Was ist Preisdifferenzierung?

Preisdifferenzierung ist eine preispolitische Strategie, bei der von Nachfragern für identische bzw. nahezu identische Güter (Produkte oder Dienstleistungen) unterschiedliche Preise gefordert werden. Diese allgemeine Definition bezieht verschiedene Spezialfälle mit ein:

Preisdifferenzierung im engeren Sinne liegt vor, wenn für völlig gleiche Güter, welche die gleichen Kosten verursachen, verschiedene Preise gefordert werden, entsprechend den Absatzbedingungen, die die segmentierten Nachfrager mit sich bringen.

Bei der Preisdifferenzierung im weiteren Sinne sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  1. Gleiche Güter können durch die unterschiedlichsten Begleitumstände, z. B. verschiedene Transportwege oder verschiedene Mengenabnahme je Auftrag, verschiedene Kosten verursachen. Preisstellungen bei qualitativ gleichen Gütern, die solchen Kostenunterschieden entsprechen (unechte Preisdifferenzierung) können der Preisdifferenzierung im weiteren Sinne zugeordnet werden, da sie ein wesentliches Merkmal des allgemeinen Preisdifferenzierungsbegriffs aufweisen, indem die sonst denkbare Einheitlichkeit gegenüber den verschiedenen Kostenbedingungen aufgehoben ist.
  2. Insbesondere bei Ablehnung der vorstehenden Begriffsfassung wird folgender Sonderfall zur Preisdiskriminierung im weiteren Sinne gerechnet: Gleiche Güter können durch die verschiedenen Begleitumstände unterschiedliche Kosten verursachen und dennoch gleiche Preishöhen erhalten. Trotz identischer Preishöhen wird hier von Preisdifferenzierung gesprochen, da die Preise dann in Bezug auf ihr Preis-Kosten-Verhältnis unterschiedlich sind, das bei einer kostenverursachungsgemäßen Preiskalkulation und verschieden hohen Preisen gleich und einheitlich wäre.
  3. Werden die Preise für identische Güter, die durch die Begleitumstände verschiedene Kosten verursachen, nicht nur unter Berücksichtigung der Kosten, sondern auch unter Beachtung von verschiedenen Nachfragebedingungen voneinander abweichend fixiert, so kann ebenfalls von einer Preisdifferenzierung im weiteren Sinne gesprochen werden.
  4. Außer der Preisdifferenzierung bei identischen Gütern gibt es auch solche bei ähnlichen oder verschiedenen Gütern. Die aufzuhebende Preiseinheitlichkeit ähnlicher oder unterschiedlicher Güter kann darin bestehen, dass die Preise jeweils in gleichem Verhältnis zu den Kosten stehen oder die Preise die Nachfrageverhältnisse der Güter auf gleiche Weise berücksichtigen. Auch bei Aufhebung dieser Einheitlichkeit der Preise kann im weiteren Sinne des Begriffs von Preisdiskriminierung gesprochen werden. Sie ergibt sich z. B., wenn die Preise für ähnliche oder verschiedene Güter überproportional zur Höhe der Kosten dieser Güter und überproportional zu den Qualitätsansprüchen der Nachfrager gesteigert werden. Preisdifferenzierung im weiteren Sinne kann mit Produktdifferenzierung einhergehen. Auch durch völlig gleiche Preishöhen für die ähnlichen oder verschiedenen Güter könnte die sonst mögliche Einheitlichkeit der Preise in ihrer Relation zu den Kosten oder gegenüber den Nachfrageverhältnissen aufgehoben werden.

Was sind die Ziele der Preisdifferenzierung?

Das zentrale Ziel der Preisdifferenzierung aus Unternehmenssicht ist eine Gewinnmaximierung durch Abschöpfung der Konsumentenrente.

Zu den spezifischen Zielen, die im Zusammenhang mit der Preisdifferenzierung verfolgt werden können, gehören:

  • Ausschöpfung der heterogenen Marktverhältnisse, effizientere Marktbearbeitung (z. B. durch segmentspezifische Preisanpassung und Rabatte, Preislagenpolitik, Preislinienpolitik);
  • Kundengewinnung, Kundenbindung (z. B. durch Aktionsrabatt, Sonderangebotsrabatt, Bonus, Gesamtumsatzrabatt, Treuerabatt);
  • Skimming-Strategie, Abschöpfung der Konsumentenrente;
  • Konkurrenzabwehr (z. B. durch Rabatte zur Anpassung oder Unterbietung);
  • Produkteinführung (z. B. durch Einführungsrabatt);
  • Lagerräumung, Auslauf, Ausverkauf (z. B. durch zeitliche Preisdifferenzierung, Schlussverkaufspreise, Sonderrabatte);
  • Steigerung des gesamten Umsatzes, Beschäftigung, Kapazitätsauslastung (z. B. durch diverse Rabatte);
  • Nivellierung von Umsatz, Beschäftigung, Kapazitätsauslastung (z. B. durch Saisonrabatt, Frühbezugsprämie);
  • Rationalisierung der Herstellung (z. B. durch preisliche Begünstigung der Standardausführungen, Benachteiligung von Sonderausführungen);
  • Auftragsgrößensteigerung, Lößgrößensteigerung (z. B. durch Mengenrabatt, Mindermengenzuschlag, Auftragsrabatt, Sammelrabatt);
  • Erhöhung der Kosten- und Leistungsgerechtigkeit der Preise in Bezug auf die Kosten und Leistungen der Abnehmer (z. B. durch Funktionsrabatt, Großhandelsrabatt, Einzelhandelsrabatt, Handwerksrabatt);
  • Erhöhung der Kosten- und Leistungsgerechtigkeit der Preise hinsichtlich der Aufteilung der Kosten und Leistungen zwischen Anbieter und Abnehmer (z. B. durch Skonto, Mitnahmerabatt, Abholrabatt, Montagerabatt, Lieferungs- und Zahlungskonditionen).

