Was ist Reihenfolgeplanung?

Die Reihenfolgeplanung befasst sich mit der zeitlichen Abfolge, in der Aufträge an Maschinen bearbeitet werden (Ablaufplanung, Maschinenbelegungsplanung). Solche Ablaufentscheidungen stellen sich sowohl in Fertigungsprozessen der Sachgüterproduktion als auch in administrativen Vorgängen und Dienstleistungsfunktionen.

Aufträge können beispielsweise

  • die Werkstücke einer Bearbeitung,
  • die Patienten einer ärztlichen Sprechstunde,
  • oder die Flugzeuge in einer Warteschleife vor dem Landeanflug sein.

ReihenfolgeplanungEntsprechend werden unter den Maschinen die Fertigungsanlage der Bearbeitung bzw. der Arzt oder die Flughafen-Landebahn verstanden. Reihenfolgeentscheidungen der Auftragsabwicklung treten in unterschiedlichen Modulen eines Produktionsplanungs- und -steuerungssystems auf, z. B. in der Grobplanungsphase der Kapazitätsterminierung oder in der Feinplanungsphase der Maschinenbelegung.

Welche Ziele verfolgt die Reihenfolgeplanung?

Die Bewertung unterschiedlicher Maschinenbelegungspläne erfolgt nach den Zielen der Reihenfolgeplanung. Wichtige Gruppen von reihenfolgerelevanten Zielen sind

  • bestandsorientierte Ziele, z. B. die Minimierung der mittleren Wartezeit oder der Durchlaufzeit der Aufträge,
  • terminorientierte Ziele, z. B. die Minimierung der mittleren oder der maximal auftretenden Terminüberschreitung,
  • auslastungsorientierte Ziele, z. B. die Minimierung der mittleren Leerzeit bzw. der Maximierung der mittleren Kapazitätsauslastung der Maschinen.

Die Vielzahl von Reihenfolgeplanungsfällen und -methoden kann nach der Geschlossenheit des Planungshorizontes klassifiziert werden.

Wie unterscheiden sich die statische und dynamische Reihenfolgeplanung?

Danach bezieht sich die statische Reihenfolgeplanung auf den Fall der Einplanung eines festen Volumens von Aufträgen zu einem bestimmten Planungszeitpunkt. Zwischenzeitlich neu eingehende Aufträge werden erst in die Fertigung eingesteuert, wenn der vorhergehende Planungszyklus abgewickelt ist.

Eine dynamische Betrachtung geht dagegen von einem permanenten Strom von ankommenden Aufträgen aus, die jeweils nach Auftragseingang für die Einsteuerung freigegeben werden.

In der statischen Reihenfolgeplanung werden Ein- und Mehr-Maschinen-Modelle unterschieden. Im ersten Fall bestehen die Aufträge aus einer Bearbeitung, im zweiten Fall sind die Aufträge durch eine Folge von Arbeitsgängen bestimmt.

Wenn im Mehr-Maschinen-Fall diese Maschinenfolgen für alle Aufträge gleich sind, spricht man vom Spezialfall der Reihenfertigung oder – wenn darüber hinaus die Bearbeitungszeiten aller Arbeitsgänge einander gleich sind – vom Extremfall der Fließfertigung. Bei ungleichen Maschinenfolgen hat man es mit dem Fall der Werkstattfertigung zu tun.

