Welche unternehmensübergreifenden Formen der Beschaffungsorganisation gibt es?
In der Praxis gibt es nur wenige Unternehmen, bei denen eine ausschließlich zentrale oder dezentrale Beschaffungsorganisation vorliegt. Vielmehr haben sich Mischformen bzw. hybride Organisationsformen herausgebildet, mit denen versucht wird, die jeweiligen Vorteile zu nutzen. Im Einkauf werden nachfolgende Organisationsmodelle als hybride Organisationsformen verwirklicht:
- Lead Bayer
- Materialgruppenmanagement
- Corporate Sourcing Committee
Lead Buyer
Ein Lead Buyer ist für sämtliche strategischen Beschaffungsaufgaben einer Warengruppe verantwortlich, wobei der gleichartige Bedarf mehrerer dezentraler Organisationseinheiten gebündelt wird. Die dezentralen Organisationseinheiten melden ihre Bedarfe an den Lead Buyer und sind verpflichtet, die jeweiligen Rahmenverträge zu nutzen.
Der Lead Buyer ist dabei Experte in dem spezifischen Beschaffungsmarkt der jeweiligen Warengruppe. Zu seinen Aufgaben gehört die Definition der individuellen Anforderungen an die Warengruppe innerhalb seines Verantwortungsbereichs, die Erarbeitung von Vorgaben für die Einkäufer und das Nachhalten der Umsetzung der Warengruppenstrategie.
Materialgruppenmanagement
Eine Organisation nach dem Materialgruppenmanagement bietet sich an, wenn Materialien mit ähnlichen Merkmalen in mehr als einer Organisationseinheit benötigt werden. Die unternehmensweite Verantwortung für die jeweilige Beschaffungsobjektgruppe übernimmt ein Materialgruppenmanager.
Er führt ein funktions- und standortübergreifendes Materialgruppenteam und legt die Abstimmung mit der Unternehmensstrategie und den eingebundenen Organisationseinheiten die materialgruppenspezifische Beschaffungsstrategie fest. Hierzu führt er die Lieferantenverhandlungen, schließt die Rahmenverträge ab und informiert die beteiligten Organisationseinheiten über die erzielten Ergebnisse. Alle Bedarfsträger im Unternehmen können ihre jeweiligen Bedarfe nach Menge und Termin aus diesen Rahmenverträgen abrufen.
Das Materialgruppenmanagement dient einer beschaffungsmarktorientierten Strukturierung der Einkaufsvolumina. Hierzu werden im ersten Schritt alle Beschaffungsgüter mit ähnlichen Eigenschaften in aussagekräftige Kategorien gegliedert.
Im Unterschied dazu fasst der Lead Buyer nur gleiche Bedarfe zusammen. Daran anschließend werden für die Analyse der Einkaufsvolumina historische Daten sowie Bedarfsprognosen entsprechend den Materialgruppen aufbereitet. In diesem Schritt sollte gleichzeitig das Lieferantenportfolio und die Vertragssituation der betreffenden Beschaffungsgüter untersucht werden.
Schließlich werden im dritten Schritt unter Berücksichtigung der Gesamtunternehmensausrichtung spezifische Strategien für die jeweiligen Materialgruppen definiert.
Die wesentlichen Vorteile des Materialgruppenmanagements sind:
- Realisierung einer umfassenden Übersicht über die bedeutenden Treiber der Materialkosten im gesamten Unternehmen sowie in den spezifischen Materialgruppen
- Bündelung und bestmögliche Nutzung der im Unternehmen verteilten Kenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich spezifischer Beschaffungsgüter, Beschaffungsmärkte, Lieferanten und Technologien
- Identifikation und Nutzung vorhandener Hebel im Einkauf durch die umfassende Einbindung aller relevanten Bereiche
- Optimierung der wesentlichen Treiber der Materialkosten bereits in einem frühen Stadium der Beschaffung
- Realisierung von Synergieeffekten und Optimierung des Lieferantenportfolios auf Basis eindeutig definierter Einkaufsstrategien
Corporate Sourcing Committee
Es hat sich vielfach als zielführend erwiesen, Einkaufsentscheidungen in einem interdisziplinär besetzten Team zu fällen. Diese werden als Corporate Sourcing Committee, Einkaufsgremium oder Purchasing Council bezeichnet.
Um die vollständige Transparenz über Preisentwicklungen oder Lieferantenwechsel sicherzustellen, sollten die Entscheidungen nicht aggregiert, sondern auf Einzelteilebene getroffen werden. In diesem Einkaufsgremium sollten primär die volumenstärksten Vorgänge behandelt werden (A-Teile, die 80 % der Einkaufsumfänge, aber nur rund 20 % der Entscheidungsumfänge betreffen).
Um eine effiziente und entscheidungsorientierte Diskussion führen zu können, bedarf es Standards für das Berichtswesen und die Präsentation.