Der Leverage Effekt beschreibt einen Zusammenhang, den sich Aktionäre bzw. Unternehmenseigentümer zunutze machen können, um die RentabilitätdesEigenkapitals zu steigern. Im Wesentlichen beschreibt der Leverage Effekt eine Hebelwirkung durch eine Fremdfinanzierung.
Dies können Anleger nutzen, wenn sie Fremdkapital zu einem individuellen Zeitpunkt aufnehmen, wobei exakt zu diesem Zeitpunkt der Zins des Fremdkapitals unter der Gesamtkapitalrendite des Unternehmens liegen muss. Dann fällt der Leverage Effekt zugunsten des Anlegers oder Investors aus.
Wie entsteht der Leverage Effekt?
Wenn die Kosten für benötigtes Fremdkapital, das zusätzlich in ein Unternehmen fließt, niedriger sind als die Gesamtkapitalrentabilität, steigert dies die Eigenkapitalrentabilität. Liegt die Gesamtkapitalrendite etwa bei 15 % und der ZinsfürFremdkapital bei 10 %, lohnt es sich für den Unternehmer mehr Fremdkapital aufzunehmen.
Der Grund dafür ist einfach, denn der Unternehmer muss hier nur 10 % Zinsen für das Kapital zahlen, das ihm zur Verfügung gestellt wird. Er kann dieses Kapital jedoch nutzen, um in seinem Unternehmen 15 % Rendite zu erzielen. Dies setzt voraus, dass der Unternehmer eine sinnvolle Verwendung für das zusätzliche Kapital findet. Nachdem er infolge der Aufnahme von Fremdkapital weniger eigenes Kapital benötigt, kann dieses effektiver eingesetzt werden. Die logische Konsequenz daraus liegt in einer höheren Eigenkapitalrentabilität.
Zu beachten ist, dass der Leverage Effekt in beide Richtungen, also zum Erhöhen aber auch zum SenkenderRentabilität verwendet werden kann. Wenn die Gesamtkapitalrendite nämlich unter dem Fremdkapitalzins liegt, kann das zusätzliche Kapital nicht mehr gewinnbringend genutzt werden. In der Folge sinkt die Eigenkapitalrentabilität. Vor allem beim Kauf von Aktien kommt dieses Risiko häufig zum Tragen, denn in der Theorie könnten mehr Aktien dank des Fremdkapitals gekauft werden als ohne. So kann in der Theorie auch mehr Gewinn erwirtschaftet werden. Da sich aber Kurse am Aktienmarkt sehr rasch verändern können, ist das RisikoeineshohenVerschuldungsgrades für Anleger sehr hoch.
An dieser Stelle sei kurz erwähnt, dass es auf der Suche nach dem optimalen Verschuldungsgrad einige komplizierteModelle gibt, die durch unterschiedliche Annahmen über die Vollkommenheit des Kapitalmarktes zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen (z. B. die Trade Off Theorie). Auf diese gehen wir hier nicht näher ein. Uns geht es in diesem Artikel lediglich um die Funktionsweise des Leverage Effekts, welche die Suche nach einer optimalen Verschuldung überhaupt erst möglich macht.
Formel zur Berechnung des Leverage Effekts
Der Leverage Effekt ergibt sich aus folgender Formel. Um die Hebelwirkung zu berechnen, berechnet man die Eigenkapitalrendite für unterschiedlicheSzenarien — meist vor und nach der Aufnahme von zusätzlichem Fremdkapital.
Dabei steht rEK für die Eigenkapitalrendite, rGK für die Gesamtkapitalrendite, rFK für die Fremdkapitalzinsen und V für den Verschuldungsgrad. Anhand der Formel lassen sich wunderbar auch die inhaltlich erläuterten Zusammenhänge erkennen. Bei einem nicht verschuldeten Unternehmen ist V gleich 0, wodurch nur noch rEK = rGK übrig bleibt. Wenn die Zinsen für das aufgenommene Fremdkapital größer sind als die Gesamtkapitalrendite, wird der Term in der Klammer negativ und die Eigenkapitalrendite sinkt — der Leverage Effekt geht sozusagen nach hinten los.
Wenn wir den Erwartungswert der Eigenkapitalrendite ermitteln, ergibt sich ein linearer Zusammenhang. Die Varianz — das Risiko — steigt jedoch quadratisch. Genau deswegen, kann der Leverage Effekt sehr tückisch werden, sobald der Term in der Klammer negativ ist.
Weiter unten haben wir ein Beispiel vorbereitet, was den Zusammenhang anhand von konkreten Zahlen verdeutlicht.
Probleme beim Leverage Effekt in der Praxis
Die Theorie besagt, dass mithilfe des Leverage Effekts, die Eigenkapitalrentabilität durch mehr Fremdkapital zu günstigen Zinsen immer weiter gesteigert werden kann. In der Praxis, auf einem unvollkommenenKapitalmarkt, funktioniert dies jedoch nicht.
Der Grund liegt in der Bonität von Unternehmen, die bei steigender Kreditfinanzierung natürlich abnimmt. Damit sind in der Folge meist immer weniger Investoren bereit, in die Firma zu investieren oder aber der Zinssatz steigt entsprechend an. Damit kann der Fremdkapitalzins derartige Höhen erreichen, die die Gesamtkapitalrentabilität übersteigen, womit der Leverage Effekt vom Positiven ins Negative umschwenkt. Zum Beispiel würde kein Kreditgeber einem Unternehmen mit 95 % Fremdkapital und 5 % Eigenkapital gerne Geld leihen, es sei denn er kann dafür im Erfolgsfall horrende Zinsen verlangen.
