Shareholder sind Eigenkapitalgeber eines Unternehmens. Sie sind eine Untergruppe der Stakeholder. Als Stakeholder werden alle Anspruchsgruppen bezeichnet, die Ansprüche an die Wertschöpfung eines Unternehmens stellen. Dazu gehören interne (z. B. Mitarbeitende) und externe Gruppen (z. B. Kunden, Lieferanten, Wettbewerber).
Der Shareholder-Ansatz – eigentümerorientierte Sichtweise
Die eigentümerbezogene Sichtweise fordert, ein Unternehmen solle sich eindeutig auf die Erfüllung der Interessen der Eigentümer – der Shareholder – konzentrieren. Diese ausschließliche Fokussierung auf die Wertmaximierung für die Shareholder nützt gemäß dieser These der gesamten Volkswirtschaft am meisten. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman äußerte sich 1970 im New York Times Magazine folgendermaßen dazu:
„Im Sinne der freien Marktwirtschaft mit privatem Eigentum ist der Unternehmensleiter ein Angestellter der Firmeneigentümer. Er muss sich gegenüber den Arbeitgebern verantworten. Diese Verantwortung umfasst eine Geschäftsführung, die sich nach den Vorstellungen der Eigentümer richtet und die unter Beachtung grundsätzlicher rechtlicher und ethischer Regeln das Erzielen möglichst hoher Gewinne umfasst.“
Der Stakeholder-Ansatz – gesellschaftsorientierte Sichtweise
„Der Zweck der Betriebe besteht nicht ausschließlich in der Produktion und im Vertrieb irgendwelcher Leistungen oder in der Gewinnerzielung, sondern in der Befriedigung verschiedenster Ansprüche von sich engagierenden Interessengruppen.“ (Hill, Managementlehre, 1995, S. 125)
Im Gegensatz zu den Überlegungen des Shareholder-Ansatzes stehend kann nicht mehr wegdiskutiert werden, dass jedes Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen hat. Aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen an Unternehmen sind unter anderem:
Sind die Unternehmen (mit-)verantwortlich für die Lösungder gesellschaftlichen Probleme (Arbeitslosigkeit, Vereinsamung, Diskriminierung etc.)?
Haben Unternehmen eine moralische Pflicht zum bestmöglichen Schutz der Umwelt, der über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgeht (Schonung der nicht erneuerbaren Ressourcen, Erhaltung der Natur etc.)?
Nach dem so genannten Stakeholder-Ansatz soll das normative Management eines Unternehmens die Interessen sämtlicher (oder wenigstens der wichtigsten) Anspruchsgruppen zu befriedigen suchen. Aufgabe eines normativen Stakeholder-Managements ist es deshalb, die relevanten Anspruchsgruppen des jeweiligen Unternehmens zu identifizieren und möglichst einen Konsens zwischen deren unterschiedlichen Ansprüchen zu schaffen.
Shareholder-Value-Ansatz und Stakeholder-Value-Ansatz – zwei Gegensätze?
Ist der Gegensatz zwischen Shareholder- und Stakeholder-Ansatz bei langfristiger Perspektive wirklich so groß, wie er mitunter dargestellt wird? Einen möglichen Lösungsansatz hierzu liefert unter anderem das weiter oben angeführt Zitat von Milton Friedman.
Die Shareholder (Eigentümer und Eigenkapitalgeber eines Unternehmens) haben Interesse an hohen Gewinnen beziehungsweise hoher Steigerung des materiellen Unternehmenswerts, denn ein erhöhter Unternehmenswert drückt sich z. B. bei börsennotierten Aktiengesellschaften in höheren Aktienkursen und Dividendenzahlungen aus.
Die Berücksichtigung von Ansprüchen gesellschaftlicher oder ökologischer Stakeholder kann zwar den kurzfristigen Gewinn schmälern, langfristig dürfte aber das positive Image des Unternehmens jedoch oft zu einem erhöhten materiellen Unternehmenswert führen.
