Was bedeutet Kapitalexport?

Kapitalexport beinhaltet den Transfer von Kapital vom Inland in das Ausland in Form von Finanz- und Handelskrediten (kurzfristiger Kapitalverkehr) sowie Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen (langfristiger Kapitalverkehr) ohne Devisentransaktionen der Zentralbanken.

Direktinvestitionen sind in der Regel von privaten Unternehmen getätigte Investitionen in einem fremden (Gast-)Staat mit dem Ziel, dortige, das heißt ausländische Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen zu gründen, ausländische Unternehmen zu erwerben oder sich an ihnen zu beteiligen, ferner der Kauf von Gebäuden und Grundstücken im Gastland.

Kapitalexport DefinitionAls Abgrenzung zu Käufen von Wertpapieren, die in der Kapitalbilanz als Portfolioinvestitionen geführt werden, wird für Direktinvestitionen eine Mindestbeteiligung von 20 oder 25 Prozent am Nominalkapital oder der Stimmrechte angesehen. Das Ziel dieser Regelung ist die Gewährleistung eines maßgeblichen Einflusses auf die jeweilige Unternehmenspolitik.

Was sind günstige Standortfaktoren für den Kapitalexport?

Wenn sich ein Unternehmen für Kapitalexport entschieden und die relevanten Auslandsmärkte ausgewählt hat, stellt sich die Frage nach einem günstigen Standort im Partnerland. Diese Frage hat bei der Errichtung von Produktionsstätten verständlicherweise mehr Gewicht als bei der Schaffung von Repräsentanzbüros oder Vertriebsgesellschaften. Günstige Standortfaktoren sind:

  • eine ausreichende Anzahl qualifizierter Arbeitskräfte
  • eine vorhandene Zulieferindustrie
  • gute Verkehrsverbindungen
  • niedrige Grundstücks- Anschließungskosten
  • niedrige Energiekosten
  • niedrige Arbeitskosten
  • ein gutes soziales Klima
  • Investitionsförderung durch die öffentliche Hand
  • eine geringe Fluktuation der Arbeitskräfte
  • eine geringe Kriminalitätsquote
  • ein hoher Freizeitwert, speziell: hoher Wohnwert.

Welche innerbetrieblichen Voraussetzungen für den Kapitalexport gibt es?

Um einen erfolgreichen Einsatz der absatzpolitischen Instrumente im Ausland sicherzustellen, ist ein geordnetes Innenleben im Unternehmen unabdingbar. Die Schaffung der innerbetrieblichen Voraussetzungen ist besonders wichtig, weil in der Praxis in erster Linie unternehmensinterne Schwierigkeiten (und nicht externe) dazu führen, dass Auslandsgeschäfte wieder zum Erliegen kommen. Die Bereiche Auslandsmanager und Organisation sind davon besonders betroffen.

Welche Anforderungen werden an Auslandsmanager für den Kapitalexport gestellt?

Ein Unternehmen stellt besonders hohe Anforderungen an Manager, die längere Zeit im Ausland verbringen und dort ansässig werden. Deshalb sollte es deren Einsatz gut planen. Der wichtigste Grund für einen Einsatz von Managern im Ausland ist die Notwendigkeit, Führungs-Know-how zu transferieren, da im Zielland oft keine einheimischen Führungskräfte zur Verfügung stehen oder deren Qualität nicht anforderungsgerecht ist. Ein weiterer Vorteil des Einsatzes eigener Führungskräfte besteht in der Sicherstellung einer einheitlichen Unternehmensphilosophie, da die Manager aus dem Stammland im Interesse der Zentrale handeln werden.

Bei der Errichtung einer Vertriebsgesellschaft oder auch einer Produktionsstätte im Ausland ist es aber langfristig zweckmäßig, das Management national zu besetzen. Das muss nicht zur Entfremdung von Tochter- und Muttergesellschaft führen, wenn das System der Planung, Kommunikation und Kontrolle weitgehend formalisiert wird. Es ist von besonderer Bedeutung, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Stammhauspersonal und Landespersonal entstehen zu lassen. Eine mitarbeiterfreundliche Karriereplanung wird im Ausland eingesetzten Managern ein eventuelles Gefühl der Heimatlosigkeit nehmen. Meistens sind ohnehin nur solche Menschen dazu bereit, ins Ausland zu gehen, die einen Arbeitsplatzwechsel nicht als nachteilig, sondern als erfreuliche Herausforderung empfinden.

