Was ist eine Markteintrittsstrategie?

Unter einer Markteintrittsstrategie im Kontext des Auslandsmarkteintritts versteht man die Gesamtheit der Maßnahmen, mit denen ein Unternehmen anstrebt, bei Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung bestehende Markteintrittsbarrieren zu überwinden. Produkte und Dienstleistungen sollen möglichst schnell, erfolgreich und gewinnbringend am Markt etabliert werden.

Entweder handelt es sich dabei um eine erstmals auf einem bekannten Markt präsentierte komplett neue Idee oder ein schon existierendes Produkt soll auf einem weiteren Markt ausgerollt werden – beispielsweise im Ausland. Manchmal wird mit einer solchen Strategie auch der Wechsel von einem Markt zu einem anderen vollzogen – etwa, weil der ursprüngliche Markt keine Gewinn- oder Wachstumspotentiale mehr bringt oder sogar schrumpft.

Welche Markteintrittsstrategien gibt es?

Nachdem ein international tätiges Unternehmen die Basisstrategie festgelegt hat, muss es eine Entscheidung darüber treffen, mit welcher Markteintrittsform es die Auslandsmarktbearbeitung beginnen soll. Hier stehen dem Unternehmen verschiedene Möglichkeiten eines Auslandsmarktengagements offen, die sich nach folgenden Gesichtspunkten systematisieren lassen:

  • Gegenstand des Auslandsmarktengagements (Produkte, Warenzeichen, Lizenzen)
  • Höhe des Investitionsvolumens (Kapitaleinsatzes)
  • Grad der Beeinflussung der Entscheidungen
  • Höhe des Risikos (vgl. Quack 1995, S. 108)

Diese voneinander abhängigen Kriterien lassen sich noch durch zwei weitere ergänzen:

  • institutionelle Ansiedlung der Aktivitäten
  • Ausmaß der Kooperation mit anderen Unternehmen (vgl. Meffert/Bolz 1994, S. 119)

Misst man die verschiedenen Formen des Auslandsmarktengagements an den Kriterien Intensität der Managementleistung und Höhe des Kapitaleinsatzes, lässt sich bezüglich der Reichweite der Auslandsorientierung folgende Abstufungen des Marktengagements vornehmen:

  • Indirekter Export
  • Direkter Export
  • Lizenzvergabe
  • Joint Venture
  • Niederlassung
  • Tochtergesellschaft

Das Ausmaß des Kapitaleinsatzes bestimmt auch das Investitionsvolumen für das zu bearbeitende Marktsegment. Es ist bei Direktinvestitionen (z. B. Vertriebsgesellschaft oder Produktionsunternehmen) erheblich höher als beispielsweise bei Exportaktivitäten.

MarkteintrittsstrategienDie Kontrolle über die Auslandsaktivitäten hängt einerseits davon ab, wie auslandsmarktnah die Aktivitäten durchgeführt werden. Andererseits werden die Kontrollmöglichkeiten davon beeinflusst, wie erfolgsabhängig das Unternehmen von anderen Unternehmen ist. Diese Abhängigkeit und damit eine geringere Kontrollmöglichkeit ist besonders für Kooperationen typisch.

Wie erfolgt das Timing des Markteintritts?

In der Markteintrittsstrategie legt ein Unternehmen nicht nur die Form des Markteintritts fest, sondern auch den Zeitpunkt. Diese Planung und die Realisation der Markteintrittszeitpunkte nennt man Timing. Besonderen Einfluss auf das Timing üben die Entwicklungszeiten für Produkte aus. Insofern erfordert das Timing auch eine Vorabentscheidung zwischen Führer- oder Folgerstrategie.

Vor allem aber wird der Markteintrittszeitpunkt an der Wettbewerbsstrategie orientiert. Besonders wichtig ist die Festlegung der ländermäßigen Abfolge der Markteintritte bzw. der Neuprodukteinführungen. Hier lassen sich zwei strategische Ansätze unterscheiden:

  • Bei der Sprinkler– bzw. Diversifikationsstrategie werden in kurzer Zeit möglichst viele Auslandsmärkte erschlossen, von denen einige aber wieder aufgegeben werden. Denn aufgrund des begrenzten Budgets muss die Informationsbeschaffung eingeschränkt und die Marktbearbeitungsintensität auf einem niedrigen Niveau gehalten werden. Mögliche Fehlinvestitionen müssen von vornherein einkalkuliert und erfolglose Märkte auch rasch wieder aufgegeben werden. Diese Strategie ist nur bei einer weitgehend standardisierten Marktbearbeitung möglich.
  • Bei der Wasserfall– bzw. konzentrierten Marktbearbeitungsstrategie erfolgt die Erschließung ausländischer Märkte langsamer und erst nach gründlicher Informationssuche und -auswertung. Die Mittel für ein weitgehendes Engagement lassen sich besser planen und einsetzen. Da der Markt und die Kundenbedürfnisse intensiver erforscht werden können, ist eine kundenorientierte Strategie möglich. Dazu muss aber in aller Regel auch das vorhandene Inlands-Marketing-Konzept differenziert werden. Eine Gefahr dieser Strategie besteht allerdings in einer Vernachlässigung weiterer Märkte. Denn deren Erschließung kann erschwert werden, wenn sich dort zwischenzeitlich Konkurrenzunternehmen ansiedeln (vgl. Meffert/Bolz 1994, S. 130 f.).

Das Timing sollte also unbedingt unter Beachtung der langfristig optimalen Anzahl der Auslandsmärkte erfolgen.

Was sind situative Bestimmungsfaktoren der Markteintrittsstrategie?

