Was ist die Entsorgungslogistik?

Der Entsorgungslogistik kann die Aufgabe der Gestaltung und Umsetzung von Rückstandströmen zugewiesen werden. Im Rahmen der Güterherstellung, -distribution und -verwendung fallen zwangsläufig Rückstände an, die nicht bezweckt sind und die daher einer Entsorgung zugeführt werden müssen.

Unter Entsorgung sind sämtliche Maßnahmen zu verstehen, die der erneuten Nutzung des Stoffes (Verwertung) oder der umweltverträglichen Ablagerung (Beseitigung), z. B. in Deponien dienen.

EntsorgungslogistikDie Verwertung kann auf unterschiedlichen Qualitätsebenen erfolgen. Die Nutzung kann sich hierbei auf die Energie (thermische Verwertung), auf molekulare Grundbestandteile (stoffliche Verwertung), auf bestimmte Werkstoffarten (stoffliche Verwertung) oder auf den Nutzungsvorrat von Teilen und Aggregaten (Wiederverwendung) beziehen. Mit steigendem Qualitätsniveau erhöhen sich neben dem Rückstandwert auch die Sortenreinheitsanforderungen an die Rückstandbereitstellung.

Welche Ziele hat die Entsorgungslogistik?

Die ökonomischen Ziele der Entsorgungslogistik beinhalten

  • die Sicherstellung einer attraktiven Entsorgungslogistikleistung im Sinne von notwendiger Entsorgungszeit, Termintreue und Flexibilität,
  • die Minimierung der gesamten Kosten der Entsorgungslogistik.

Ökologische Ziele beinhalten auf der

  • Inputseite die Verminderung des Einsatzes natürlicher Ressourcen und
  • Outputseite die zielübereinstimmende Gestaltung der Emissions- und Immissionswirkungen der Objekte und Prozesse der Entsorgungslogistik unter Beachtung der gesetzlichen Restriktionen.

Welche Aufgabenbereiche hat die Entsorgungslogistik?

Die Aufgabenbereiche der Entsorgungslogistik lehnen sich an die traditionellen Aufgaben der Beschaffungslogistik, Produktionslogistik und Distributionslogistik an und umfassen als Kernleistungen Transportprozesse, Umschlagprozesse und Lagerungsprozesse sowie den Materialfluss überlagernden Informationsfluss in Form der Auftragsabwicklung.

Als eigenständiger Aufgabenbereich der Entsorgungslogistik kommen das Sammeln und Sortieren sowie Behälterwahl und das Verpacken hinzu.

Von den anderen logistischen Subsystemen unterscheidet sich die Entsorgungslogistik durch

  • die Art der Objekte (Reststoffe, die als Nebenprodukte bei Produktionsprozessen, Konsumprozessen und Transferprozessen anfallen versus Versorgungsgüter),
  • die Flussrichtung der Objekte (zumindest bei der innerbetrieblichen Entsorgungslogistik liegt eine zur Versorgungslogistik umgekehrte Flussrichtung vor),
  • die Zielorientierung (neben der primär ökonomischen Zielorientierung tritt bei der Entsorgungslogistik die Orientierung an ökologischen Zielen).

Was sind Objekte der Entsorgungslogistik?

Grundsätzlich gehören zum Objektbereich der betrieblichen Entsorgungslogistik alle Rückstände, für die dem Unternehmen eine Entsorgungsverantwortung obliegt.

Die Objekte der Entsorgungslogistik lassen sich einteilen nach

  • der Art des ökonomischen Basisprozesses,
  • ihrer Verwertbarkeit,
  • ihrer Gefährlichkeit,
  • ihrem ökonomischen Wert.

Ergebnisse von Produktions-, Konsum- und Logistikprozessen sind Produkte bzw. Leistungen und Rückstände. Letztere sind Stoffe, die im jeweiligen Prozess zwangsläufig anfallen, jedoch kein Sachziel darstellen. Zu den Produktionsrückständen gehören beispielsweise nicht mehr verwendbare Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, ausgediente Potenzialfaktoren, unerwünschte Kuppelprodukte, Ausschuss und alle mit der Leistungserstellung verbundenen Luft-, Wasser- und Bodenemissionen.

