Welche Arten der Unternehmensentwicklung gibt es?

Die Unternehmensentwicklung in der Zukunft ergibt sich aus den normativen, strategischen und operativen Entscheidungen. Sie überlagert als dynamisches Element die drei Management-Ebenen. Wenn Unternehmenspolitik und Strategien wirklich Leitlinien für das alltägliche operative Handeln der Führungskräfte und Mitarbeiter werden, dann besteht eine gute Chance, dass sich das Unternehmen in der gewünschten Richtung entwickelt.

Jedes Unternehmen entwickelt sich individuell. Somit kann auch ein Unternehmen – wie die meisten Systeme – nicht in ein allgemein gültiges Entwicklungsschema eingestuft werden. Doch ähnlich wie beim Produktlebenszyklus kann ein idealtypischer Verlauf aufgezeigt werden, der sowohl für das theoretische Verständnis als auch für die betriebswirtschaftliche Praxis von Bedeutung ist. In der Literatur finden wir verschiedene Phasenmodelle der Unternehmensentwicklung. Mal werden vier Phasen, mal sechs typische Phasen unterschieden.

Knut Bleicher (Das Konzept Integriertes Management: Visionen, Missionen, Programme, 5. Aufl., Frankfurt a.M./New York 1999, S. 340-365) beispielsweise unterteilt die Unternehmensentwicklung in insgesamt sechs Phasen. Viele Unternehmen durchlaufen diese Phasen, je nach Alter und Entwicklungsdynamik, allerdings nicht unbedingt vollständig und nicht zwingend in dieser Reihenfolge. Die Übergänge von einer Phase in die nächste werden in der Regel durch Unternehmenskrisen ausgelöst.

Welche Phasen der inneren Unternehmensentwicklung gibt es?

In den drei Phasen der so genannten inneren Unternehmensentwicklung entwickelt sich ein typisches Unternehmen aus eigener Kraft; diese drei Phasen sind:

  • Unternehmensentwicklungdie Pionierphase (begrenzter Marktauftritt eines neuen Unternehmens oder eines neuen Geschäftszweigs mit einem neuen Produkt); Beispiel: Gore in den 80er Jahren, Entwickler des Goretex, eines atmenden Gewebes;
  • die Markterschließungsphase (Eroberung eines höheren Marktanteils, Eroberung neuer Märkte); Beispiel: Coca-Cola kauft sich in den indischen Markt ein;
  • die Diversifikationsphase (Unternehmenswachstum durch neue Produkte und/oder auf neuen Märkten); Beispiel: SMH (Swatch) zu Beginn der 90er Jahre mit dem Smart (mittlerweile komplett von Daimler übernommen).

Welche Phasen der äußeren Unternehmensentwicklung gibt es?

Kann sich die Unternehmung nicht mehr durch eigenes Handeln vergrößern, treten die Phasen der äußeren Unternehmensentwicklung in den Vordergrund. Die Unternehmung bemächtigt sich der Erfolgspotenziale anderer Unternehmungen,

  • indem sie fremde Unternehmungen größtenteils oder ganz übernimmt oder sich mit ihnen fusioniert (Akquisitionsphase); Beispiele: BBC und Asea schließen sich zusammen wie Daimler und Chrysler, Zürich Versicherungen beteiligt sich an Kemper Corporation, Vodafone übernimmt die Aktienmehrheit bei Mannesmann.
  • Oder das Unternehmen kooperiert mit anderen Unternehmen (Kooperationsphase); Beispiele: CS-Holding und Winterthur-Versicherungen (Allfinanz-Geschäft), Daimler-Chrysler und Mitsubishi.

Bei Kooperationen wird die Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmungen unverbindlicher gestaltet als bei Fusionen und Akquisitionen. Die einzelnen Unternehmen bleiben rechtlich selbstständig. Oft existieren nicht einmal schriftliche Kooperationsverträge. Dies ist typisch für die auf einer mündlichen Abmachung basierende Netzwerk-Arbeit von Kleinstunternehmen.

Spezifische Formen der Kooperationen sind ein Joint Venture (z. B. Nestlé und General Mills (USA) gründeten Cereal Partners Inc., um Kelloggs weltweit (außer in den USA) Marktanteile im Frühstücksmarkt abzunehmen) oder eine strategische Allianz.