  • Für Ein-Maschinen-Anwendungen der Reihenfolgeplanung sind eine Reihe von exakten, d. h. garantiert zum Optimum führenden Lösungsmethoden entwickelt worden. Dazu zählen z. B. die beiden folgenden kombinatorischen Algorithmen: Eine Ordnung der Aufträge nach nicht absteigenden Bearbeitungszeiten führt zur minimal möglichen mittleren Warte- bzw. Durchlaufzeit der Aufträge. Dieses Ergebnis ist intuitiv einsichtig, da kurze Bearbeitungszeiten der Vorgängeraufträge zu kurzen Wartezeiten der Nachfolgeraufträge führen. Ganz ähnlich garantiert eine Reihung der Aufträge nach nicht absteigenden Soll- bzw. Lieferterminen die Minimierung der maximal auftretenden Terminüberschreitung.
  • Bei der Reihenfertigung, d. h. bei Mehr-Maschinen-Fällen mit gleicher Maschinenfolge, gibt es nur wenige, den Ein-Maschinen-Algorithmen vergleichbare Optimalmethoden. Eine weite Verbreitung dürfte der Fall der Zwei-Maschinen-Reihenfertigung haben, bei der nach der Minimierung der Durchlaufzeit des an letzter Stelle eingeplanten Auftrags gesucht wird. Die Optimallösung wird gefunden, wenn möglichst kurze Bearbeitungszeiten auf der ersten Maschine am Anfang und auf der zweiten Maschine am Schluss eingeplant werden. Komplexere Anwendungsfälle der Reihenfertigung , z. B. für mehr als zwei Maschinen, können praktisch nur durch heuristische Verfahren, d. h. näherungsweise optimale Methode gelöst werden.
  • Der allgemeinste statistische Fall, der der Werkstattfertigung, ist bei realistischen Größenordnungen ebenfalls nur mit suboptimalen Planungsprozeduren lösbar. Ihm dürfte allerdings auch nur geringe praktische Bedeutung zukommen, da die Reihenfolgeplanung bei Werkstattfertigung sinnvollerweise unter dynamischen Modellbedingungen behandelt wird.

Der offensichtliche Vorteil einer dynamischen Reihenfolge-Problemstellung besteht darin, dass eine echtzeitgerechte Entscheidung im Blick auf zwischenzeitlich eingehende, und zwar möglicherweise dringende Aufträge getroffen wird, denn eine Maschine wird bei der dynamischen Reihenfolgeplanung jeweils erst zum letztmöglichen Augenblick, nämlich wenn sie gerade von ihrer Vorgängerbearbeitung frei geworden ist, neu belegt.

Andererseits weist damit die Dynamikeigenschaft auch einen auffälligen Nachteil auf, da jede Reihenfolgeentscheidung auf dem begrenzten Informationshorizont beruht, der durch die Menge der gerade einplanbaren Aufträge bestimmt wird. Diese Tatsache schließt die Definition eines generellen Optimums aus.

Was sind Prioritätsregeln der Reihenfolgeplanung?

Die Prioritätsregeln sollen insbesondere dazu beitragen, die Konfliktsituationen zu lösen, die immer dann auftreten, wenn zwei oder mehr Aufträge an einer Maschine auf ihre Bearbeitung warten.

Die Prioritätsregeln sind also Entscheidungsregeln, nach denen eine Entscheidung darüber zu treffen ist, welcher von mehreren an einer Maschine auf die Bearbeitung wartenden Aufträge als nächster bearbeitet werden soll. Die vor einer Maschine wartenden Aufträge können dabei als Warteschlange aufgefasst werden, für welche eine Prioritätsregel als Warteschlangendisziplin vorzugeben ist, die dann über die Bearbeitungsreihenfolge der Aufträge entscheidet.

Wie können Prioritätsregeln zur Reihenfolgeplanung eingeteilt werden?

Die Prioritätsregeln können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. Die Kriterien beziehen sich auf die unterschiedliche Bestimmung der Prioritätszahlen, um die Reihenfolge der Bearbeitung der Aufträge auf einer Maschine festzulegen. Es wird erstens zwischen statischen und dynamischen, zweitens zwischen lokalen und globalen und schließlich zwischen elementaren und kombinierten Prioritätsregeln unterschieden.

