Der Mindestbestand (auch eiserner Bestand, eiserne Reserve oder Sicherheitsbestand) ist eine Bestandsreserve, die für den Fall vorgehalten wird, dass Versorgungsstörungen und/oder unerwartete Nachfrageschübe während der Wiederbeschaffungsphase die Lieferfähigkeit des Lagers gefährden. Die Wahrung eines Mindestbestandes ist somit Teil der Vorratspolitik.
Determinanten des Mindestbestandes
Die wichtigsten Determinanten anhand derer der Mindestbestand bestimmt werden kann sind im Wesentlichen die folgenden.
Dauer und Zuverlässigkeit der für die Durchführung einer planmäßigen Ergänzung notwendigen Wiederbeschaffungszeit,
Variabilität der nachgefragten Menge,
Zuverlässigkeit der Nachfrageprognose,
Maßeinheit und Höhe des geforderten Servicegrades,
Darüber hinaus kann es noch weitere Faktoren, je nach der individuellen Situation des Unternehmens geben.
Ursachen für einen überhöhten Mindestbestand
Häufige Ursachen überhöhter Mindestbestände sind überlange und unzuverlässige Wiederbeschaffungszeiten sowie inadäquate Prognoseverfahren. Auch falschgewählte Maßeinheiten für Servicegrade und überzogene Forderungen an die Lieferbereitschaft haben überhöhte Mindestbestände zur Folge.
Es wird nicht immer deutlich gesehen, dass diese Einflüsse überwiegend im betrieblichen Einflussbereich liegen, also intern behoben werden können. Dasselbe gilt für pauschale Vorgaben, die den Mindestbestand beispielsweise auf drei Monatsverbräuche festlegen, was im konkreten Einzelfall ebenso gut zu wenig wie zuviel sein kann. Wo der Mindestbestand körperlich nicht unterscheidbarer Bestandteil des stationären Vorrats eines Guts ist, kann er nicht gemessen undmithin nicht unmittelbar kontrolliert werden.
Fixierung von Bestandsgrenzen
Der Mindestbestand dient zur Abdeckung externer und interner Risikofaktoren — das heißt unvorhergesehener Lieferschwierigkeiten (z. B. Transportstörungen) oder eines unvorhergesehenen Mehrbedarfs. Seine Höhe hängt unter anderem vom Servicegrad, vom Bedarfsverlauf und seiner Vorhersehbarkeit, von der Wiederbeschaffungszeit und vom Wert des Materials ab. Der Mindestbestandsoll häufig versteckte Sicherheitszuschläge bei der Bedarfsanforderung vermeiden und darf nicht unterschritten und somit auch nicht in die laufende Bedarfs- beziehungsweise Bestelldisposition einbezogen werden.
Deshalb muss die Bestellung spätestens beim Erreichen des Meldebestandes (auch Bestellgrenze, kritische Menge) ausgelöst werden. Der Meldebestand fängt die vohersehbaren Verzögerungen durch den Bestell- und Lieferprozess auf. Er liegt deshalb um jene Menge über dem Mindestbestand, die im Zeitraum zwischen der Bedarfsanforderung und der Verfügbarkeit des Materials verbraucht wird (kurz: Verbrauch in der Wiederbeschaffungszeit).
Es ist üblich, den Bestand auch nach oben zu limitieren, also einen Höchstbestand zu fixieren. Für die Fixierung des Höchstbestandes sprechen sowohl Kostengründe (Raumkosten, Kapitalkosten usw.) als auch physische Beschränkungen der Lagerkapazität. Der frei verfügbare Bestand ergibt sich aus der Differenz von effektivem Bestand und den Vormerkungen.
Lagerhaltungsstrategien für den Mindestbestand
In der betrieblichen Praxis müssen Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden. Bei der Produktion für anonyme Märkte ist die Abflussrate der Lagergüter nur innerhalb gewisser Grenzen prognostizierbar, ebenso unterliegen die Wiederbeschaffungsmenge und die Wiederbeschaffungszeit diversen Schwankungen. Diesen Unsicherheiten kann mit dem Aufbau eines eisernen Bestandes begegnet werden, um Fehlmengen zu vermeiden. Die Höhe des Mindestbestandes ist abhängig vom gewünschten Servicegrad und von der Streuung der beschriebenen ungewissen Größen.
In der Praxis hat es sich als zweckmäßig erwiesen, ein Drittel des geplanten Verbrauchs während der Wiederbeschaffungszeit als Mindestbestand zu halten. Bei Lieferunfähigkeit entstehen Fehlmengenkosten, gleichzeitig steigen die Lagerhaltungskosten bei höherem Mindestbestand. Hier muss ein Ausgleich geschaffen werden.
Dabei ist es notwendig, die Wahrscheinlichkeitsverteilung (Dichtefunktion) des in einem Bestellzyklus anfallenden Materialbedarfs zu ermitteln, wobei im Allgemeinen die Normalverteilung zugrunde gelegt wird. Es lässt sich zeigen, dass die erforderlichen Mindestbestände mit steigender Lieferbereitschaftüberproportional zunehmen.
Festbewertung für den Mindestbestand
Gemäß § 240, Abs. 3 HGB können Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe des Vorratsvermögens mit einer gleichbleibenden Menge und mit einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, wenn ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt, sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen nur von nachrangiger Bedeutung ist.
Dieser gleichbleibende Wert wird auch Festwert genannt. Für die dem Festwert zugrundeliegende Gütermenge wird unterstellt, dass sich Verbrauch und Neuzugänge mengen- und wertmäßig in etwa entsprechen. Aus letzterem folgt, dass das Ansetzen eines Festwertes nicht dem Ausgleich von Preisschwankungen dienen darf, sondern lediglich der Vereinfachung und Wirtschaftlichkeit der Vorratsbewertung. Aufgrund des unveränderten Wertansatzes können Zugänge sofort als Aufwand verbucht werden, laufende Abschreibungen entfallen somit.
Der Festwert ist in einem Zyklus von drei Jahren durch Inventur zu überprüfen. Ändert sich dabei der Wert des festgestellten Bestandes nicht nur geringfügig — das heißt ist der tatsächliche Wert des zum Festwert zusammengefassten Bestandes gesunken beziehungsweise um mehr als 10% gestiegen — so ist eine Fortschreibung des Festwertes vorzunehmen (Abschn. 31, Abs. 3 und 5 EStR).
Beispiel zum Mindestbestand
Ein Unternehmen benötigt pro Tag 8 Packungen Papier. Die Lieferzeit für Papier beträgt 2 Tage. Wie viele Packungen müsste das Unternehmen als eisernen Bestand halten, damit das Unternehmen im Falle eines Lieferengpasses noch 3 Tage weiterarbeiten kann.
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