Beim Güterverzehr fallen Verbrauchsrückstände in Form von nicht mehr verwendungsfähigen (ausgedienten) Produkten und Produktrückständen in der Gebrauchsphase an. Bei Logistikprozessen fallen im Rahmen der Raum- und Zeitüberbrückung Transferrückstände wie Transport- und Umverpackungen oder Retouren (beschädigte Güter) an.

Abhängig davon, ob die Rückstände wieder verwertet werden, handelt es sich um Wertstoffe oder Abfälle. Falls der Entscheidungsträger darauf verzichtet, Rückstände wieder einzusetzen, stellen diese für ihn zu beseitigenden Abfall dar. Wertstoffe liegen dann vor, wenn Rückstände zumindest teilweise in Produktions-, Konsum- bzw. Transferprozessen erneut eingesetzt werden.

Nach der Gefährlichkeit und den damit einhergehenden abfallrechtlichen Vorschriften lassen sich Sonderabfälle und Hausmüll bzw. hausmüllähnliche Abfälle unterscheiden. Sonderabfälle sind ihrerseits danach zu differenzieren, ob sie überwachungsbedürftig (§ 2 Abs. 2 AbfG), nachweispflichtig (§ 11 Abs. 2 AbfG) oder wegen ihrer Art bzw. Menge nicht mit dem Hausmüll zu entsorgen (§ 3 Abs. 3 AbfG) sind.

Unter ökonomischen Aspekten gibt es einerseits Rückstände, für die infolge ihres Wertes eine Zahlungsbereitschaft durch Dritte besteht und andererseits Abfälle, die einen Wert von null oder kleiner aufweisen.

Bezieht man die Kosten für logistische Prozesse und Aufbereitungstätigkeiten in die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen mit ein, so hängt die Entscheidung für Verwertung oder Beseitigung auch davon ab, ob die Kosten der Verwertung abzüglich eines Verwertungserlöses höher oder niedriger als die Kosten der Beseitigung sind.

Welche Rolle spielen Lagerprozesse als Kernleistung der Entsorgungslogistik?

Die Lagerhaltungsmotive von Rückständen unterscheiden sich insofern von jenen für die Lagerung von Zwischen- und Endprodukten, als es nicht in erster Linie um den Ausgleich unterschiedlicher Produktionskapazitäten oder Schwankungen bzw. Unsicherheiten in der Nachfrage geht.

Lagerprozesse in der Entsorgungslogistik dienen insbesondere der Schaffung wirtschaftlicher Transporteinheiten beim Sammeln oder Umladen von Rückständen sowie der Bereitstellung von Rückständen für Verwertungsanlagen in solchen Mengen, dass bei kontinuierlicher Kapazitätsauslastung eine fortlaufende Aufbereitung bzw. Behandlung möglich ist.

Welche Rolle spielen Transportprozesse als Kernleistung der Entsorgungslogistik?

Die Anforderungen an die Transportaufgabe in der Entsorgungslogistik leiten sich aus der Art der Rückstände ab. Wertstoffe als sekundäre Einsatzstoffe sind ähnlich zu behandeln wie primäre Rohstoffe, beispielsweise in Bezug auf das Ziel, die Durchlaufzeiten zu minimieren.

Demgegenüber sind Abfallstoffe in der Regel als zeitunkritisch und geringwertig, also transportkostenempfindlich anzusehen. Die Transportzeit weist im Unterschied zu den anderen logistischen Subsystemen eine geringe Bedeutung auf. Andererseits können von den Stoffen umweltschädigende Wirkungen ausgehen, sodass besondere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich werden (z. B. Sicherheitsbehälter, Kennzeichnungspflicht für die Verkehrsträger und die beförderten Güter).

Welche Rolle spielen Umschlagprozesse als Kernleistung der Entsorgungslogistik?

Bei einem Wechsel des Transportmittels oder einer erforderlichen Zwischenlagerung des Transportgutes finden Umschlagprozesse statt. Aus Kostengründen und aus ökologischen Gründen sollte die Anzahl der entsorgungslogistischen Umschlagprozesse möglichst klein gehalten werden.