Welche Arten der Preisdifferenzierung gibt es?

Es kann zwischen vertikaler und horizontaler Preisdifferenzierung unterschieden werden: Bei der vertikalen Preisdifferenzierung findet der Anbieter mehrere sich unterscheidende Teilmärkte bereits vor. Auf jedem dieser Teilmärkte gibt es Käufer aller oder einiger Preisschichten, sodass die Nachfrage auf jedem Teilmarkt in der Regel in einer von links oben nach rechts unten verlaufenden Preis-Absatzfunktion zum Ausdruck kommt.

Preisdifferenzierung ArtenBei horizontaler Preisdifferenzierung wird der gesamte Markt vom Anbieter selbst in Käuferschichten mit unterschiedlicher Zahlungswilligkeit zerlegt. Eine die Gesamtnachfrage reflektierende Preis-Absatzfunktion wird dementsprechend in mehrere Teile aufgeteilt. Dabei entrichtet jeder Käufer den Preis in Höhe der unteren Grenze der Schicht, welcher seiner Zahlungsbereitschaft entspricht.

Welche Formen der Preisdifferenzierung gibt es?

Für die Marktaufspaltung und Preisdifferenzierung können unterschiedliche Kriterien für die Segmentierung herangezogen werden, die zu verschiedenen Formen der Preisdifferenzierung führen:

Personelle Preisdifferenzierung

Konsumentengruppen werden z. B. nach soziodemografischen, sozialen oder Kaufverhaltensmerkmalen, gewerbliche Käufergruppen nach Branchen, Betriebsformen, Betriebsgrößenklassen usw. unterschieden und preispolitisch unterschiedlich behandelt. Die Preisdifferenzierung nach dem Verwendungszweck des Produkts, bei der z. B. Stromtarife für gewerbliche und private Abnehmer oder die Preise von Eisenwaren für Handwerker und Konsumenten abweichend gestaltet werden, kann als Sonderfall der personellen Preisdifferenzierung erachtet werden.

Beispiele:

  • Rabattaktionen für Schüler oder Studenten
  • Niedrige Preise für Schüler im Kino
  • Kunden mit einer Kundenkarte bekommen automatisch Rabatte
  • Unterschiedliche Preisgestaltung für Rentner oder Familien

Räumliche Preisdifferenzierung

Der Markt wird nach Standorten der Nachfrage unterschieden und preislich divergierend behandelt.

Beispiele:

  • Ein Bier, das in Deutschland produziert wird, kostet im Ausland deutlich mehr. Deutsches Bier, das in Asien auf dem Markt kommt, ist dort bedeutend teurer als im Inland.
  • Nicht alle Tankstellen verkaufen Benzin zum gleichen Preis. Eine Tankstelle, die in einem großen Umkreis ohne Wettbewerb ist, kann vom Preis her mehr verlangen als in einem dicht besiedelten Gebiet mit mehreren Tankstellen. Außerdem sind die Preise für Kraftstoffe in ländlicher Region günstiger als an Autobahnen.

Zeitliche Preisdifferenzierung

Im Zeitablauf wird der Markt preislich unterschiedlich behandelt (Preisvariation). Diese Preisgestaltung kann von der Saison, aber auch von der Tageszeit abhängig sein. Hierunter fällt auch das sogenannte Dynamic Pricing.

Beispiele:

  • Ein sehr bekanntes Beispiel ist die Happy Hour in Bars. Zu bestimmten Zeiten werden hier Cocktails oder andere Getränke zu günstigen Preisen angeboten.
  • Auch hier lässt sich Benzin als Beispiel nennen. Benzin ist häufig bei derselben Tankstelle am Morgen teurer als in den Mittagsstunden.
  • Die Last-Minute-Angebote auf den Seiten vieler Reiseportale. Vom Preis her häufig deutlich günstiger als zu anderen Buchungszeiten.

Quantitative Preisdifferenzierung

Der Preis wird differenziert nach der Abnahmemenge eines Gutes pro Auftrag, nach dem Gesamtumfang des Auftrags, nach der Abnahmemenge pro Periode, nach der Gesamtabnahme pro Periode und entsprechenden Maßgrößen.