Auch Friedman fordert nicht, das Management eines Unternehmens solle sich nur um die Eigentümerinteressen kümmern. Die Forderung nach „Beachtung grundsätzlicher rechtlicher und ethischer Regeln“ in dem Zitat deutet an, dass auch er zumindest die Berücksichtigung gesetzlicher Vorschriften und sonstiger allgemein akzeptierter Regeln (z. B. zum Umweltschutz und zum Wettbewerbsverhalten) verlangt.
Entstehung und Zielsetzung des Shareholder-Value-Konzepts
Begründet wurde das so genannte Shareholder-Value-Konzept 1986 von dem Amerikaner Alfred Rappaport durch dessen Buch “Creating Shareholder Value“. In der Übersetzung von Wolfgang Klein wurde das Buch 1995 in Deutschland eingeführt. Weitere bedeutende Vertreter des Shareholder-Value-Gedankens sind Bühner, Copeland/Koller/Murrin, Lewis und Stewart.
Alle Ansätze des Shareholder-Value-Konzepts gehen davon aus, dass es das vorrangige Ziel eines Unternehmens ist, für die Anteilseigner (Shareholder) Wertsteigerungen (Value) zu schaffen. Dies kann geschehen durch:
die Erhöhung des Marktwerts des Eigenkapitals, die sich eventuell in Aktienkurssteigerungen niederschlägt
höhere Dividenden.
Der Wert eines Unternehmens setzt sich aus dem Marktwert des Eigenkapitals (= Shareholder Value) und dem Marktwert des Fremdkapitals zusammen, sodass sich für den Shareholder Value die folgende Gleichung ergibt:
Shareholder Value = Unternehmenswert – Marktwert des Fremdkapitals
Kritische Würdigung des Shareholder-Value-Konzepts
Der große Vorteil des Shareholder-Value-Konzepts liegt darin, dass nicht der stark manipulierte Gewinn, sondern der Cashflow das maßgebende Entscheidungskriterium bildet. Darin liegt jedoch für die Praxis gleichzeitig das Problem, denn die meisten Unternehmen verwenden für Planungszwecke Größen aus dem externen und internen Rechnungswesen.
Der Cashflow ist jedoch mithilfe einer Sonderrechnung zu ermitteln und zu prognostizieren. Schwierig ist es vor allem, die einzelnen Werttreiber Umsatzwachstum, Umsatzüberschussrate, Zusatzinvestitionen ins Anlage- und Umlaufvermögen, Cash-Gewinnsteuersatz und Kapitalkosten zuverlässig für die Prognoseperiode zu schätzen.
Neben diesen technischen Schwierigkeiten bemängeln Kritiker des Konzepts auch die Manipulationsmöglichkeiten, mit denen das Management die Planungsdaten für die Wertsteigerung schönen können. Insbesondere die Manipulationsmöglichkeiten bei der Berechnung des relevanten Kapitalkostensatzes und des meist dominanten Restwerts werden kritisiert.
Dennoch gibt es immer mehr Unternehmen, die eine wertorientierteUnternehmensführung eingeführt haben. Und wegen der zunehmenden Mobilität der Kapitalströme wird die Orientierung des Managements am Shareholder-Value weiter an Bedeutung gewinnen.
Beispiele
Beispiel 1:
Im Jahr 1995 wollte das Unternehmen Shell einen ausgedienten Öltank im Meer versenken, um Kosten zu sparen. Die Organisation Greenpeace forderte Shell dazu auf, den Öltank an Land zu entsorgen, um das Meer nicht zu verschmutzen. Als die Geschichte bekannt wurde und die Medien darauf aufmerksam wurden, kam es zu einer öffentlichen Empörung über den Vorfall. Schließlich beschloss Shell freiwillig, die Plattform doch an Land zu entsorgen.
Wie kommen der Shareholder- und Stakeholder-Ansatz hier zur Geltung?
Shareholder-Ansatz: Shell wollte mit der Versenkung Kosten sparen, um den Gewinn für die Unternehmenseigentümer zu steigern.
Stakeholder-Ansatz: Shell hat sämtliche andere Anspruchsgruppen außer Acht gelassen. Hierzu gehören z. B. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace aber auch die Kunden des Unternehmens. Als diese von der Aktion hörten, verschlechterte sich deren Wahrnehmung von Shell drastisch, was schließlich die Versenkung verhinderte.
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