Jeder Umschlagprozess erhöht die Gefahr, dass Rückstände freigesetzt und unkontrolliert an die Umwelt abgegeben werden. Der Schnittstellencharakter des Umschlags lässt sich durch eine Einteilung nach Maßgabe des Umschlagortes verdeutlichen:

  • eine extern-extern-Schnittstelle betrifft zwei außerbetriebliche Prozesse (z. B. Übergang der SAmmel- und Nahtransporte mit Spezialfahrzeugen auf großvolumige Ferntransporte),
  • eine extern-intern-Schnittstelle dient als Bindeglied zwischen außer- und innerbetrieblichen Logistikprozessen (z. B. Reststoffe werden in einem anderen Unternehmen aufbereitet und wiedereingesetzt),
  • eine intern-intern-Schnittstelle betrifft den Übergang zwischen zwei innerbetrieblichen entsorgungslogistischen Prozessen.

Wie kann ein Konzept der Entsorgungslogistik entwickelt werden?

Zur erstmaligen Implementierung eines Systems der Entsorgungslogistik bietet es sich an, 12 Schritte zu durchlaufen. Durch die Integration neu hinzukommender Aufgaben in ein bestehendes Entsorgungssystem kann anhand dieser Vorgehensweise erfolgen, wobei bereits abgedeckte Stufen ausgelassen werden:

  1. Untersuchung, Erfassung und Dokumentation der Rückstände nach ihren entsorgungsbestimmenden chemisch-physikalischen Eigenschaften
  2. Ermittlung der Abfallstruktur der Rückstände, d. h. des räumlichen, zeitlichen, mengenmäßigen und qualitativen Anfalls an den Rückstandsquellen
  3. Schaffung von Anweisungen zur Rückstandsbehandlung in entsorgungslogistischen Prozessen
  4. Festlegung der Rückstandssenken (Orte der Ablagerung, Zwischenlagerung, Umwandlung, Verwertung) in Abstimmung mit den Entsorgungspartnern und unter Berücksichtigung abfallwirtschaftlicher Zielvorgaben
  5. Bestimmung der Rückstandsflüsse von den Quellen zu den Senken nach den Kriterien Stärke, Zeit und Häufigkeit
  6. Gestaltung einer Grundstruktur des entsorgungslogistischen Systems
  7. Gestaltung der elementaren, entsorgungslogistischen Leistungsprozesse
  8. Gestaltung der Verknüpfungen der elementaren entsorgungslogistischen Leistungsprozesse zu entsorgungslogistischen Ketten
  9. Ableitung des Bedarfs an entsorgungslogistischen Informationsleistungen
  10. Entscheidung über Eigenerstellung und Fremdvergabe entsorgungslogistischer Leistungen
  11. Integration der elementaren Prozesse zu einem entsorgungslogistischen System
  12. Integration des entsorgungslogistischen Systems in das betriebliche Ver- und Entsorgungssystem

Das Wichtigste zur Entsorgungslogistik in Kürze

Um einen reibungslosen Ablauf der Logistik zu gewährleisten ist nicht nur die Verteilung von Rohstoffen, sondern auch die Beseitigung von Produktionsrückständen von entscheidender Relevanz. Diese Aufgabe wird von der Entsorgungslogistik übernommen.

Sie umfasst sämtliche logistischen Maßnahmen, die zur Vorbereitung und Durchführung der Entsorgung notwendig sind, also alle planenden und ausführenden Tätigkeiten, die mit der Verwendung, Verwertung und Beseitigung in Zusammenhang stehen.

Aufgaben

  1. Welche Ziele hat die Entsorgungslogistik?
  2. Welche Aufgabenbereiche umfassen die Entsorgungslogistik?
  3. Nach welchen Kriterien lassen sich die Objekte der Entsorkungslogistik klassifizieren?
  1. Die Entsorgungslogistik hat ökonomische und ökologische Ziele. Ökonomische Ziele sind beispielsweise die Verminderung von Logistikkosten. Ökologische Ziele setzen sich zusammen aus der der natürlichen Ressourcenschonung und der Minimierung der Emissionen im Rahmen entsorgungslogistischer Prozesse.
  2. Lagerungsprozesse, Transportprozesse, Umschlagprozesse
  3. Die Objekte der Entsorgungslogistik lassen sich nach der Art des ökonomischen Basisprozesses, der Verwertbarkeit, der Gefährlichkeit und dem önonomischen Wert klassifizieren.

Literaturhinweise

  1. Bruns, Kerstin (2013): Analyse und Beurteilung von Entsorgungslogistiksystemen: Ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Aspekte, Deutscher Universitätsverlag, 2013.