Beispiele:

  • Angebote für Mengenrabatte
  • Die aus dem Einzelhandel bekannte Aktion: „Kauf drei, zahl zwei“
  • Preisstufung je nach Menge bei Produkten, die mit mengenmäßigen Staffelpreisen versehen sind

Qualitative Preisdifferenzierung

Hinsichtlich der Arten und qualitativen Zusammensetzung der Hauptleistungen und Nebenleistungen kann der Markt segmentiert und preislich unterschiedlich behandelt werden.

Beispiele:

  • Unterschiedliche Preise für ein gebundenes Buch, ein Taschenbuch und ein eBook;
  • Autos, die als Standardmodell und als Sonderanfertigung angeboten werden.

Sachliche Preisdifferenzierung

Je nach Verwendungszweck der Güter werden unterschiedliche Preise gesetzt.

Beispiele:

  • Bei Strom wird unterschieden zwischen Stromtarifen für den privaten Haushalt, für die Industrie und für den gewerblichen Zweck. Die Preise unterscheiden sich in ihrer Höhe beträchtlich, obwohl das Produkt gleich is.
  • Wird Alkohol für Desinfektions- oder Reinigungszwecke verwendet, ist der Preis deutlich geringer als für Alkohol, der als Genussmittel veräußert wird.

Welche Techniken der Preisdifferenzierung gibt es?

Es ist vor allem zwischen direkter und indirekter Preisdifferenzierung zu unterscheiden. Bei der direkten Preisdifferenzierung kommt die Differenzierung unmittelbar in den festgelegten Preishöhen zum Ausdruck, und es gibt keinen Unterschied zwischen Brutto- und Nettopreisen. Eine derartige Preisdifferenzierung ist bei verschiedenen Gütern ohne weiteres möglich.

Nicht so einfach ist es aber, wenn die Preise für gleiche Güter, beispielsweise nach unterschiedlichen Abnahmemengen, differenziert werden sollen. Hier empfiehlt sich vielmehr die indirekte Preisdifferenzierung, die es erlaubt, den zu differenzierenden Preis als Bruttopreis (Nettopreis) beizubehalten und die Differenzierung durch unterschiedliche Abschläge (Aufschläge) vorzunehmen (Konditionenpolitik).

Das Wichtigste zur Preisdifferenzierung in Kürze

Die Preisdifferenzierung beschreibt eine preispolitische Strategie, bei der ein Unternehmen ein identisches bzw. nahezu identisches Gut zu unterschiedlichen Preisen anbietet. Mithilfe der Preisdifferenzierung streben Unternehmen danach, ihren Gewinn durch Abschöpfung der Konsumentenrente zu maximieren.

Bei der Preisdifferenzierung kann im ersten Schritt unterschieden werden zwischen:

  • Horizontaler Preisdifferenzierung
  • Vertikaler Preisdifferenzierung

Im zweiten Schritt wird unterschieden zwischen:

  • Personeller Preisdifferenzierung
  • Räumlicher Preisdifferenzierung
  • Zeitlicher Preisdifferenzierung
  • Quantitativer Preisdifferenzierung
  • Qualitativer Preisdifferenzierung
  • Sachlicher Preisdifferenzierung

Darüber hinaus lässt sich unterscheiden zwischen:

  • Direkter Preisdifferenzierung
  • Indirekter Preisdifferenzierung

Aufgaben

  1. Welche Formen der Preisdifferenzierung liegen in den nachfolgenden Fällen jeweils vor?
  • Der Nahrungshersteller Bettlé verkauft Bohnenkonserven besonders günstig in 100-Dosen-Prepper-Gebinde.
  • Ein Stromhändler verkauft seinen Strom an Endkunden zu Preisen weiter, die sich seinen temporär schwankenden Bezugspreisen permanent anpassen.
  • Der Benzinpreis des Tankstellenbetreibers Tanke ist bei den Autobahntankstellen immer um 5 Cent pro Liter höher als an den anderen Tankstellen.
  • Ein Unternehmen vertreibt Trinkbrunnen für Hunde und Katzen. Ein- und derselbe Trinkbrunnen wird unter dem Namen Dog-Bar für Hunde und unter dem Namen Cat-Bar für Katzen angeboten. Der Preis von Cat-Bar liegt 20% über dem Preis von Dog-Bar.
  • quantitative Preisdifferenzierung
  • zeitliche Preisdifferenzierung
  • räumliche Preisdifferenzierung
  • sachliche Preisdifferenzierung

Literaturhinweise

  1. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik (2019): Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019.

Übungsfragen

#1. Welchem Bereich des Marketing-Mix lässt sich die Preisdifferenzierung zuordnen?

#2. Was ist das zentrale Ziel der Preisdifferenzierung?

#3. Welche Form der Preisdifferenzierung bezieht sich auf den Verkaufsort?

#4. Für welche Form der Preisdifferenzierung sind Mengenrabatte ein Beispiel?

#5. Für welche Form der Preisdifferenzierung sind niedrigere Preise für Studenten ein Beispiel?

Fertig