Was ist eine Prozessorganisation?

Mit dem Begriff der Prozessorganisation wird eine prozessorientierte Organisationsgestaltung bezeichnet, in der es um die dauerhafte Strukturierung und die laufende Optimierung von Unternehmensprozessen im Hinblick auf Prozessziele geht. Im Falle einer Prozessorganisation erfolgt die Stellen- und Abteilungsbildung nach den spezifische Erfordernissen eines effizienten Ablaufs der betrieblichen Prozesse im Rahmen der Unternehmenspolitik.

ProzessorganisationUnter dem Begriff Prozessorientierung wird die Ausrichtung aller unternehmerischen Handlungen an den Anforderungen der organisatorischen Prozesse eines Unternehmens verstanden. Diese Ausrichtung ist dann denkbar, wenn ein Unternehmen nach Prozessen differenziert ist. Dabei werden sowohl die Aufgabe (Was ist zu tun?) und die sonstigen Ressourcen (Welche Hilfsmittel werden eingesetzt?) mit einbezogen.

Was sind die Ziele der Prozessorganisation?

Prozessorganisation soll den Unternehmenserfolg steigern beziehungsweise nachhaltig sicherstellen. Zur Verdeutlichung kann ein „magisches Viereck“ mit den Zieldimensionen Zeit, Kosten, Qualität und Innovationsfähigkeit zur Steigerung der Prozesseffizienz verwendet werden. Der Begriff des magischen Vierecks wird hier wegen des möglichen Auftretens von Zielkonflikten benutzt.

Zeit

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal für Unternehmen stellt der Zeitfaktor dar, insbesondere die Durchlaufzeit von Aufträgen. Der Faktor Zeit beeinflusst sowohl Kosten als auch Kundenzufriedenheit und Image eines Unternehmens. Bestandteile der Durchlaufzeiten sind grundsätzlich die Durchführungszeit, die Transportzeit und die Liege-/Rüstzeit. Die Prozessorganisation unterstützt die Verminderung von Durchlaufzeiten durch ihr Hauptaugenmerk auf die Reduktion von Liege-/Rüstzeiten.

Dabei geht es besonders um eine bessere Abstimmung der Teilprozesse und um Verminderung von Schnittstellen. Die Beseitigung von Schnittstellenproblemen nimmt eine wesentliche Rolle bei der Durchlaufzeitverminderung durch Prozessorganisation ein.

Qualität

Die Qualität beinhaltet die prinzipielle Übereinstimmung zwischen den tatsächlichen Eigenschaften eines Produktes oder einer Leistung mit den vom Kunden geforderten bzw. honorierten Kennzeichen. Die Prozessorganisation besitzt eine zentrale Rolle, weil sich Prozessmanagement in den entsprechenden, die Kundenanforderungen beachtenden Qualitätszertifizierungen (DIN ISO 9000 ff.) wiederfindet.

Qualität soll nicht nur am Ende der Wertschöpfungskette begutachtet werden, sondern muss schon im Prozess entstehen. Diese Auslegungsart zielt in erster Linie auf die Qualität der interagierenden Prozesse und deren Schnittstellen ab. Der reibungslose Ablauf von Prozessen (Prozesssicherheit) bildet dabei die Basis für ein qualitativ hochwertiges Produkt, welches gebrauchsfertig und ohne Fehler beim Kunden ankommen soll.

Damit verknüpft ist auch ein langfristiges Qualitätsmanagement, welches eine kontinuierliche Verbesserung (KVP) als Grundsatz definiert und alle Elemente der Wertschöpfungskette mit einbezieht (Total-Quality-Management, TQM). In dieser Konsequenz wird hauptsächlich jeder Mitarbeiter/(Teil-)Prozessverantwortliche auch qualitätsverantwortlich gemacht.

Innovationsfähigkeit

Unter Verbesserung der Innovationsfähigkeit fallen die Verbesserungen von Prozess-, Produkt- und Strukturinnovationen. Innovationen sollen durch eine Prozessausrichtung schneller, flexibler und effizienter in die Organisation getragen und dort umgesetzt werden. Vor allem die aktive Einbindung der Mitarbeiter spielt hier eine zentrale Rolle, da deren Kreativität und Problemlösungskompetenz unabdingbar für eine Verbesserung der Innovationsfähigkeit sind.

