Welche Verfahren der Kapitalherabsetzung unterscheidet das Aktiengesetz?
Das Aktiengesetz unterscheidet drei Verfahren der Kapitalherabsetzung, denen gemeinsam ist, dass sie regelmäßig einen entsprechenden satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung voraussetzen und erst mit dessen Eintragung in das Handelsregister wirksam werden (vgl. §§ 224, 229 III, 238 AktG).
Ordentliche Kapitalherabsetzung
Die ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222 – 228 AktG) erfolgt bei einer AG mit Nennbetragsaktien durch Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien oder durch deren Zusammenlegung, soweit der gesetzlich vorgegebene Mindestnennbetrag nach § 8 II 1 AktG nicht eingehalten werden kann (§ 222 IV 1 AktG).
Während bei einer Verringerung des Nennbetrags dem Aktionär sein Aktienbesitz in vollem Umfang verbleibt, erhält er im Falle der Zusammenlegung nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl Aktien zurück, wobei es dann auch vorkommen kann, dass Kleinaktionäre nicht genug Aktien besitzen, um einen solchen Umtausch vorzunehmen. Die Zusammenlegung ist daher wegen der Gefahr des Ausschlusses von Kleinaktionären nur ausnahmsweise zulässig.
Bei nennwertlosen Aktien besteht der geschilderte Anpassungsbedarf, solange der anteilige Mindestbetrag nach § 8 III 3 AktG wird (sonst wiederum Zusammenlegung, § 222 IV 1 AktG), dagegen nicht, weil die von der Stückaktie verkörperte Beteiligungsquote durch die Herabsetzung des Grundkapitals nicht verändert wird, sondern sich lediglich, ohne dass es dafür zusätzlicher Maßnahmen bedarf, der auf die Aktie rechnerisch entfallende Teilbetrag des Grundkapitals verringert.
Trotz der Gefahren für die Gläubiger durch die Kapitalherabsetzung bedarf sie nach der Rechtsprechung keiner sachlichen Rechtfertigung. § 225 I 1 AktG bestimmt allerdings zum Schutz der Gläubiger, dass diese für vor der Bekanntmachung der Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses begründete Forderungen je nach den Umständen Befriedigung oder Sicherheitsleistung verlangen können, sofern sie sich binnen einer Frist von sechs Monaten seit Bekanntmachung melden.
Vereinfachte Kapitalherabsetzung
Während die ordentliche Kapitalherabsetzung effektiv oder nominell durchgeführt werden kann, ermöglicht die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 – 236 AktG) nur eine ziffernmäßige Kapitalherabsetzung (vgl. 230 S. 1 AktG). Sie ist nach § 229 I 1 AktG zulässig, um Wertminderungen auszugleichen, sonstige Verluste zu decken oder Beträge in die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage bis auf 10 v. H. des herabgesetzten Grundkapitals aufgelöst werden. Gewinnrücklagen sind vorweg aufzulösen (§ 229 II 1 AktG).
Die vereinfachte Kapitalherabsetzung darf nicht durchgeführt werden, solange ein Gewinnvortrag vorhanden ist ( 229 II 2 AktG). Sie dient daher ausschließlich Sanierungszwecken. Da die Gläubiger von dieser Form der Kapitalherabsetzung nur insoweit betroffen sind, als die AG rascher wieder Gewinne verteilen darf, beschränkt sich ihr Schutz auf die in § 233 AktG geregelte Ausschüttungssperre.
Kapitalherabsetzung durch Aktieneinziehung
Die Kapitalherabsetzung durch Aktieneinziehung (sog. Amortisation, §§ 237 – 239 AktG) kann nach § 237 I 1 AktG entweder freiwillig oder zwangsweise erfolgen. Bei der freiwilligen Amortisation erwirbt die AG eigene Aktien (zur Zulässigkeit vgl. § 71 I Nr. 6 AktG) und zieht diese danach ein. Eine Verletzung von Aktionärsrechten scheidet aus, da die Aktien freiwillig zur Verfügung gestellt werden.
Dagegen ist die zwangsweise Amortisation gemäß § 237 I 2 AktG nur zulässig, wenn sie in der ursprünglichen Satzung oder durch eine Satzungsänderung vor Übernahme oder Zeichnung der Aktien angeordnet oder gestattet war. Auch die Kapitalherabsetzung durch Aktieneinziehung ist wegen der Verringerung des Grundkapitals und der damit einhergehenden Gewinnausschüttungsmöglichkeiten mit Gefahren verbunden.