Welche Markenstrategien unterscheidet die Markenpolitik?
Ihren Ausdruck findet die Markenpolitik in der Ausgestaltung der verschiedenen Markenstrategien. Insbesondere auf Massenmärkten sind unterschiedliche Strategien des Aufbaus und der Pflege von Marken zu beobachten.
Häufig angewandte Markenstrategien sind Einzelmarkenstrategien, Markenfamilienstrategien, Dachmarkenstrategien sowie Mehrmarkenstrategien.
Einzelmarken- oder Solitärmarkenstrategien
Einzelmarken- oder Solitärmarkenstrategien zielen darauf ab, dass für einzelne Produkte auch einzelne, unterschiedliche Marken entwickelt und im Markt durchgesetzt werden. Die Einzelmarkenstrategie ist damit verbunden, dass die Herkunft des einzelnen Erzeugnisses nicht werblich herausgestellt wird, dem Konsumenten oft sogar verborgen bleibt. Die Konsumenten erfahren nicht, dass die unterschiedlichen Markenartikel von einem einzigen Anbieter stammen (klassisches Beispiel: Procter & Gamble).
Die Bedingungen bzw. Voraussetzungen für einen Hersteller, einen Teil seiner Produkte wie bei der Dachmarkenstrategie offen unter seinem Namen zu führen und bei einem anderen Teil hinter seine Einzelmarken zu treten, werden durch den Markt, das Unternehmen selbst und die von ihm gewählte Marketingstrategie bestimmt. Darüber hinaus können etwa im Zuge von Unternehmensübernahmen bekannte Marken unter ein neues Firmendach geraten, die sich aus sortimentspolitischen Erwägungen nur schwer in das dort bereits bestehende Sortiment eingliedern lassen.
Es kann daher geboten sein, diese Marken eigenständig zu führen. Darüber hinaus können mit Einzelmarkenstrategien eventuelle negative Ausstrahlungseffekte vermieden werden. Auch eine mangelnde Tragfähigkeit eines Stammproduktes für einen Marken- bzw. Imagetransfer oder heterogener werdende Sortimente können Anlässe für eine solche Strategie darstellen. Als Kritikpunkte können der hohe Zeit- und Kostenaufwand zum Aufbau der verschiedenen Marken genannt werden.
Markenfamilienstrategien
Markenfamilienstrategien stellen eine einheitliche Markenbezeichnung in den Vordergrund einer Produktgruppe (Produktlinie), unter der dann verschiedene Einzelprodukte angeboten werden (Beispiele: Nivea, Tesla, Audi).
Die einzelnen Produkte profitieren vom Image der gesamten Markenfamilie und ermöglichen so eine kostengünstige Ausweitung bzw. Anpassung des Sortiments. Vor allem im Bereich der Körperpflege und Kosmetik ist diese Markenstrategie häufig zu beobachten.
Dachmarkenstrategien
Dachmarkenstrategien verbinden den Firmennamen mit sämtlichen angebotenen Produkten. Der Unternehmensname gilt als Dachmarke, selbst dann, wenn sehr unterschiedliche Leistungsangebote im Markt vertreten sind (Beispiele: Siemens, Yamaha, Camel). Es wird mittels Kompetenzübertragung versucht, das Image (Vertrauen), das sich ein Produkt beim Konsumenten erwerben konnte, auf neue Sortimentsbereiche auszudehnen. Als klassische Dachmarke kann die Marke Dr. August Oetker bezeichnet werden, die sich als gemeinsames Markendach über eine größere Zahl von Einzelmarken erstreckt.
Die Dachmarkenstrategie ermöglicht Synergieeffekte, z. B. in der Zusammenarbeit mit Handelspartnern und vor allem in der Kommunikation mit dem Verbraucher. In jüngster Zeit wird dieser Effekt durch verstärkten Gebrauch von Markenlizenzen wirtschaftlich gezielt genutzt. Zum Teil werden dazu, z. B. via Fernsehserien, markenfähige Figuren mit hohem Aufwand aufgebaut und anschließend ausschließlich oder überwiegend im Wege der Vergabe von Markenlizenzen vermarktet.
Im Zusammenhang mit Dachmarken spielt also der Markentransfer eine besondere Rolle, d. h. die Übertragung des positiven Markenimages eines Produktes auf Produkte anderer Leistungsbereiche, um Vertrauensvorschüsse nutzbar zu machen. Es besteht allerdings auch die Gefahr des Transfers eines negativen Images. Ist der neue Sortimentsbereich in der Anmutung der Verbraucher zu weit von der Dachmarke entfernt, wird oft auch mit Submarken gearbeitet.
Mehrmarken- oder Multimarkenstrategien
Mit Mehrmarkenstrategien (Multimarkenstrategien) strebt ein Anbieter an, unterschiedliche Marken zu entwickeln, die sich gleichzeitig an ähnliche Marktsegmente richten. Sie sind vor allem in stark gesättigten Märkten zu beobachten (z. B. Waschmittel- und Zigarettenmarkt).
Mehrmarkenstrategien sind mit einem hohen Aufwand verbunden, da sämtliche Marken selbständig vermarktet werden müssen. Selbst wenn dabei die Gefahr der Substitution innerhalb des eigenen Sortiments besteht (Kannibalisierungseffekt), soll durch mehrere auf den Massenmarkt gerichtete Marken eine höhere Marktausschöpfung durch das Unternehmen erreicht werden. Negative Ausstrahlungseffekte, etwa ausgelöst durch Flops, können dadurch vermieden werden.