  • Bei den statischen Prioritätsregeln bleiben die Prioritätszahlen im Zeitablauf gleich, weil alle Aufträge gleichzeitig zu Beginn des Planungszeitraumes in einer Warteschlange bereitstehen.
  • Bei den dynamischen Prioritätsregeln verändern sich die Prioritätszahlen im Zeitablauf, weil die Aufträge während des Planungszeitraumes sukzessiv eintreffen und die Maschinen bereits durch vorhergehende Aufträge belegt sein können.
  • Die lokalen Prioritätsregeln erfordern nur Informationen über die Warteschlange einer Maschine zur Bestimmung der Prioritätszahl.
  • Demgegenüber sind bei den globalen Prioritätsregeln zusätzliche Informationen über den Gesamtzustand des Produktionsprozesses notwendig, um die Prioritätszahl berechnen zu können.
  • Einfache oder elementare Prioritätsregeln berücksichtigen nur eine Zielsetzung bei der Ermittlung der Prioritätszahl.
  • Die zusammengesetzten oder kombinierten Prioritätszahlen verknüpfen dagegen zwei oder mehr Zielsetzungen bei der Feststellung der Prioritätszahl.

Welche Prioritätsregeln zur Reihenfolgeplanung gibt es?

Die wichtigsten und bekanntesten elementaren Prioritätsregeln sind:

Critical-ratio-Regel

Nach der Critical-ratio-Regel wird für jeden Auftrag das Verhältnis aus der Differenz zwischen seinem Liefertermin und dem aktuellen Betrachtungszeitpunkt zu seiner notwendigen Restbearbeitungszeit und allen noch benötigten Maschinen als Priorität ermittelt.

Derjenige Auftrag mit dem kleinsten Zeitausdruck bzw. mit der höchsten Prioritätszahl wird zuerst bearbeitet. Es handelt sich um eine dynamische, globale Prioritätsregel, welche die Einhaltung der LIefertermine sichern soll.

First-come-first-served-Regel

Bei der First-come-first-served-Regel, auch als Auftragseingangsregel bezeichnet, die dem First-in-first-out-Prinzip bei der Lagerung und Bewertung entspricht, erhält der Auftrag, der zuerst bei der Maschine ankommt, in der Warteschlange die höchste Priorität.

Die Aufträge werden in der Reihenfolge ihrer Ankunft an der jeweiligen Maschine bearbeitet. Es handelt sich um eine statische, lokale Prioritätsregel, die eine gute Einhaltung der Liefertermine bewirkt.

Frühester-Liefertermin-Regel

Bei der Frühester-Liefertermin-Regel erhält der Auftrag in der Warteschlange vor der Maschine, der den frühesten Liefertermin hat, die höchste Priorität. Sie ist eine statische, lokale Prioritätsregel, welche die Termineinhaltung der Aufträge gewährleisten soll.

Höchster-Wert-Regel

Bei der Höchster-Wert-Regel wird die Priorität nicht anhand von Zielgrößen bestimmt, sondern nach der Höhe des Produktwertes ermittelt. Sie ist eine lokale Prioritätsregel, die eine statische und dynamische Ausprägung haben kann. Bei der statischen Höchster-Wert-Regel erhält der Auftrag in der Warteschlange mit dem höchsten Produktendwert die höchste Priorität.

Bei der dynamischen Regel erhält der Auftrag in der Warteschlange mit dem höchsten aktuellen Produktwert die höchste Priorität, sodass der Produktionsfortschritt berücksichtigt wird. Der Auftrag mit der höchsten Priorität wird bei der statischen und dynamischen Höchster-Wert-Regel zuerst bearbeitet. Damit werden die Zwischenlagerkosten minimiert.

Kürzeste-Gesamtbearbeitungszeit-Regel

Bei der Kürzeste-Gesamtbearbeitungszeit-Regel erhält der Auftrag mit der kürzesten Gesamtarbeitszeit auf allen Maschinen die höchste Priorität. Sie stellt eine statische, globale Prioritätsregel dar, welche die Durchlaufzeiten der Aufträge verbessern soll.

Kürzeste-Operationszeit-Regel

Nach der Kürzeste-Operationszeit-Regel, einer statischen, lokalen Prioritätsregel, wird derjenige Auftrag in der Warteschlange vor einer Maschine zuerst bearbeitet, der die kürzeste Operationszeit (Bearbeitungszeit, Produktionszeit) aufweist.

Die höchste Prioritätszahl wird aufgrund der kürzesten Operationszeit des Auftrages bestimmt. Der in der Warteschlange vor der Maschine wartende Auftrag mit der höchsten Priorität oder mit der kleinsten Operationszeit wird zuerst bearbeitet.