Ansätze für Kooperationsmöglichkeiten lassen sich entlang der gesamten Wertkette finden:

  • in der Entwicklung (Austausch von Entwicklungsergebnissen, gemeinsame Vergabe von externen Forschingsaufträgen),
  • In der Produktion (gemeinsame Nutzung des Maschinenparks),
  • in der Logistik (gemeinsame Lagerhaltung und Transport),
  • im Informatikbereich (Online-Zugriffe auf Partner-Datenbanken),
  • im Marketing (gemeinsame Marktforschung und Point-of-Sales-Maßnahmen),
  • im Personalwesen (gemeinsame Aus- und Weiterbildung).

Nachdem die Unternehmung auch durch äußere Entwicklung an eine Grenze stößt, ist die Zeit angezeigt für die sechste Phase, die Restrukturierungsphase:

  • Bei der inneren Restrukturierung geht es vorrangig um das Verzichten von nicht mehr erfolgsträchtigen Geschäftsfeldern (Konzentration auf das Kerngeschäft; back to the core business) sowie um die Optimierung von Geschäftsprozessen im Kerngeschäft. Dies verlangt häufig eine völlige Umorientierung im Denken und Verhalten, denn bisher setzte das Unternehmen auf Expansion, und nun ist Schrumpfung bzw. Entschlackung angesagt. Optimierte Geschäftsprozesse führen letztlich zu geringeren Kosten und erhöhter Kundenorientierung. Beispiel: Oerlikon-Bührle verkauft artfremde Unternehmen.
  • Dafür können aber auch verwandte Geschäftsbereiche von anderen Unternehmen gekauft werden (äußere Restrukturierung); Beispiel: Mercedes-Benz konzentriert sich auf den Automobilbau, kooperiert z. B. mit Mitsubishi, trennt sich aber vom Schienenfahrzeug- und Flugzeugbau sowie von der Telekommunikation.

Gelingt die Restrukturierung, springt das Unternehmen also letztlich in eine der vorher geschilderten typischen Lebenslagen zurück. Wenn es aber für eine Restrukturierung zu spät und damit die Überlebensfähigkeit des Unternehmens nicht mehr gegeben ist, übernehmen auf Restrukturierungen spezialisierte Unternehmen eine Neuverteilung der brauchbaren Aktiva durch Übernahme und Weiterveräußerung. Lässt sich kein Abnehmer mehr finden, so ist die Liquidation der Unternehmung die unmittelbare Folge.

In jeder dieser sechs Phasen lässt sich eine bestimmte phasentypische Gestaltung bzw. Ausprägung von Strukturen, Aktivitäten und Verhalten beobachten:

  • Neu entstandene Unternehmen (in der Pionierphase) verfolgen z. B. fast zwangsläufig zunächst meist eine Nischenstrategie; differenzierte organisatorische Strukturen und Managementsysteme sind kaum vorhanden, und die Unternehmenskultur ist geprägt durch Engagement, Individualismus und Risikofreude. Risiken und Chancen sind in dieser Phase groß; mehr als die Hälfte der neu gegründeten Unternehmen überleben die ersten Jahre ihres Bestehens nicht.
  • Eine Unternehmung wird ihren Nischenmarkt strategisch auszuweiten suchen, wenn sie in die Markterschließungsphase eintritt. Der Bedarf nach Normen und Regeln vergrößert sich, deshalb werden organisatorische Strukturen definiert und verwirklicht (oft funktionale Organisationsformen) und Informationssysteme eingeführt. Hier ist eher eine Kultur der Macher gefragt, die bereits entwickelte Problemlösungen übernehmen und rigoros implementieren.
  • Wenn ein Unternehmen diversifiziert, kommen neue Geschäftsbereiche hinzu, für die bereits eigene Geschäftsstrategien zu entwickeln sind. Diversifizierung, aber auch Akquisen und Kooperationen machen häufig eine Neuorganisation hin zur divisionalen Gliederung (z. B. nach Produkten, Regionen oder Kundengruppen) oder zu Matrixstrukturen notwendig.

Aufgabe zur Unternehmensentwicklung

Das Start-Up Innovation UG befindet sich aktuell mit ihrem einzigartigen, neuen Produkt in der Pionierphase und möchte nun vermehrt Marktanteile erschließen.

Welches Krisenpotential birgt der Übergang von der Pionier- zur Markterschließungsphase?

Phasentypische Probleme des Managements beim Übergang von der Pionier- zur Markterschließungsphase sind beispielsweise:

  • die Abhängigkeit von der Gründerpersönlichkeit,
  • der patriarchalische Führungsstil,
  • die Überforderung der Führungskräfte,
  • eine ungenügende Organisationsstruktur,
  • beschränkte materielle, personelle und finanzielle Ressourcen.