Die Anforderungen, die an einen solchen Auslandsmanager gestellt werden, sind:

  • Mobilität,
  • Reisebereitschaft,
  • Persönlichkeitseigenschaften,
  • eine entsprechende Ausbildung.

Zu den wichtigsten persönlichen Eigenschaften gehören:

  • Flexibilität,
  • Toleranz,
  • Kontaktfähigkeit,
  • psychische und physische Belastbarkeit,
  • Initiative,
  • Entscheidungsfreudigkeit und
  • Risikobereitschaft

Zum Auslandseinsatz ausgewählte Manager sollten eventuelle Vorurteile gegenüber dem Ausland abbauen und Respekt vor den Sitten, Gebräuchen, Einstellungen und Werten der anderen Kultur haben. Schließlich haben Menschen anderer Länder auch andere Einstellungen etwa zur Pünktlichkeit, zur Arbeit und Freizeitgestaltung. Sie haben andere Umgangsformen, als ein Auslandsmanager von zu Hause gewöhnt ist. Das betrifft speziell die Begrüßungs- und Höflichkeitsformen, die Bekleidung oder auch die Art und Weise der Einleitung von Geschäftsverhandlungen. Neben diesen persönlichen Eigenschaften werden auch hohe Anforderungen an die fachliche Kompetenz und an die Führungsfähigkeit gestellt, denn ansonsten würde kein Manager von seinen MItarbeitern akzeptiert werden. Die Bereitschaft eines Managers, ins Ausland zu gehen, ist vielfach auch von den privaten Umständen oder dem Karriereverlauf im Stammhaus abhängig.

Wovon hängt die Organisationsstruktur eines im Ausland tätigen Unternehmens für den Kapitalexport ab?

Die Organisationsstruktur eines im Ausland tätigen Unternehmens hängt in erster Linie vom Internationalisierungsgrad des Unternehmens ab. Folgende Gliederungskriterien für die Organisation sind typisch:

  • Die Gliederung nach Funktionen ist typisch für kleinere Unternehmen mit wenigen Produkten und relativ kleinem Kundenkreis.
  • Die Gliederung nach Regionen ist sinnvoll, wenn die Kenntnis der Auslandsmärkte einen höheren Stellenwert als die Kenntnis von Produkten, Kunden und Funktionen hat.
  • Die Gliederung nach Produkten ist geeignet, wenn heterogene Produktionsprogramme mit unterschiedlichen Produktionsverfahren existieren.
  • Die Gliederung nach Kunden ist typisch für Unternehmen, die sich das Marketing zum obersten Grundsatz gemacht haben.

Letztlich muss über die Zentralisation oder die Dezentralisation der Organisation entschieden werden. Tendenziell günstig ist eine weitgehend dezentrale Organisation, bei der die Zentrale im Heimatland die strategischen Entscheidungen und die Auslandsgesellschaften die taktischen Entscheidungen treffen. Durch eine weitgehende Dezentralisation kann auch eine größere Kundennähe zu den ausländischen Kunden hinsichtlich Beratung, Service, Werbung usw. erreicht werden.

Welche marketingpolitische Grundsatzentscheidung zwischen der Standardisierung und der Adaption des gesamten Marketing-Instrumentariums ist zu treffen?

Da Kapitalexporte ein großer und auch risikobehafteter Schritt sind, müssen Standardisierungsentscheidungen auch bezüglich des Marketing-Programms getroffen werden. Dabei heißt die Entscheidung nicht: weltweit standardisierter oder vollständig adaptierter Marketing-Mix. Stattdessen sind differenziertere Lösungen gefragt nach dem Motto: soviel Standardisierung wie möglich, soviel Anpassung wie nötig.

Ein Unternehmen sollte nicht prinzipiell davon ausgehen, dass ein Produkt ohne Veränderungen in anderen Ländern eingeführt werden kann. Vielmehr sollte es prüfen, bei welchen Anpassungen die zusätzlichen Einnahmen höher sind als die Kosten der Anpassung. Beispiele für Anpassungselemente sind:

  • Ausstattungselemente,
  • Farben,
  • Verpackung,
  • Etikettierung,
  • Markenname,
  • Werbethemen,
  • Werbemedien,
  • Werbegestaltung,
  • Preise,
  • Absatzförderung.