Kosten

Die Verringerung von Kosten durch Prozessorganisation stellt eines der wichtigsten Ziele dar, da durch Kostenreduzierung eine nachhaltige Absicherung von Wettbewerbsvorteilen möglich wird. Man unterscheidet an dieser Stelle vier unterschiedliche Kostenarten:

  • Ausführungs- und Transportkosten
  • Rüst- und Lagerkosten
  • Kosten für die Koordination der Abläufe (Informationskosten)
  • Fehlerkosten

Die Prozessorganisation zielt hier zum einen auf die Schaffung von Kostentransparenz und zum anderen auf die Reduzierung der Prozess- und indirekten Kosten. Kostentransparenz soll nicht nur Deckungsbeitragsrechnungen von Produkten oder Produktlinien, sondern auch Wettbewerbsvergleiche oder Optimierungsprogramme erlauben.

Zielinterdependenzen der Prozessorganisation

Normalerweise bestehen Zielkonflikte zwischen den erwähnten Zieldimensionen Qualität, Innovationsfähigkeit und Durchlaufzeit. Ein verbessertes Qualitätsmanagement ist beispielsweise mit höheren Prüfkosten oder eine Reduzierung der Durchlaufzeit mit erhöhten Mitteleinsätzen verbunden.

Bei einer eingeführten Prozessorganisation sind diese negativen Zielinterdependenz-Wirkungen aber von eher kurzfristiger Natur. Langfristig können komplementäre Ziele vorliegen. So sollte beispielsweise die Optimierung von Produktqualität die Fehlerkosten (Garantie- und Kulanzkosten, Service usw.) vermindern. Gleiches gilt für die nachhaltige Reduzierung von Durchlaufzeiten oder die Optimierung der Innovationsprozesse.

Das Wichtigste zur Prozessorganisation in Kürze

Die Prozessorientierung erfordert eine Neuorientierung für Unternehmen. Der Aufwand dieser Neuorientierung kann nur gerechtfertigt werden, wenn damit Vorteile verbunden sind. Der wichtigste Vorteil einer in Prozessen handelnden Unternehmung besteht in der Konzentration auf die wertschaffenden Aktivitäten, die vom Kunden honoriert werden.

Wegen der durchgängigen und klar definierten Verantwortung, die eine der Grundvoraussetzungen in der Prozessorganisation darstellt, sollen Fehler und ihre Konsequenzen wie Mehrfacharbeiten, Stehzeiten oder Nachbearbeitungen verhindert werden und damit Durchlaufzeiten vermindert werden.

In nach Prozessen organisierten Unternehmen gibt es klare Schnittstellendefinitionen. Damit werden die zahlreichen Abstimmungs- und Kommunikationsvorgänge, die weitere Fehlerquellen in der herkömmlichen, funktional gegliederten Organisation beinhalten, reduziert. Des Weiteren erlaubt die Prozessorganisation eine höhere Flexibilität im Hinblick auf sich immer rascher verändernder Unternehmensumgebungen sowie die Zusammenfassung dieser Prozesse in Organisationseinheiten, welche wesentlich einfacher zu administrieren und zu koordinieren sind als solche in funktional gegliederten Unternehmungen.

Neuere Analysen zeigen auch eine positive Wirkung von Prozessorientierung, Prozessperformancemanagement und kontinuierlicher Prozessverbesserung auf Unternehmen. So kann gezeigt werden, dass Unternehmen, die die Prozessorientierung verinnerlicht haben (diese also in der Realität leben), höhere Kundenzufriedenheit, schnellere und verlässliche Lieferperformance und höhere Profitabilität aufweisen.

Aufgaben

  1. Wozu dient die Prozessorganisation?
  2. Welche Zieldimensionen zur Steigerung der Prozesseffizienz werden in der Prozessorganisation unterschieden?
  1. Die Prozessorganisation soll den Unternehmenserfolg steigern bzw. nachhaltig verbessern.
  2. Zeit, Qualität, Innovationsfähigkeit, Kosten

Literaturhinweise

  1. Gaitanides, Michael (2012): Prozessorganisation – Entwicklung, Ansätze und Programme des Managements von Geschäftsprozessen, Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 3. Aufl., 2012