohl es dafür keinen rationalen Grund gibt, da Factoring ein wichtiges Element des Working Capital Managements ist, was für jedes Unternehmen von Bedeutung ist.
Was ist Leasing?
Eine Weitere Alternative zur Kreditfinanzierung ist das Leasing. Grob gesagt ist Leasing mit dem Mieten eines Vermögensgegenstandes zu vergleichen. Da das Leasing auch gesetzlich nicht explizit geregelt ist, muss man sich rechtlich mit den Regelungen zum Mietrecht im BGB zufrieden geben.
Um auf unsere obige Definition eines Kreditsurrogates zurückzukommen, schauen wir uns die Zahlungsströme beim Leasing genauer an. Wenn jemand einen Vermögensgegenstand least, hat er keine Anfangsinvestition und darauffolgend eine Zahlungsreihe, die nur aus Auszahlungen besteht — genau wie eine Person, die eine Wohnung mietet.
Man unterscheidet zwischen dem operativen Leasing und dem Finanzierungsleasing. Das operative Leasing ist einem typischen Mietvertrag sehr ähnlich — die Verträge sind kurzfristig und somit trägt die Leasing-Gesellschaft bzw. der Vermieter einen großen Anteil am Investitionsrisiko. Beim Finanzierungsleasing ist dies anders — hier haben die Leasingverträge meist sehr lange, verpflichtende Laufzeiten, sodass ein sehr großer Teil des Investitionsrisikos mit dem Vertragsabschluss auf den Leasingnehmer bzw. Mieter umgelegt wird.
Ein wichtiger Aspekt des Finanzierungsleasings ist, dass der geleaste Vermögensgegenstand bei der Leasing-Gesellschaft bilanziert wird, nicht beim Leasingnehmer.
In den meisten Fällen werden nur unspezifische Vermögensgegenstände (z.B. Autos, Flugzeuge, Drucker etc.) verleast, sodass die Leasing-Gesellschaft die Vermögensgegenstände nach Ablauf des Vertrages leicht weitervermitteln oder veräußern kann. Spezielle Sonderanfertigungen, die nur einen bestimmten Zweck haben, können aus diesen Gründen normalerweise nicht geleast werden. Da der Vermögensgegenstand bilanziert werden soll, muss er natürlich auch aktivierbar sein, was aber in den allermeisten Fällen sowieso der Fall ist.
Ob Leasing-Verträge grundsätzlich als Kreditsurrogate taugen oder nicht, lässt sich pauschal nicht sagen. Beim Leasing gibt es durch die Leasing-Gesellschaft eine zusätzliche Partei im Intermediationsprozess, die natürlich auch Geld verdienen möchte. So könnte man sagen, dass es stets besser wäre einfach selbst zur Bank zu gehen, um dort einen Kredit aufzunehmen. Der Schein trügt aber, da Leasing-Gesellschaften zahlreiche andere Vorteile haben.
So ist beispielsweise denkbar, dass die Leasing-Gesellschaft viel bessere Konditionen für Kredite bekommt, da sie diese im größeren Stil aufnimmt als eine Privatperson. Darüber hinaus bekommt die Gesellschaft natürlich auch die Vermögensgegenstände günstiger als eine Privatperson, weil sie im großen Stil einkauft.
Wir sehen also, dass eine allgemeine Beurteilung des Leasings als Kreditsurrogat nicht möglich ist. Viel mehr muss jeder Fall spezifisch betrachtet werden.
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