Die Standardisierung des Marketing-Mixes kann auf alle vier Instrumente bezogen werden (Produkt, Preis, Kommunikation, Distribution).

Welche Produktanpassung oder -standardisierung ist bei Kapitalexporten notwendig?

Stellt ein Unternehmen Überlegungen zur Standardisierung oder Anpassung oder gegebenenfalls zur Entwicklung eines neuen Produkts an, kann es in Verbindung mit möglichen Kommunikationsstrategien zwischen fünf Produkt- und Absatzförderungsstrategien wählen:

  • gleiches Produkt/gleiche Kommunikation: direkte Übertragung
  • angepasstes Produkt/gleiche Kommunikation: Produktanpassung
  • gleiches Produkt/angepasste Kommunikation: Kommunikationsanpassung
  • angepasstes Produkt/angepasste Kommunikation: zweifache Anpassung
  • Entwicklung eines neuen Produkts/Kommunikation: Produkterfindung

Welche Kommunikationsanpassung ist bei Kapitalexporten erforderlich?

Unternehmen können entweder die gleiche Kommunikation im Ausland wie im Inland betreiben oder sie dem Auslandsmarkt anpassen. Eine auf den Auslandsmarkt abgestimmte Strategie kann in mehreren Stufen eingeführt werden. Dabei spielt die Anpassung der Werbebotschaft eine besondere Rolle. Deren Anpassung kann in folgenden drei Stufen geschehen:

  • Beibehaltung der Werbebotschaft, aber sprachliche Anpassung;
  • Beibehaltung des Werbethemas, aber Anpassung an Wertnormen des Landes;
  • vollständige Anpassung einschließlich der Veränderung der Werbebotschaft.

Wie hat die Vertriebsanpassung bei Kapitalexporten zu erfolgen?

Die Wahl der Vertriebswege wird in den einzelnen Zielländern immer unterschiedlich ausfallen müssen. Unverzichtbare Bindeglieder in der Kette zwischen Anbieter und Endabnehmer sind allerdings:

  • die Führungszentrale für das internationale Marketing,
  • ein Vertriebssystem zwischen den Ländern und
  • ein Vertriebssystem innerhalb des Ziellandes.

Das Wichtigste zum Kapitalexport in Kürze

Kapitalexporte sind Marktbearbeitungsformen mit einem sehr hohen Internationalisierungsgrad. Daraus ergeben sich für ein Unternehmen die folgenden Aufgabenfelder:

  • die Wahl eines geeigneten Standorts im Ausland mit günstigen Standortfaktoren,
  • die Schaffung der innerbetrieblichen Voraussetzungen für die Leistungserstellung (sorgfältige Auswahl und Vorbereitung der Auslandsmanager, Organisation der ausländischen Unternehmenseinheit und deren organisatorische Einbindung in das Gesamtunternehmen),
  • die marketingpolitische Grundsatzentscheidung zwischen der Standardisierung und der Adaption (länderspezifischen Anpassung) des gesamten Marketing-Instrumentariums.

Aufgaben zum Kapitalexport

Aufgabe 1: 

Welche besonderen innerbetrieblichen Voraussetzungen muss ein Unternehmen schaffen, wenn es Kapitalexporte tätigen will?

Ein Unternehmen, das Kapitalexporte durchführen will, muss über sehr vielschichtige Problembereiche entscheiden, die sich jeweils aus den Besonderheiten des Ziellandes ergeben:

  • Besonders hohe Anforderungen stellen Kapitalexporte an die verantwortlichen Manager im Ausland; sie müssen hohe Fachkompetenz aufweisen und gründlich auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet werden.
  • Darüber hinaus muss das Unternehmen über Zentralisation oder Dezentralisation entscheiden: welche Entscheidungen trifft die Zentrale und welche die ausländische Unternehmenseinheit?
  • Die ausländische Unternehmenseinheit muss außerdem als solche organisiert und in die Gesamtorganisation des Unternehmens eingebunden werden.