Damit ist auch klar, dass Eigentümer von Unternehmen und auch Anleger den Leverage Effekt nur bedingt verwenden können, damit die Rentabilität des Eigenkapitals verbessert wird und der Leverage Effekt sich nicht plötzlich gegen sie auswirkt.
Auf unvollkommenen Märkten fallen außerdem noch Transaktionskosten, insbesondere Informationskosten an.
Der Leverage Effekt beim Börsenhandel
Dass der Wertpapierhandel prinzipiell sehr lukrativ sein kann, ist unbestritten. Neben dem klassischen Aktienhandel gibt es an der Börse eine schier unendliche Anzahl an Finanzprodukten. Einige Produkte können mit einem Hebel gehandelt werden — das heißt, sie werden mit der Hilfe von Fremdkapital gehandelt, womit der Leverage Effekt wieder ins Spiel kommt. Klar ist, dass es gerade beim Handelmit Hebeln diesbezüglich einiges zu beachten gilt.
Immerhin ergeben sich aufgrund der manchmal extremen Schwankungen an den Wertpapiermärkten durchaus hohe Chancen auf Gewinn, jedoch auch auf hohe Verluste. Wer sich auf Devisenhandel und das Handelnmit Optionsscheinen fokussiert, kann mit dem Leverage Effekt seine Erträge und Gewinne deutlich steigern. Denn auch hier kann dank des Einsatzes von Fremdkapital die Eigenkapitalrendite entsprechend gesteigert werden.
Die einzelnen Mechanismen und Abläufe sind aber im Gegensatz zum fremdfinanzierten Unternehmensaufbau oder Immobilienkauf komplett anders gestaltet. Das ist grundsätzlich auf die Abläufe der Transaktionen zurück zu führen. Abhängig von der Höhe der hinterlegten Sicherheitsleistung legt der Broker ein maximales Hebelverhältnis fest, das in der Folge für die Transaktionen verwendet wird. Ein langwieriges Kreditverfahren mit dem Ausfüllen unzähliger Anträge und Formulare fällt also weg. Stattdessen wird einfach einmal ein Kundenkonto bei einem Broker eröffnet, mit dem jederzeit zusätzliches Kapital zum Handeln bereit stehen kann.
Wer auf seinem Konto bei einem Broker zum Beispiel1.000 € hinterlegt und sich für einen Hebel 1:30 entscheidet, der kann in der Folge mit einem Kapital in der Gesamthöhe von 30.000 € handeln. So können sehr rasch alle Voraussetzungen getroffen werden, um große Geldsummen zu bewegen. Gerade bei Spekulationen wie dem Forexhandel, deren Gewinn aus minimalen Kursschwankungen entsteht, kann dies einen wesentlichen Unterschied ausmachen. Erfolgt eine Preissteigerung von nur 1 %, ergibt das ohne Hebel 10 €, mit Hebel immerhin satte 300 €. Dank Verwendung des Hebels kann in diesem Fall die Eigenkapitalrendite deutlich gesteigert werden. Doch alle, die hier begeistert den Gewinn zur Kenntnis nehmen, sollten dies mit Bedacht tun. Denn der Leverage Effekt kann sich in so einem Fall auch rasch negativ auswirken. Denn fällt der Kurs auch nur um 1 %, bedeutet dies einen Verlust von 300 €.
Auch wenn der Handel mit Hebeln keine langwierigen Prozeduren der Antragstellung und des Genehmigungsverfahrens notwendig macht, möchte jeder Broker natürlich trotzdem eine Bezahlung für das Bereitstellen des Kapitals zum Handeln. Grundsätzlich erfolgt dies über den sogenannten Spread. Dieser muss der Höhe nach, ebenso wie die Zinsen bei einer Kapitalerhöhung, in die Berechnung des Leverage Effekts einbezogen werden. Eine grundsätzliche Aussage, wie hoch die Eigenkapitalrentabilität dank des verwendeten Leverage Effekts ausfällt, lässt sich natürlich nicht treffen. Immerhin ist der Gewinn stark von der individuellen Kursentwicklung und dem Timing beim Kauf und Verkauf abhängig.
Der Handel mit Hebeln ist aufgrund der schwierigen Prognose hinsichtlich des erreichbaren Gewinns und des Risikos eines totalen Verlustes nur für sehr erfahrene Händler geeignet.
Beispiele
Beispiel 1:
Das Unternehmen ABC AG würde gerne seine Eigenkapitalrentabilität steigern. Nach langen Diskussionen einigt man sich darauf den Leverage Effekt zu nutzen. Der Praktikant wird damit beauftragt zu berechnen, wie weit die EKR durch eine Aufnahme eines Bankkredits in Höhe von 5.000.000 € gesteigert werden kann. Der Kredit soll mit 10 % jährlich verzinst werden. Derzeit ist das Unternehmen gar nicht verschuldet. Das Gesamtkapitaldes Unternehmens beträgt derzeit 10.000.000 €, die GKR beträgt 15 %. Es ist davon auszugehen, dass das neue Kapital genauso profitabel wie bisher investiert werden kann.
Da das Unternehmen derzeit nicht verschuldet ist, muss die EKR der GKR entsprechen. Wir überprüfen dies durch Einsetzen in die Formel: rEK = rGK + (rGK – rFK) * V = 0,15 + (0,15) * 0 = 0,15 = 15 %.
Nun wird zu den 10.000.000 € Eigenkapital, 5.000.000 € Fremdkapital aufgenommen. Der Verschuldungsgrad (Fremdkapital / Eigenkapital) steigt also von 0 auf 0,5. Da das neue Kapital genauso profitabel wie bisher investiert werden kann, bleibt die GKR bei 15 %. Durch Einsetzen in die Formel erhalten wir: rEK = rGK + (rGK – rFK) * V = 0,15 + (0,15 – 0,10) * 0,5 = 0,15 = 17,5 %.
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