Die Auswahl einer Markteintrittsstrategie hängt von verschiedenen situativen Rahmenbedingungen ab, die sich in unternehmensinterne und -externe Einflussgrößen unterteilen lassen.

Zu den externen Einflussgrößen zählen insbesondere

  • rechtliche Beschränkungen: Import- bzw. Exportbeschränkungen, Subventionen, Zölle und Steuern, Beteiligungsvorschriften, Verfügbarkeit von Kooperationspartnern;
  • Vorteilhaftigkeitsfaktoren: Marktpotenzial, Wettbewerbsintensität, Faktorkosten, Ländereigenarten.

Auch innerhalb des Unternehmens existieren einige interne Faktoren, die die Auswahlmöglichkeiten von Markteintrittsstrategien begrenzen. Das sind in der Regel Normensysteme und Aspekte der Internationalisierungsphilosophie des Unternehmens wie die Beschränkung auf Mehrheitsbeteiligungen und die Beschränkung auf ausschließlich stark kontrollierte Auslandsaktivitäten.

Es gibt aber auch Vorteilhaftigkeitsfaktoren innerhalb des Unternehmens, wie:

  • Kosteneffekte,
  • Zeitvorteile,
  • Kontrollierbarkeit,
  • Interpretationsfähigkeit,
  • Art der Produkte (vgl. Meffert/Bolz 1994, S. 132).

Schließlich sieht sich ein international tätiges Unternehmen auch einer Reihe von Markteintrittsbarrieren gegenübergestellt. Diese können institutioneller Art oder auch verhaltensbedingt sein (vgl. Meffert/Bolz 1994, S. 133).

Institutionelle Markteintrittsbarrieren

  • tarifäre Barrieren: Mengenzoll, Wertzoll;
  • nicht tarifäre Barrieren: Importquoten, MIndest-/Höchstpreise, Devisen-/Kapitalverkehrsbeschränkungen, Local-Content-Vorschriften, Normen und Standards, Selbstbeschränkungen.

Verhaltensbedingte Markteintrittsbarrieren

  • marktseitige Barrieren: faktisches Nachfrageverhalten, Sprache, Distributionssysteme, administrative Hemmnisse;
  • unternehmensseitige Barrieren: Informationsverfügbarkeit, psychische Barrieren des Managers.

Ein international tätiges Unternehmen muss seinen Einstieg in den Auslandsmarkt hinsichtlich des Ausmaßes der angestrebten Internationalisierung und des Zeitpunktes für den Markteintritt gründlich durchdenken und dabei vielfältige Barrieren und Erschwernisse berücksichtigen und einkalkulieren.

Das Wichtigste zur Markteintrittsstrategie in Kürze

Nach der Intensität der Managementleistung und des Kapitaleinsatzes, nach dem Risiko, nach den Beeinflussungsmöglichkeiten und nach der institutionellen Ansiedlung kann man folgende Arten der Auslandsmarktbearbeitung unterscheiden:

  • Indirekter Export
  • Direkter Export
  • Lizenzvergabe
  • Joint Venture
  • Auslandsniederlassung
  • Auslandstochtergesellschaft

Ein günstiger Einstieg für bisher nur national tätige Unternehmen ist z. B. der indirekte Export oder die Vergabe von Lizenzen. Die anderen Formen der Marktbearbeitung haben einen höheren Internationalisierungsgrad und entwickeln sich in der Regel erst im Rahmen eines Internationalisierungsprozesses.

Neben der zu wählenden Markteinstiegsart ist auch über ein günstiges Timing des Eintritts zu entscheiden. Diese Entscheidung hängt z. B. davon ab, ob ein Unternehmen technologischer Führer oder Folger ist. Zum Timing gehört auch die Festlegung der ländermäßigen Abfolge der Markteintritte:

  • Ein Unternehmen kann versuchen, mit einem Produkt möglichst gleichzeitig in möglichst viele Märkte einzutreten (Sprinklerstrategie).
  • Oder es entscheidet sich zwecks sorgsamerer Planung und Erfahrungssammlung dafür, nacheinander und langsamer in die verschiedenen Auslandsmärkte einzutreten (Wasserfallstrategie).

Wie ein Unternehmen in Auslandsmärkte einsteigt, ist abhängig von internen Bestimmungsfaktoren (z. B. Kosteneffekten, Art der Produkte) und externen Bestimmungsfaktoren (z. B. rechtlichen Beschränkungen, sonstigen externen Markteintrittsbarrieren).

Aufgaben

  1. Welche Vorzüge kann eine Wasserfallstrategie gegenüber einer Sprinklerstrategie haben?

Durch die Sprinklerstrategie kann ein Unternehmen versuchen, kurzfristig viele Märkte zu erschließen. Die Wahrscheinlichkeit, auf einzelnen Märkten Fehler zu machen, ist aber groß. Die Wasserfallstrategie hat dagegen den Vorteil, dass ein Unternehmen nach Art eines Wasserfalls verschiedene Auslandsmärkte nacheinander erschließt. Der größere zeitliche Rahmen erlaubt es, die Kundenbedürfnisse des jeweiligen Auslandsmarkts gründlicher zu erforschen und besser zu bedienen sowie Fehler bei der Markterschließung zu vermeiden aufgrund von Erfahrungen in schon erschlossenen Märkten. Außerdem kann ein Unternehmen seine begrenzten Ressourcen besser planen und gezielter einsetzen.

Literaturhinweise

  1. Meffert, Heribert/Bolz, Joachim (1994): Internationales Marketing-Management, Stuttgart/Berlin/Köln 1994.
  2. Quack, Helmut (1995): Internationales Marketing, München 1995.