Die Untersuchung der Kürzeste-Operationszeit-Regel ergab als Vorteile, dass mit dieser Regel sowohl eine minimale Durchlaufzeit der Aufträge als auch eine maximale Kapazitätsauslastung der Maschinen erreicht werden kann. Aufgrund dieser Ergebnisse wird die Kürzeste-Operationszeit-Regel als beste und wichtigste Prioritätsregel bezeichnet.

Kürzeste-Restbearbeitungszeit-Regel

Nach der Kürzeste-Restbearbeitungszeit-Regel wird dem Auftrag, welcher die geringste Bearbeitungszeit für die noch nicht ausgeführten Arbeitsoperationen auf den nachfolgenden Maschinen aufweist, die höchste Priorität zugewiesen.

Der Auftrag mit der höchsten Priorität oder mit der geringsten Fertigungsrestzeit wird also zuerst bearbeitet. Es handelt sich um eine dynamische, globale Prioritätsregel, die zu guten Ergebnissen in Bezug auf die Durchlaufzeit und die Kapazitätsauslastung führt.

Kürzeste-Schlupfzeit-Regel

Nach der Kürzeste-Schlupfzeit-Regel erhält der Auftrag in der Warteschlange vor der Maschine die höchste Priorität, bei dem die Differenz zwischen dem Liefertermin und den verbleibenden Bearbeitungszeiten auf den restlichen Maschinen, der sogenannte Schlupf, am geringsten ist.

Es handelt sich dabei um eine dynamische, globale Prioritätsregel, welche die Zielsetzung geringer Terminabweichungen sehr gut erfüllt.

Das Wichtigste zur Reihenfolgeplanung in Kürze

An die Kapazitätsterminierung schließt sich die Reihenfolgeplanung an, bei der die Auftragsfolge an den jeweiligen Maschinen festgelegt wird. Die gewählte Reihenfolge soll einen reibungslosen und möglichst termingetreuen Produktionsablauf gewährleisten.

Eine optimale Reihenfolge hängt wesentlich von den verfolgten Zielen ab. Diese Ziele können beispielsweise eine Minimierung der Durchlaufzeiten, maximale Auslastung der Kapazitäten oder Minimierung der Terminüberschreitung umfassen.

Der Zielkonflikt zwischen Durchlaufzeitminimierung und maximaler Kapazitätsauslastung hat seinen Niederschlag im Dilemma der Ablaufplanung gefunden. Da bislang kein allgemeingültiges, exaktes Modell für die Lösung der Reihenfolgeplanung erstellt werden konnte, sind Heuristiken anzuwenden, die näherungsweise eine Lösung finden.

Von den Heuristiken haben besonders die Prioritätsregeln Bedeutung erlangt. Prioritätsregeln dienen dazu, nach bestimmten Reihenfolgekriterien Prioritätsziffern zu vergeben, nach denen dann die vor einer Maschine in der Warteschlange stehenden Aufträge abgearbeitet werden.

Aufgaben

  1. Welche Ziele verfolgt die Reihenfolgeplanung?
  2. Nach welchen Kriterien können Prioritätsregeln eingeteilt werden?
  3. Welche elementaren Prioritätsregeln gibt es?
  1. Die Ziele der Reihenfolgeplanung können bestandsorientiert, terminorientiert oder auslastungsorientiert sein.
  2. Man unterscheidet statische und dynamische, lokale und globale sowie elementare und kombinierte Prioritätsregeln.
  3. Critical-Ratio-Regel, First-come-first-served-Regel, Frühester-Liefertermin-Regel, Höchster-Wert-Regel, Kürzeste-Gesamtbearbeitungszeit-Regel, Kürzeste-Operationszeit-Regel, Kürzeste-Restbearbeitungszeit-Regel, Kürzeste-Schlupfzeit-Regel

Literaturhinweise

  1. Schröter, Moritz (2021): Konfiguration der Reihenfolgeplanung für die Variantenfließfertigung, Schriftenreihe Rationalisierung, 1. Auflage, Aachen 2021.